27. Nicht der richtige Zeitpunkt

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Ich nahm das Telefonat entgegen und hauchte ein »Hi« ins Telefon. Natürlich war ich nicht böse und wollte es auch nicht werden.

Ein ebenso sanftes »Hi« kam von Harry zurück.

»Schön deine Stimme wieder zu hören«, sagte er.

Natürlich freute ich mich unendlich, seine Stimme zu hören, aber wir hatten hier etwas zu klären. »Harry was wollen die von dir«, fing ich nun ohne Umwege an, »wenn sie doch kapiert haben, dass wir zusammen gehören?«

Harry stieß einen ganzen Schwall voller Luft hörbar aus. Ich wusste nicht wann er überhaupt so viel eingeatmet hatte. »Angelina, das ist nicht so einfach.«

»Harry??? Fang jetzt nicht an um den heißen Brei zu reden. Wollen sie unseren Kontakt trotzdem verhindern? Ein Boybander in festen Händen ist nicht gut fürs Geschäft, ist es das, was du mir nicht sagen willst?«

»Angel, nein..! Ich will nicht, dass du dir Sorgen machst. Aber ich würde das gerne mit dir besprechen, wenn ich bei dir bin«, versuchte er mich hin zu halten, oder mich zu beruhigen; eins von beiden; beides vergebens.

»Ich mache mir aber Sorgen wenn du so redest, also jetzt raus mit der Sprache«, forderte ich mit fester Stimme. Wenn er dachte, dass er jetzt so einfach drum herum kam, mit mir darüber zu sprechen, was ihn beschäftigte, dann kannte er mich aber schlecht.

»Ob es nicht gut fürs Geschäft ist, diese Diskussion gab es schon mehrfach«, erzählte er mir nun. »Aber das ist es nicht. Das Thema ist durch. Wir lassen uns da nicht rein reden. Vertraglich ist das nicht geregelt und wir wollten eigentlich immer ehrlich zu unseren Fans sein. Außerdem haben ja fast alle von uns feste Freundinnen. Sogar offiziell. Wir haben dir doch von Soph, El und Perrie erzählt. Zayn will sogar heiraten, das weißt du doch.«

»Das heißt, du willst uns outen?«, nahm ich jetzt zwangsweise an.

»Nein Angelina. Nicht, wenn du nicht bereit dazu bist. Das hab ich dir doch gesagt. Ich wollte dir damit nur sagen, dass es für unser Management wirklich ok ist, wenn wir zusammen sind.«

»Aber...? Was ist es dann? Harry jetzt rede mit mir!«

»Aber Paul...« Er stoppte mitten im Satz. »Angelina, lass uns bitte ein andermal darüber reden.«

»Nein, jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen! Ich mag keine Geheimnisse in Beziehungen.« Meine Worte klangen nun doch etwas böser als ich es beabsichtigt hatte.

»Das ist kein Geheimnis. Es ist nur nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu sprechen.«

Als ob es das jetzt besser machte.

»Harry, bitte! Wenn es da etwas gibt, was ich wissen sollte, dann sag es mir«, bettelte ich. Aber was auch immer er mir zu sagen hatte, es machte mir etwas Angst. Doch wenn es so schlimm war wie er meinte, dann würde es wohl nie einen richtigen Zeitpunkt dafür geben. Also konnte er auch gleich mit der Sprache raus rücken, bevor es womöglich noch schlimmer wurde.

»Okay, aber...«, schwer Atmend holte er nochmal Anlauf, »Aber Paul macht sich Sorgen um deine Sicherheit.« Wir schwiegen kurz. »Angelina, wir sind wirklich alles andere als eine kleine Schulband, wie du selbst schon ein wenig bemerkt hast. Und du wirst noch erleben, was ich wirklich damit meine.«

»Harry, das weiß ich doch inzw- «

»Nein Angelina, jetzt lass mich ausreden«, unterbrach er mich fest entschlossen. »Als Freundin von Harry Styles wirst du viele Neider haben. Und unsere Fans können teilweise ganz schön grausam und besitzergreifend sein. Paul findet es daher gut, wenn wir unsere Beziehung erst mal nicht an die große Glocke hängen, und ich eigentlich auch, genau wie du. Wir kennen uns kaum und sollten uns wirklich erst besser kennen lernen, bevor wir irgendwann an die Öffentlichkeit gehen. Aber so vorsichtig wir auch dabei sind. Durch ein Foto... Durch eine Schlagzeile... Es kann sich schlagartig alles für uns - hauptsächlich für dich - ändern, und die Medien und die Fans werden sich auf dich stürzen. Und das sicherlich nicht nur mit lieb gemeinten Kommentaren und herzlich willkommen heißenden Armen. Du bist kein Promi, daher erst mal weniger interessant für die Medien. Aber je häufiger wir beide in Verbindung gebracht werden, desto gefährlicher kann es für dich werden. Wir werden alles versuchen um schlimmes zu verhindern, aber Paul wird sich um deine Sicherheit in Deutschland kümmern müssen. Nur für den Fall der Fälle. Es klingt jetzt vielleicht grausamer als es ist. Aber irgendwann wirst du vielleicht jemanden benötigen, der hin und wieder auf dich aufpasst. Und das sollte vorab geregelt werden. Also geht es eigentlich nur um Formale Angelegenheiten«, versuchte er mich mit dem letzten Satz wohl zu beruhigen.

Ich schluckte. ‚Meine Sicherheit?‛ Wie bekannt war Harry?

