18- Eisige Reise nach Westen

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Er saß bereits an einem der Tische, an welchem noch drei weitere Stühle standen. Halvard erspähte Thara durch die Menschengrüppchen sofort, die sich zwischen den Tischen hindurch zwängten, und winkte ihr zu. Als sie ihn erreicht hatten, stand er auf, um Jaromir die Hand zu schütteln. Nachdem sie bei Alvilde ihr Essen bestellt hatten und die Wirtin wieder davon ging, ergriff Thara als erste das Wort.

"Also Halvard, ich habe Euch vorhin auf dem Markt mit dem Händler am Fischstand über Dunkelheit im Westen reden hören. Was hat es damit auf sich?"

Halvard nippte an seinem Krug. "Nun, es gibt natürlich viele Gerüchte, Sagen und Märchen, aber was man nicht bestreiten kann, ist, dass es, je mehr man nach Westen kommt, immer dunkler wird. Es ist, als würde man in die Dämmerung hineinfahren. Zuerst ist es noch hell und ehe man sichs versieht, muss man die Laternen anzünden. Noch weiter westlich ist es tiefe Nacht und das auch wenn es eigentlich erst Mittag sein sollte. Unheimlich ist das."

"Ihr spracht auch von den Gewässern, die dunkler werden, oder werden sie nur dunkler, weil die Umgebung dunkler wird?", wollte Jaromir wissen. Halvard lachte bitter auf, gerade als Alvilde ihnen die dampfenden Teller auf den Tisch stellte, was ihr einen irritierten Blick entlockte. Als sie wieder ging, antwortete Halvard.

"Oh nein, die Gewässer sind nochmal etwas ganz anderes, das sag ich euch. Da gehst du fischen, am helllichten Tag, die Sonne scheint von oben und der Schnee blendet dich. Aber das Wasser, oh das Wasser ist so düster, ich habe meine Hand versenkt und sah meine Fingerspitzen schon fast nicht mehr, dabei war es so klar wie Bergwasser."

"Interessant, also wird das Wasser früher dunkel, als die Umgebung."

"Denkst du, der Saphir ist im Wasser?", wandte sich Thara an Jaromir.

"Es wäre zumindest eine Möglichkeit, welches ist das westlichste Gewässer?"

"Das wäre der Große Eissee. Als Kinder sind wir mit unseren Vätern öfters dort raus gefahren, doch in der Dunkelheit ist es für die Schlitten viel zu gefährlich."

"Wie weit ist das weg?" Thara pustete auf einen dampfenden Löffel voll Suppe.

"Das wären ungefähr drei Tagesmärsche von hier, aber es ist meines Wissens nach sehr lange niemand mehr bis dorthin vorgedrungen. Die Dunkelheit drückt auf die Seele, versteht ihr?"

Thara betrachtete nachdenklich ihre Suppe und nickte.

"Eine Sache noch", merkte Jaromir auf. "Woher wisst Ihr das alles, habt Ihr es selbst gesehen, oder nur gehört?" Thara war ziemlich sicher, dass Jaromir sich nur vergewissern wollte, damit sie den beschwerlichen Weg nicht umsonst antraten, dennoch klang die Frage, als zweifele er Halvards Glaubwürdigkeit an. Doch dieser ließ sich, falls er das ebenfalls bemerkte, nichts anmerken und erklärte gutmütig.

"Ich bin selbst Eismann, wie mein Vater und mein Großvater schon. Normalerweise fahre ich jeden Tag raus, um zu fischen und Eis zu schneiden. Bis vor einigen Jahren bin ich mit ein paar Männern zusammen noch immerhin bis hinter den Caruba gefahren, aber schon dort konnte man es mit ernsthafter Arbeit eigentlich direkt sein lassen, für alles braucht man Lampen und Öl ist hierzulande nicht gerade günstig." Er seufzte und fuhr fort, sein Steak in Stücke zu schneiden. "Wahrscheinlich muss ich demnächst trotzdem bald wieder bis dorthin, wenn mein Schlitten aus der Werkstatt kommt. Die meisten Eismänner arbeiten nur noch wenige Stunden entfernt von hier. Hinter den Caruba geht niemand mehr, aber die Ressourcen hier sind auch erschöpflich. Das Eis geht ja vielleicht noch, aber da kommen auch nur dünne Blöcke bei rum und die Seen hier sind bald leer gefischt."

Den folgenden Tag nutzten sie dafür, alle restlichen Besorgungen zu machen, Jaromir brauchte noch einen Mantel und Stiefel und sie vereinbarten einen Termin beim Schmied für Lana. Alle Pferde in der Gegend, die regelmäßig auf dem Schnee und besonders auf Eis liefen, waren speziell beschlagen, damit sie auch bei Glätte nicht wegrutschten. Während Jaromir Kleidung kaufte, nutzte Thara das restliche Geld, um Ausrüstung wie Laternen, Seile und Haken zu beschaffen. Sie hatten zwar von Ragnar eine Karte über den westlichen Teil der Frostgründe bekommen, allerdings war diese nicht besonders ausgearbeitet und sie konnten das Gelände nur schwer einschätzen.

Des Königs letzter SchatzOnde histórias criam vida. Descubra agora