4- Kampf am Ufer

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"War das da gerade eine Flosse?", fragte Anori einige Zeit später plötzlich und lehnte sich über die Bootskante. Thara drehte sich zu ihm um.

"Habt Ihr sie nicht gesehen?", Anori wurde aufgeregt. "Sie schillerte bunt und die Hautfalten zwischen den Flossenstrahlen waren sehr hell."

Thara kniff die Augen zusammen, um ihn gegen das Licht zu erkennen. "Flossenstrahlen?"

"Ja, das Knochengerüst vom obersten Teil-, ach, nicht so wichtig. Von einem Tier mit einer solchen Flosse habe ich noch nie gelesen, sie war riesig." Er breitete die Arme aus, um zu demonstrieren wie groß die Flosse gewesen war. "Wahrscheinlich eine Brustflosse, die Rückenflosse würde nicht so seitlich abtauchen, aber wa-"

"Das war sicherlich nur ein großer Fisch, erinnerst du dich noch an die riesigen Fische aus Tem, die mein Vater manchmal kaufen ließ?", versuchte Thara ihn zu beruhigen, da ihr Kopf langsam anfing zu schmerzen und Anoris schnelles Gerede die Kopfschmerzen nicht unbedingt verbesserte.

"Es war aber keine Flosse von einem Fisch, sie war-"

"Dort vorne kommt der Grenzwald, wir sollten rasten, damit wir nicht in der Mittagssonne auf dem Wasser sind", unterbrach Ronda ihn, sie schien dem Gespräch gar nicht zugehört zu haben.

Zwischen den Bäumen war die Luft noch kühler und es war angenehm sich in ihrem Schatten niederzulassen. Anori knotete das Boot sorgfältig an dem Tau um eine im Wasser stehende Trauerweide. Ihre herabhängenden Äste verdeckten es sorgfältig. Ronda suchte für ihre Rast einen Platz nah am Waldrand aus, durch die dicken Stämme waren sie vor Wegelagerern oder Räubern, die sie im Schlaf überfallen wollen könnten, weitestgehend abgeschirmt. Trotzdem konnten sie den Fluss und ihr Boot noch im Auge behalten. Thara fiel auf, wie Anori immer wieder über seine Schulter zum Fluss schaute, während er das Tau verknotete. Sein Blick suchte sorgfältig das Wasser ab, doch der Fluss floss ruhig und ohne die geringste Unruhe, die vielleicht von einer großen schillernden Flosse herrühren könnte. Sie füllten ihre Wasservorräte auf, bevor Thara sich schließlich erschöpft gegen einen kühlen Felsen zwischen den Bäumen lehnte und die Augen schloss. Ronda blickte zu ihr herüber.

"Die Hitze wird sehr anstrengend, wenn man sich ihr zulange aussetzt, lasst uns ruhig noch bis zum Nachmittag hier ausruhen, dann können wir den Rest des Weges erholt zurücklegen. Soviel Zeit haben wir gewiss." Thara war über diese Worte sehr froh, denn sie und auch Anori brauchten sichtlich eine Pause. Tharas Gesicht leuchtete rot vor Anstrengung und ihre Haare fielen in Strähnen auf ihre nasse Stirn. Anori sah nicht besser aus, sein langer Bart glänzte feucht und er ging nur sehr langsam zu ihnen herüber, um sich neben Thara an den Felsen sinken zu lassen. Ronda dagegen saß im aufrechten Schneidersitz gegenüber von ihnen und zeigte nicht eine Spur von Müdigkeit. Sie schien mit ihrem schärferen Gehör etwas wahrgenommen zu haben, denn sie blickte mit wachen Augen in Richtung des Flusses.

"Ah, da kommt Herr Jaromir mit den Pferden", stellte sie fest und stand auf. Thara erhob sich ebenfalls und gab Anori ein Zeichen, er könne ruhig sitzen bleiben. Sie folgte Ronda die paar Meter zurück zum Fluss, an dessen Ufer entlang Jaromir nun auf sie zu geritten kam. Er führte Rondas Rappen am langen Zügel auf der einen und Ehrwald auf der anderen Seite. Ronda und Thara nahmen ihm die Pferde ab, sobald er da war. Sie versorgten sie mit Wasser und ließen sie dann frei das wenige Gras in der Nähe und vor allem am Ufer fressen.

"Vielen Dank", sagte Jaromir, als Thara ihm auch sein Pferd abnahm. Er war sogar zu erschöpft, um zu protestieren und es selbst machen zu wollen.

"Trink was, dann wirds besser", sagte Thara zu ihm und streckte den Arm in Richtung ihres Rastplatzes aus.

Er nickte und gemeinsam gingen sie wieder zu Anori zurück.

"Soweit ich sehen konnte, ist euch niemand gefolgt. Außer ein paar Riesenspinnen habe ich tatsächlich niemanden gesehen, aber die kommen wohl nicht hier herunter", sagte Jaromir und öffnete eine der Feldflaschen.

Des Königs letzter SchatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt