Kapitel 16

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Cody

Der Weg zum Hotel ist nicht weit und doch macht es mich nervös, ihn allein mit Alissa zu laufen. Seit wir den Club verlassen haben, habe ich das Gefühl beobachtet zu werden. Ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen, um sie nicht auch noch zu verunsichern, doch Alissa kennt mich lange genug um zu merken, dass etwas nicht stimmt.
„Was ist los?", flüstert sie vorsichtig. Ich schüttele den Kopf, bedeute ihr damit leise zu sein, bis ich sie an die Hand nehme und näher an mich ziehe. „Wir werden beobachtet. Ich weiß nicht von wem oder von wo aber du musst jetzt mitspielen, okay?" Sie schaut mich verwirrt an, lässt sich aber dennoch in meinen Arm ziehen. Den ganzen Weg über halte ich sie, grinse sie dumm an, als wäre ich frisch verliebt und flüstere ihr irgendwelche sinnlosen Dinge ins Ohr, damit es für Außenstehende vertraut aussieht. Ich habe keine Ahnung, ob das überhaupt Sinn macht, aber wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, wissen sie, dass Alissa existiert, allerdings nicht, wie sie aussieht. Dass sie uns zu diesem Treffpunkt bestellt haben war nicht mehr als ein billiger Trick um herauszufinden wie sie aussieht und nach wem sie suchen müssen, es war von Anfang an klar, dass niemand kommen wird. Deswegen haben wir sie ja auch im Hotel gelassen. Dumm sind wir schließlich auch nicht. Wenn sie aber denken, dass ich mit dem Mädchen neben mir zusammen bin, werden sie wohl kaum glauben, dass sie Dylans Schwester ist. Sie wissen viel über uns, also wissen sie auch, dass Dylan jeden einzelnen Mann töten würde, der seiner Schwester zu nahe kommt. Außerdem ist das eine unausgesprochene Regel bei Männern, sowas wie ein Bro-Code, die Schwester deines Kumpels ist tabu, egal unter welchen Umständen.
Kurz vor der Eingangstür des Hotels bleibe ich stehen und schließe Alissa fest in meine Arme. „Das, was gleich passiert, darfst du unter keinen Umständen deinem Bruder erzählen, wenn dir etwas an meinem Leben liegt, okay?", nuschle ich in ihre Haare. Sie nickt zur Bestätigung, ehe ich mich etwas von ihr löse und ihr Gesicht in meine Hände nehme. Sie ist nicht dumm, sie weiß, was ich jetzt tun werde und trotzdem sehe ich die Nervosität in ihren schönen blauen Augen. Ich schenke ihr ein kurzes Lächeln und ihre Anspannung fällt, zumindest ein wenig, von ihr ab. Sie schließt ihre Augen als ich mich ihr nähere und meine Lippen sanft auf ihre lege. Meine Hände finden den Weg zu ihrer Taille, um sie noch ein Stück näher an mich zu ziehen. Es fühlt sich komisch an sie zu küssen, sie richtig zu küssen. Ich fühle bei dem Kuss genau so wenig, wie wenn ich eine Wand küssen würde, außer dass mein Schwanz hart wird. Das liegt aber schlicht und einfach an dem Fakt, dass ich untervögelt bin wie noch nie. Gott, wäre ich mal im Club geblieben und hätte auch diese schwarzhaarige Schlampe gevögelt. Oder zumindest irgendeine. Gut, lassen wir das. Zurück zum Wand Thema: Alissa ist meine beste Freundin seit ich denken kann, da könnten niemals irgendwelche romantischen Gefühle entstehen. Dylan würde mir sowieso nicht erlauben sie zu daten aber das ist das einzige, wobei er sich wirklich keine Sorgen machen muss. Es gab eine Zeit in der ich dachte, ich würde mehr für sie empfinden aber es stellte sich schnell raus, dass das Quatsch ist. Als ich mich aus dem Kuss löse grinst sie mich an. „Besser als damals, aber das tun wir besser nicht nochmal." Meine Gedanken wandern direkt in die Vergangenheit, zu dem Tag, als wir und unsere Freunde das erste Mal Alkohol probiert haben und wir beide der Meinung waren, dass es absolut ekelhaft ist. Es war ein typischer Wahrheit oder Pflicht – Kuss, von dem Dylan bis heute nichts weiß.
„Dafür wäre ich auch aber es musste sein. Dir ist ja hoffentlich klar, dass ich dich niemals freiwillig
küssen würde?", gebe ich zurück, woraufhin sie lachend den Kopf in den Nacken fallen lässt. Wer auch immer uns beobachtet hat, kann jetzt gar nichts anderes mehr denken, als dass sie meine Freundin ist, die rein gar nichts mit irgendwas zu tun hat.
Ich nicke dem Portier kurz zu und nehme direkt als wir die Lobby betreten meine Hand von Alissas Rücken.
„Ich hasse Aufzüge!", jammert sie. „Wieso konnten wir nicht die Treppen nehmen?" Mit einem Ping! öffnet sich die Tür des Aufzugs.
„Deswegen solltet ihr besser nicht die Treppen nehmen.", ertönt Dylans Stimme von rechts. Ich kann gar nicht schnell genug reagieren, da schreit Alissa schon laut auf, als sie den leblosen Körper sieht, der neben ihrem Bruder am Boden liegt.
„Was zur Hölle geht hier schon wieder vor sich?", frage ich fassungslos. Caden deutet bloß, zugedröhnt wie er ist, auf die Tür unseres Hotelzimmers, auf welcher ein riesiger roter Smiley prangt.
„Ach du scheiße.", keucht Alissa, die sich an Dylan abstützt, um nicht die Fassung zu verlieren.
„Caden bringt ihn raus, Cody du hilfst ihm und danach..." Dylan schaut mich grimmig an. „...unterhalten wir uns über eure kleine Show draußen und wieso zum Fick wir früher hier waren als ihr." Fuck, er hat es gesehen.
Nachdem wir die Leiche des Mannes, welcher offensichtlich derjenige war, der diesen grässlichen Smiley an die Tür geschmiert hat, im Hinterhof des Hotels entsorgt haben, sitzen wir wieder alle zusammen im Zimmer. Dylan beäugt seine Schwester und mich streng, Caden trinkt ein Glas Whisky nach dem anderen. „Kommst du echt nicht drauf oder tust du nur so?", frage ich ihn lässig, während ich mir einen Joint anzünde und ihm den Rauch direkt ins Gesicht puste. „Cody war der Meinung, dass wir verfolgt werden, also haben wir einen Umweg genommen.", stellt Alissa klar. Dylan hebt eine Augenbraue. „Das erklärt, wieso ihr später hier wart als wir aber wie zur Hölle willst du mir erklären, dass du meine kleine Schwester geküsst hast?"
Ich verdrehe genervt die Augen. „Sie ist nicht nur deine Schwester, sondern auch meine beste Freundin, für die ich niemals, ich wiederhole: Niemals, mehr als Freundschaft empfinden würde. Ich gehe davon aus, dass sie wissen, dass es sie gibt, aber nicht, wie sie aussieht. Wenn sie sehen, dass ich was mit ihr am Laufen habe, werden sie nicht drauf kommen, dass sie deine Schwester ist, schließlich wissen sie bestimmt,
dass du jeden von uns töten würdest, der sie auch nur zwei Sekunden zu lang ansieht." Dylan und auch Caden schauen perplex zwischen uns her, bis Dylan sich als erster wieder fängt und räuspert. „Du bist ein Genie! Das war schlau, ich bin begeistert Cody, wirklich."
„Wer war denn jetzt der Typ, den ihr umgebracht habt?", mischt Alissa sich wieder ein. Caden erhebt sich und stellt dabei sein Whisky Glas auf dem Tisch ab. „Wir kamen an, als er grade fertig war dieses hässliche Ding an die Tür zu schmieren." Ich ziehe ein weiteres Mal an dem Joint und übergebe ihn danach an Dylan, denn der hat es gerade wirklich nötiger als ich.

