Kapitel 14 - So etwas wie Freunde

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Es überraschte mich. Tom grüßte mich tatsächlich, als wir uns am Morgen über den Weg liefen. Zwar hatten wir das ja irgendwie ausgemacht, doch dass er sich auch wirklich daran hielt, war eine ganz andere Sache.

Charlotte sah mich erschrocken an "Was war das denn?", will sie ehrlich irritiert wissen. Ihr Unglaube ist vollkommen gerechtfertigt „Hat ihn über Nacht ein Gnom gebissen?", fügt sie noch spottend hinzu „Oder hat ihn jemand verhext?" Jap, sie ist schockiert.

Grinsend zuckte ich mit den Schultern. Ich wusste nicht, warum mir diese simple Begrüßung so ein breites Lächeln ins Gesicht lockte. "Naja, wir haben beschlossen, dass, solange wir zusammen an dem Projekt arbeiten müssen, wir freundlich miteinander umgehen.", erklärte ich die Kurzversion und bin fast schon stolz auf mich, dass ich mich dazu überwinden konnte, mit ihm Frieden zu schließen.

Ungläubig blickte die Rothaarige mich an "Du und Riddle, das glaube ich nicht." Dass sie das tatsächlich nicht tat, sah man ihr sofort an „Ihr beide schafft es doch noch nicht einmal, zwei Stunden am Stück während Zaubertränke zivilisiert miteinander umzugehen.", setzte sie spottend hinterher.

Beleidigt blickte ich zu ihr und wollte gerade erwidern, dass ich das sehr wohl konnte. Bisher hatte ich lediglich keine Lust dazu gehabt. Dann kamen wir jedoch am Klassenzimmer für Verwandlung an und ich beschloss lieber beleidigt zu sein "Wieso? Traust du mir das etwa nicht zu? Dann kannst du dich ja gleich mit ihm gegen mich verschwören, er glaubt nämlich genauso wenig daran.", brummte ich missmutig zurück und verschränkte meine Arme vor der Brust.

Ihr helles Lachen hallt durch den Flur "Das ist witzig.", teilt sie mir verschmitzt mit "Also seid ihr jetzt sowas wie Freunde?", will sie wissen und lächelt mich spitzbübisch an.

Schulterzuckend seufzend  sah ich mich um und hoffte,  Dumbledore würde mich aus dem Gespräch erlösen "Kann schon sein.", gab ich nur zurück und frage mich, ob es jetzt gruselig ist, dass die beiden irgendwie manchmal dasselbe zu denken schienen.

Und dann kam der Professor auch schon und öffnete uns die Klasse. "Hallo meine Lieben, ihr habt sicherlich schon bemerkt, dass Professor Dippet den Zusammenhalt der Häuser fördern möchte. Das hat auch einen bestimmten Grund und der wäre, dass es in den vergangenen Jahren wegen Unstimmigkeiten immer wieder zu Übergriffen gekommen ist. Dies gilt es für uns in Zukunft sorgfältig zu verhindern. Deshalb ordne ich auch in meinem Unterricht nun eine mehrwöchige Partnerarbeit an.", erklärte er und schrieb mit seinem Zauberstab Seitenzahlen ordentlich an die Tafel.

Verwandlung war wie immer toll, meine Partnerarbeit würde ich zusammen mit Marcus ableisten. Er war der beste Freund von Antony, trotzdem hatten wir in den letzten Jahren nicht viel miteinander zu tun gehabt. Aber ich mochte ihn, er war ein typisch netter Junge, den man gerne dabei hatte.

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Riddle... Ähm, Tom ist schon in der Bibliothek. So langsam beginne ich mich zu fragen, ob er hier seine gesamte Freizeit verbringt. "Hallo.", begrüßte ich ihn. Es ist merkwürdig mich so locker zu ihm zu setzten, als würden wir das tatsächlich öfters tun. Doch so ganz glaubte ich nicht, dass keine unangepasste Bemerkung kommen würde.

Einen Moment verharrt er noch in seiner Position, weit über das Buch gebeugt, dass er zu lesen schien. Dann blickt er zu mir auf mit seinen dunklen Augen und lehnt sich zurück "Guten Abend.", entgegnete er mir und sieht leicht nachdenklich aus "Ich denke, ich habe einen passenden Trank gefunden.", erklärte er mir und schob das Buch etwas weiter in die Mitte, damit ich Problemlos danach greifen konnte.

So genau weiß ich nicht, was ich davon halten soll, dass er ohne mich weiter gearbeitet hat, doch im Endeffekt konnte es mir auch egal sein. Außerdem wollte ich nicht jetzt schon eine Diskussion anzetteln. Schweigend nahm ich mich dem Buch an und ließ meinen Blick über die Seiten wandern.

Der Dunkelhaarige räuspert sich "Er liegt genau in der Zeit und enthält außer den Zutaten und der Reihenfolge auch noch gute Techniken, die man generell für das Brauen gebrauchen kann.", erklärte er.

Zustimmend nicke ich, als ich meinen Blick wieder von dem Buch löse "Hört sich gut an.", gab ich ein wenig wiederwillig zu, ihm nicht gleich zu wiedersprechen, wird schwer für mich werden.

Er nickt und sortiert ein paar von den wild herum verstreuten Blättern, die wohl seine Hausaufgaben darstellten. "Es wäre wohl gut, wenn wir uns beide eine schriftliche Kopie von dem Trank schreiben und uns diese verinnerlichen. Dann können wir sofort beginnen sobald Professor Slughorn uns einen geeigneten Raum mitteilt.", verkündete er mir und fährt sich durch sein Haar.

Diese Geste habe ich noch nie bei ihm gesehen. Ich muss mir ein Schmunzeln verkneifen, er sieht mit solch wirrem Haar fast schon nett aus. So normal.

Was denke ich da nur für einen Quatsch, natürlich ist er normal. Was sollte er denn sonst sein? Über meine eigenen Gedanken runzelte ich die Stirn.

Schweigend begannen wir zu schreiben. Zum ersten Mal ist die Stimmung zwischen uns nicht angespannt, aber ich konnte jetzt auch nicht sagen, dass sie besonders angenehm wäre. Da war einfach etwas, was mich Tom gegenüber vorsichtig und angespannt sein ließ.

Er war vor mir fertig. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie er seine Feder zur Seite legt. Sein Blick liegt auf mir, ich weiß es. Einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, ihm mitzuteilen, dass mir dies unangenehm ist, so wie er es auch bei mir getan hatte. Doch ich tue es nicht, frage mich lediglich, was er wohl denkt, während er mich anstarrt.

Irgendwann schaffte ich es auch, die Feder zur Seite zu legen. Gähnend streckte ich mich "So... Fertig.", grinste ich triumphierend.

Mit einer gehobenen Augenbraue sah er mich "Die richtige Arbeit wird erst noch auf uns zu kommen.", erwiderte er mit skeptischen Blick.

Ich musste lachen "Ja, aber für heute sind wir fertig. Jeden Tag ein kleiner Sieg.", philosophierte ich keck und beschloss mich nicht von seiner Negativität herunterziehen zu lassen.

Tatsächlich zuckten seine Mundwinkel. Es erstaunte mich, jedes Lächeln, was ich bis jetzt von ihm -Mister Frost- gesehen hatte, war falsch gewesen. Keines hatte so echt ausgesehen, wie dieses Kleine, was seine Lippen für einen kleinen Augenblick geziert hatte. "So kann man es natürlich auch sehen.", stimmte er mir nach einer kurzen Pause zu.

Plötzlich glaube ich gar nicht mehr, dass die nächsten Monate allzu schlimm werden würden, dass Tom Riddle allzu schlimm werden würde. Und das zauberte mir ein breites Grinsen auf meine Lippen.

Seelenspiegel -Tom Riddle-Where stories live. Discover now