Kapitel 35

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"Hast du mich betrogen?"

Demir lies seine Hände sinken und ging zwei Schritte zurück.

"Also doch! Deswegen hast du mich damals verlassen, oder? Genau, als ich dich am meisten gebraucht habe. Als mein Vater gestorben ist. Es ging doch nie um diese Dilara." Ich schrie mittlerweile schon, weil ich einfach auf 180 war.
"Wir sollten gehen, die anderen beiden würden sich schon fragen, wo wir bleiben."

Ich schüttelte den Kopf und sagte zu Demir: "Ein Glück das ich rein gar nichts mehr für dich empfinde. Ich hasse dich Demir Yavuz! Abgrundtief." Mit diesen Worten verlies ich den Raum und ging zurück zu Kenan und der Schnepfe. Das Essen war schon da und ich nahm einfach Platz und stocherte drin rum.
"Schatz, alles in Ordnung? Wir können auch nach Hause fahren."
"Wirklich?"
"Ich tue alles für dich."
"Aber das ist sozusagen ein Geschäftsessen für dich. Du könntest diesen Auftrag verlieren."

Nun setzte sich Demir hin und sah einfach zum Boden. Schnell sah ich wieder zu meinen Verlobten, der mich bloß anlächelte. "Melegim, für dich würde ich alles aufgeben. Hauptsache ich habe dich." Diesmal war ich es, die ihn anlächelte.

"Bevor ihr geht, wie habt ihr euch kennen gelernt?", fragte Dilara.
"Nun ja, ich hatte eine Schlägerei und kam dann irgendwie ins Krankenhaus. Da Zahra Krankenschwester ist, hat sie meine Wunden verarztet und so hat es sich dann ergeben. Nun, wenn ihr mich entschuldigt. Meiner Verlobten geht es nicht besonders gut, es tut mir leid, dass ihr die lange Fahrt auf euch genommen habt."
"Macht nichts. Kommt einfach das nächste Mal zu uns."

Kenan nahm meine Hand und zusammen gingen wir hinaus. Wir stiegen in seinem Auto ein und ich atmetete tief ein. Als Kenan ebenfalls im Auto saß fuhr er los. Nach einer Weile sagte er plötzlich meinen Namen.
"Was ist?"
"Ach vergiss es. Gehts dir besser?"
"Ja, weil du immer für mich da bist."

Ich meinte es todernst, wenn ich Kenan damals nicht kennengerlernt hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Denn wir haben uns nicht im Krankenhaus kennen gelernt, denn um diese Zeit hatte ich nicht einmal mit meiner Ausbildung begonnen.

**Rückblick**

Seit einem Monat war ich schon in einer anderen Stadt, seit einem Monat habe ich meinen Bruder in Stich gelassen, seit einem Monat hat mich Demir für eine andere verlassen. Vor einem Monat hat mich mein Vater verlassen. Ich habe versucht damit klar zu kommen, aber es ging einfach nicht. Ich konnte es einfach nicht.

Nun stand ich vor dieser gewaltig hohen Brücke und wollte mir dieses jämmerliche Leben ersparen. Ich weinte nur, weil ich Emir alleine lies. Bitte lass ihn die Richtige finden, lass ihn eine Familie gründen. Er verdient es am aller meisten. Ich ging einen Schritt nach vorne und schloss die Augen.
'Papa, ich bin gleich da', dachte ich bloß und wollte endlich springen. Bis mich eine Stimme unterbrach.

"Hey du da!", sie klang ängstlich und panisch zugleich.
Ich drehte mich nicht einmal um oder öffnete meine Augen.
"Geh weg!"
"Tu das nicht. Ich weiß, dass du denkst das es keine andere Lösung gibt, aber glaub mir, es gibt immer eine Lösung."
"Du hast keine Ahnung."
"Dann erzähl es mir."

Seine Stimme klang so vertrauenswürdig. Ich dachte mir, dass ich sowieso gleich ins Gras beißen würde, also fing ich an zu erzählen, wobei ich gleichzeitig auch heulte.
"Mein Vater ist seit über einem Jahr krank. Meine Mutter hatte ich schon viel länger verloren, deshalb hat mein Vater geheiratet, damit sie sich um mich kümmert. Sie hat ihr wahres Gesicht gezeigt, als mein Vater ins Krankenhaus ging. Sie zahlte keine Therapien oder sonstige Behandlungen, weshalb ich anfing zu arbeiten. In der Schule wurde ich von allen Seiten gehasst, weil meine Stiefschwester das Gerücht in die Welt gesetzt hat, dass ich etwas mit einem Lehrer hatte. Mit einem Lehrer! Wir hatten einen Streit, sie hat dann diesen Metallstock genommen, es ins Kaminfeuer gehalten und danach auf meinen Rücken. Deshalb habe ich diese Narbe."
Ich hielt meine Haare nach oben und zog mein T-Shirt ein wenig runter.
"Meinen Vater ging es schlechter und wir zogen um. Danach kann ich mich an nichts mehr erinnern, weil ich entführt worden bin und mein Gedächtnis verloren hatte. Der Grund für meine Entführung war, dass mein Vater meine Mutter betrogen hatte und ein uneheliches Kind gezeugt hatte. Die Mutter von diesem Kind wollte mich umbringen, damit es ihr Mann nie erfährt. Ich war froh, dass ich einen Bruder hatte, aber ich verliebte mich in seinen besten Freund. Wir waren glücklich.
Später starb jedoch mein Vater und am gleichen Tag verließ mich mein Freund für seine Ex! Ich bin geflüchtet, um alles hinter mir zulassen. Ich kann es aber nicht."

Ich hatte das noch nie jemanden erzählt, von dem Gerücht, von meiner Narbe von alldem.

"Meine Mutter starb bei meiner Geburt!", fing der Junge hinter mir zu reden an.
"Seit ich denken kann wurde ich dafür verantwortlich gemacht. Mein Vater schlug mich jeden Tag. Als ich fünf war, schlug er mich mit einer zerbrochenen Bierflasche auf dem Kopf. Ich wäre fast verblutet, weil er nachdem ich so da lag, einfach gegangen ist. Die Nachbarin hatte meinen Schrei gehört und ist sofort ins Haus gestürmt. Ich lag für eine ganze Weile im Krankenhaus. Nachdem ich entlassen worden bin, landete ich im Jugendamt. Dort wurde ich ständig herumgeschubst. Ich war da erst sechs und trotzdem behandelte man mich, wie einen Mensch ohne Gefühle. Einmal wurde ich sogar adoptiert, aber auch dort ging es mir nicht besser. Ich bin mit zwölf geflüchtet und bin auf der Straße gelandet. Ich habe um Geld gebettelt, habe Menschen bestohlen und habe mit dreizehn schließlich angefangen Drogen zu verticken. Damit ich mir etwas dazu verdienen konnte.
Als ich endlich volljährig war, hörte ich damit auf. Ich wusste, dass es keinen Sinn mehr macht so weiter zu leben. Ich musste die Dinge selbst in die Hand nehmen. Deshalb beschloss ich mir eine Arbeit zu suchen. Der Chef einer Firma hatte mich gesehen und stellte mich ein. Mit der Zeit wurde er wie mein Vater, jedoch wurde er auch krank. Er starb schließlich und hinterließ ein Testament. Er hatte keine Kinder, weshalb ich bei ihm gewohnt hatte. Er vermachtete mir seine Firmen und seitdem weiß ich, dass ich alles selbst in die Hand nehmen muss, egal wie viele Schicksalsschläg du erlebst. Dein Vater würde nicht wollen, dass es so endet. Und dein Freund, er verdient dich nicht."

Ich weinte noch mehr als vorhin, weil er so viel erlebt hatte. Als Kleinkind wurde er geschlagen. Wie kann man nur so grausam sein. Ich drehte mich um und erblickte zum ersten Mal die Augen eines Mannes, in denen ich mich verlor.

"Ich bin Kenan."
"Zahra."

**Rückblick Ende**

Ich bekam gar nicht mit, dass Kenan schon vor meiner Wohnung geparkt hatte, aber er schien beschäftigt zu sein.
"Kenan?"
"Er ist es, hab ich Recht? Du warst damals mit Demir zusammen."
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Leute, ist euch auch so warm?
Ich weiß leider nicht wann das nächste Kapitel kommt, wahrscheinlich erst in einer Woche. Vielleicht auch früher, sollte ich es schaffen.
Ich habe einfach keine Freizeit mehr, noch dazu ist es richtig warm. Bitte, habt Verständnis ❤️

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