Caden verschwindet ins Bad, Alissa hat sich schon in ihr Bett eingerollt und Dylan und ich stehen am Fenster und beobachten den Hof des Hotels, als sein Handy uns auf eine eingegangene Nachricht aufmerksam macht. Seine komplette Körperhaltung verändert sich, er wirkt plötzlich wieder genau so angespannt wie vorhin, als wir ankamen. „Wir fahren sofort nach hause. Packt eure Sachen. Schnell. Ich hole Duke." Ohne ein weiteres Wort der Erklärung macht er sich auf den Weg in die Lobby, um unseren Hund, den wir unnötigerweise mitgenommen haben, beim Hundesitterservice abzuholen. Sein Handy
schmeißt er mir vor die Füße und jetzt kann ich seine Aufruhr auch nachvollziehen. Es ist eine Nachricht von Trevor. Er schreibt, dass ein fetter roter Smiley an unsere Eingangstür geschmiert wurde, Luna verletzt ist und Maddie schrecklich weint. Bei der Erwähnung ihres Namens flattert mein Herz, krampft jedoch im nächsten Moment, wenn ich dran denke, dass sie weint. Gott, was macht diese Frau mit mir? Alissa und ich schmeißen alle Sachen ungeordnet in die Koffer, Caden zieht sich bereits an und auch Dylan steht schon abfahrbereit mit Duke in der Tür.

Our Girl - wir brauchen dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt