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Was mich wirklich zu diesem Ort trieb, verschwieg ich vor ihm. Ich fand die Toiletten leichter als erwartet und betrat diese sofort. Vor einem der vielen Waschbecken blieb ich stehen und betrachtete mich einen Moment im Spiegel. Ich wirkte ein wenig müde, was möglicherweise aber auch an dem Licht in diesem Raum lag. Die dunklen Ringe unter meinen Augen traten dadurch nur noch deutlicher hervor und ich hoffte sehr, dass Aiden dies nicht aufgefallen war. Durch mein Spiegelbild hindurch fiel mein Blick auf die Kabinen hinter meinem Rücken. Es war nur ein Salat, dennoch fühlte er sich wie Zement in meinem Magen an. Sollte ich..? Ich schüttelte abrupt den Kopf, als dieser Gedanke in meinem Kopf auftauchte.

Das konnte ich nicht tun. Nicht hier in diesem noblen Restaurant. Jederzeit konnte jemand hereinkommen, geschweige denn würde es Aiden irgendwann sicherlich seltsam vorkommen, warum ich so lange weg war. Ich stützte meine Hände auf dem Waschbecken vor mir ab und war überrascht, was für eine angenehme Kälte von diesem auf mich überging. Nur noch ein paar Stunden, dann war dieser Abend überstanden. Es war lediglich dieser kurze Moment in dem ich stark sein musste. Nach ein paar tiefen Atemzügen verließ ich daraufhin wieder diesen Raum und kehrte zu Aiden an unseren Tisch zurück.

„Bitte entschuldige." „Nicht dafür, Elodie." Ich ließ mich wieder auf meinem vorigen Platz nieder und griff daraufhin nach dem Weinglas. Eigentlich hatte ich vermeiden wollen, wieder Alkohol zu trinken. Dadurch kam mein Kopf immer auf seltsame Ideen und meine Gedanken begannen erst recht wieder zu rasen. Gerade als ich einen Schluck davon getrunken hatte und das Glas wieder auf dem Tisch abstellen wollte, fiel dieses unverhofft, womöglich durch eine äußerst ungeschickte Bewegung meinerseits, zur Seite und verteilte somit den restlichen Inhalt auf der fein säuberlich, weißen Tischdecke, bis hinüber zu Aiden, an dessen Tischende der Wein hinabtropfte. Vermutlich direkt auf seinen bestimmt nicht gerade günstigen Anzug.

Ich war so erstarrt in meiner Bewegung, dass ich nur aus dem Augenwinkel wahrnahm, wie sich Aidens Hände zu Fäusten ballten. Seine Anspannung war fast schon spürbar. „E-Es tut mir unendlich leid." Sagte ich sofort und griff nach meiner Serviette, um den entstandenen Schaden auf dem Tisch ein wenig zu minimieren. „Dieser Bastard.." Erschrocken hob ich den Kopf und blickte Aiden irritiert entgegen. „Wie bitte?" Sobald dieser jedoch feststellte, dass ich das Gesagte wohl gehört haben musste, wich die Anspannung augenblicklich wieder aus seinem Körper und er warf mir ein entschuldigendes Lächeln zu. „Das macht nichts, Elodie. Das hätte mir sicherlich auch passieren können."

Unsicher wollte ich mit meiner Tätigkeit fortfahren, als er jedoch eine seiner Hände auf meine legte und mich dadurch erneut zum Stoppen brachte. „Hör auf." murmelte er eindringlich, woraufhin mir ein Schauer über den Rücken lief und ich meine Hände langsam wieder zurückzog. „Ich denke, wir sollten jetzt gehen. Findet du nicht auch?" Er sagte dies mit so viel Nachdruck, dass ich gar nicht anders konnte, als ihm darauf mit einem akzeptierenden Nicken zu antworten. Ich ließ mich nur ungerne von anderen herumkommandieren, war in diesem Moment allerdings recht froh, dass er ein wenig die Führung übernahm.

„Das mit deinem Anzug tut mir leid. Er war bestimmt teuer und.." murmelte ich fast schon in mich hinein, nachdem wir unseren Tisch verlassen hatten und Aiden sich mit dem Zahlen beschäftigen wollte. Er winkte jedoch nur schmunzelnd ab. „Das ist nichts, was eine ordentliche Reinigung nicht wieder herausbekommt." Ob er dies ehrlich meinte und nicht nur, um mich schnellstmöglich abzuwimmeln, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. „Die Rechnung von alldem geht übrigens auf mich." Fügte er noch hinzu und ließ mir dabei keine Möglichkeit für einen Widerspruch, da er mich sofort unterbrach, als ich dies zu diskutieren beginnen wollte. „Denk nicht einmal daran." Es klang fast wie eine Drohung, weshalb ich Schweigen dann doch vorzog.

Die Stimmung zwischen uns beiden war durch diesen Vorfall ein wenig angespannter, auch wenn womöglich nur ich dies so empfand. Aus diesem Grund war ich auch ganz froh darüber, dass sich das Date langsam dem Ende näherte. Vor dem Verlassen des Restaurants streckte uns einer der Kellner allerdings noch einen Regenschirm entgegen, der mit hoher Sicherheit mit dem Logo dieses Geschäfts gezeichnet war. Erst war ich verwirrt darüber, bis ich aus der Tür hinausblickte und den regelrechten Wolkenbruch entdeckte, der im Inneren des Restaurants nicht wahrnehmbar gewesen war. Wie hatte es in so kurzer Zeit so ungemütlich werden können?

Aiden nahm den Schirm entgegen, legte eine Hand an meinen Rücken und führte mich auf diese Weise aus dem Restaurant hinaus. Draußen angekommen öffnete er den Regenschirm und ich atmete erleichtert die kalte aber frische Luft der Nacht ein. Den Überblick über die Uhrzeit hatte ich im Inneren dieses Gebäudes vollends verloren. Ohne dies abzusprechen, schlugen wir automatisch den Weg in die Richtung seines Wagens ein. „Ich bringe dich nach Hause, Elodie." Seine Stimme war nun wieder deutlich sanfter als zuvor und erleichterte mich immens. „Ich muss zugeben, es war ein ereignisreicher Tag und ich würde liebend gerne einfach nur in mein Bett fallen." Es folgte ein Lachen von Aiden, was allerdings nicht vorwurfsvoll oder dergleichen klang. Er schien mein Empfinden nachvollziehen zu können.

An seinem Wagen angekommen blieben wir schließlich stehen und er wandte sich mir zu. Trotz des geringen Lichts der Straßenlaternen, konnte ich seine grünen Augen beinahe leuchten sehen. „Es tut mir wirklich unendlich leid, wie dieser Abend verlaufen ist, Aiden. Es hätte nicht.." fing ich an, doch Aiden stoppte mich, indem er mit einer Hand mein Kinn ein wenig anhob und unser Blickkontakt dadurch nur noch intensiver wurde. „Es war trotz allem ein sehr schöner Abend, den ich nur zu gerne wiederholen würde." Wir standen uns so nahe, dass nur wenige Zentimeter zwischen unseren Körpern lagen. Wenn er sich nun ein wenig hinunterbeugen würde und..

Meine Gedankengänge brachen ab, als mich im nächsten Moment diese träge Müdigkeit überfiel. Die Kraft in meinen Beinen ließ nach und ich sackte unerwartet zusammen. Bevor ich jedoch zu Boden fiel, könnte ich spüren, wie ich in Aidens Armen landete und er mich dadurch ein wenig auf den Beinen hielt. „Aiden?" murmelte ich leise, während mir immer und immer wieder die Augen zu fielen. So müde war ich eben noch nicht gewesen und dass mich sofort all meine Kräfte verließen? Irgendetwas stimmte hier nicht. Obwohl ich mich gegen diese Reaktion meines Körpers zu wehren versuchte, kam ich in keiner Weise dagegen an.

„Na endlich." Diese tiefe, dunkle Stimme die plötzlich erklang, fühlte sich fremd an. So kalt und unnahbar. Doch auch diese Stimme, musste von Aiden stammen. Letztendlich schlossen sich meine Augen und ich konnte mich nur noch auf meinen Spürsinn verlassen, während die Müdigkeit mich immer tiefer in den Schlaf zu ziehen versuchte. „Eins zu Null für mich, Lucifer. Dein kleiner Eingriff vorhin war wohl erfolglos." Ich konnte nicht einmal die nötige Kraft aufwenden, um genauer über das soeben Gesagte nachzudenken. Laut dem, was ich aufgrund der Bewegungen noch wahrnehmen konnte, wurde ich von Aiden auf den Beifahrersitz gesetzt und dort angeschnallt.

„Ich wünsche dir höllische Träume, meine Teure." Knurrte diese ungewöhnlich bedrohliche Stimme von Aiden noch an mein Ohr, ehe sich die Beifahrertür neben mir schloss und ich endgültig mein Bewusstsein verlor.

Des Teufels VermächtnisOù les histoires vivent. Découvrez maintenant