Mir war klar, dass Stars ihre Bodyguards hatten. Hatte Harry auch einen? Im Hotel hatte ich keinen gesehen. Hatte er denn rund um die Uhr jemanden um sich, wenn er vor die Türe ging? Ich war mit ihm nie draußen. Ich hatte also keine Ahnung. Und ich wäre mir doof dabei vor gekommen, ihn jetzt danach zu fragen. Deshalb ließ ich es bleiben. Aber dass er es in Erwägung zog, dass ich vielleicht irgendwann mal jemanden brauchen würde, das sagte schon alles, und es schockierte mich etwas.

»Was ist mit den Freundinnen der anderen?«, fragte ich vorsichtig.

»Natürlich wird das Risiko, dass etwas passiert, versucht so klein wie möglich zu halten. Auch bei den anderen. Aber ich werde dir nicht lange verheimlichen könne, dass die Fans bei mir, Beziehungsweise bei dir, eventuell etwas krasser reagieren könnten als bei den Freundinnen der anderen Jungs.«

‚Warum?‛ Ich sprach meine Frage nicht laut aus. Ich atmete nur hörbar ein und vergaß beinahe wieder aus zu atmen. ‚Warum? Wer bist du Harry?‛

»Dir wird nichts passieren Angel, deswegen hab ich nachher das Gespräch. Auch mit dir werden sie so schnell wie möglich reden wollen. Zumindest Paul, damit du weißt wie du dich zur Not verhalten musst und worauf du achten solltest. Aber auch Simon ist neugierig auf dich geworden, nachdem ihm inzwischen schon jeder der Jungs von dir vorgeschwärmt hat«, versuchte Harry das Gespräch mit einem leisen Lächeln aufzulockern.

»So, haben sie das?«, lächelte ich verlegen zurück. In meinem Hinterkopf hallten Harrys Worte über meine Sicherheit wider. Ich fühlte mich wie in einen Krimi versetzt und wollte schnell an etwas anderes denken. ‚Ich werde schon keinen Morddrohungen bekommen, also alles halb so wild‛, beendete ich das Thema für mich.

»Ja sie mögen dich scheinbar alle. Und sie sehen wie glücklich du mich machst. Ich soll dir übrigens 'nen Gruß von Liam ausrichten. Der sitzt gerade in meiner Küche. Außer Zayn haben alle hier gepennt.«

»Danke, grüß ihn zurück, und grüße auch an den Rest.« Die Jungs waren wirklich ok. Ich mochte sie irgendwie. »Und wo bist du gerade?«, wollte ich wissen. »Und was ist mit Niall und Louis?«

»Ahm... ja mach ich. Ich bin im Wohnzimmer und die beiden sind gerade unterwegs, um mir ein neues Handy zu kaufen.«

»Hey, dann hast du ja bald wieder ein eigenes«, freute ich mich für ihn.

Harry lachte. »Bald? Mal schauen. Die sind zu zweit unterwegs, das kann dauern. Die haben nur Blödsinn im Kopf und, naja, die Fans, das kostet auch Zeit.«

Wir hatten noch ein paar Minuten miteinander gequatscht und uns dann schweren Herzens voneinander verabschiedet. Aber nur bis heute Abend, da wollten wir wieder telefonieren. Ich machte mich im Bad fertig, und ging dann erst mal einkaufen. Durch die Woche in Berlin, herrschte in meine Kühlschrank gähnende Leere, die dringend beseitigt werden musste.

Eigentlich wollte ich danach meine Eltern besuchen, aber die hatten sich kurzerhand dazu entschlossen übers Wochenende weg zu fahren, wie ich inzwischen erfahren hatte. Also holte ich tatsächlich meine Studium-Unterlagen raus und wollte lernen. Meine Gedanken waren allerdings bei Harry, und bei dem, was er mir gesagt hatte. Von wegen Sicherheit und so.

Es beunruhigte mich immer noch. Aber mehr, weil der Gedanke so fremd für mich war. Stars, Sicherheitsdienste... Ich hatte nie etwas damit zu tun. Das war absolut fern von meiner Welt, und fern davon, was mich bisher interessierte. Harry war plötzlich so fremd für mich und das beunruhigte mich noch mehr. Ernsthaft überlegte ich jetzt, ob ich nicht doch im Internet schauen sollte, wer Harry Styles wirklich war. Und warum er so ein riesiges Geheimnis darum machte, was dort über ihn geschrieben wurde.

Ohne nachzudenken nahm ich mein Smartphone in die Hand und schoss ein Bild von mir. Ich fand selbst, dass ich ziemlich verzweifelt und mitleiderregend darauf aussah.

Nachdem ich meinen Messenger geöffnet hatte, ging ich auf den Chat mit Harry, beziehungsweise auf den mit Niall, fügte das Bild ein, und kommentierte es.

Angelina: [Versuche zu lernen. Kann mich nicht konzentrieren. WER bist du Harry?]

Es kam keine Antwort zurück, obwohl er sofort online war. Er hatte meine Nachricht also gelesen, aber er schrieb nicht zurück.

Wer war Harry Styles? Und was machte er gerade, dass er mir nicht antworten konnte? Ich starrte die ganze Zeit auf den falschen Namen und den letzten Online-Status von Niall. Das Bild von Harry verschwamm dabei vor meinem inneren Auge noch mehr.

The Story Of Our Life - Fata Viam Invenient | Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt