Des Teufels Vermächtnis

- 35 -

P.o.V. Lucifer

Es mussten bereits Stunden sein, die ich auf ein und der selben Stelle saß und all die gesammelten Informationen in meinen Gedanken zusammenzuführen versuchte. Viele waren es nicht und dennoch war es unsagbar schwer, irgendwelche Zusammenhänge zwischen allem zu finden. Weder wussten wir, wer dieser Aiden wirklich war, noch was für einen Plan er damit verfolgen könnte, Elodie zu entführen. Wenn sie sich derzeit überhaupt in seiner Nähe aufhielt. Auch dies war uns nicht gewiss. „Grübelst du wieder, Bruderherz?" Der Blick den ich meinem Zane daraufhin zuwarf, als er den Raum betrat, sprach für sich.

Mein Bruder schien über meine derzeitige Situation ein wenig amüsiert zu sein, doch ich wusste, dass ihn Elodies Verschwinden ebenfalls belasten musste. Er kannte sie nicht besonders gut aber er mochte sie, da war ich mir sicher. Nur versuchte er seine Sorge hinter einer gelassenen Maske zu verstecken. Ich war ihm sogar ein wenig dankbar dafür, da er mir dadurch das Gefühl gab, dass wenigstens er noch einen ruhigen Kopf bewahrte. „Ich nehme an, es gibt noch immer nichts Neues?" brummte ich, unzufrieden über den noch unausgesprochenen Bericht, den ich mir jedoch schon selbst zusammenreimen konnte. Hätte mein Bruder Elodie gefunden, würde sein Verhalten mir gegenüber eindeutig anders aussehen.

Im vergangenen Jahr hatte es einige Unstimmigkeiten zwischen uns gegeben. Zeitweilen aufgrund von Elodie, anschließend aufgrund der Pflichten, die mir oblagen. Es war mir nicht möglich, beides zur gleichen Zeit zu erledigen. Nach Elodie zu suchen und meinen Pflichten nachzugehen. Es war dem Entgegenkommen von Zane zu verdanken, dass ich die Möglichkeit bekommen hatte, mich in der menschlichen Welt nach ihr umzusehen. Leider ohne Erfolg, weshalb ich meinen Platz in unserer Welt vor Kurzem wieder vollends eingenommen hatte. Mein Bruder hatte sich mit seiner neuen Position zufriedengestellt, seit unser Vater kein Problem mehr darstellte. Die Beziehung zwischen uns hatte sich seither gebessert, obwohl ich in manchen Momenten noch immer seinen Zorn von damals spüren konnte.

Ich lehnte mich in dem thronähnlichem Gebilde zurück und beobachtete meinen Bruder dabei, wie er mit ruhigen Schritten nähertrat. Gerne würde ich meinen Gedankengang von zuvor revidieren. Seine ruhige Art konnte mich manchmal auch ziemlich aus den Fugen gleiten lassen. Ich atmete einmal tief durch, mit dem Versuch, seine Ruhe auf mich zu übertragen. Mit mäßigem Erfolg. „Es gibt keinerlei Informationen. Weder zu Aidens momentanen Aufenthaltsort, noch zu Elodie oder irgendetwas, was mit ihrem Verschwinden in Verbindung stehen könnte." Sprach Zane schließlich, sobald er mich erreicht hatte.

Seine rabenschwarzen Haare lagen ihm fahl ihm Gesicht, anders als es sonst in gepflegtem Zustand der Fall war. Unsere gesamte Familie achtete stehts darauf, ein gewisses Äußeres zu pflegen. Dass er diesem Bereich keinen so großen Wert mehr zuschrieb, war ein weiteres Zeichen dafür, dass auch mein Bruder von Elodies Verschwinden mittgenommen war. Er musste unentwegt auf der Suche nach neuen Informationen gewesen sein. „Es tut mir wirklich leid, Lucifer. Ich hätte dir gerne positivere Neuigkeiten überbracht." Ich nickte nur langsam, bemüht darum, Ruhe zu bewahren. Seit ihrem Verschwinden fiel es mir alles andere als leicht, das kaum zu bändigende Feuer in meinem Inneren am Auflodern zu hindern.

Meinem sonstigen körperlichen Empfinden erging es bedauerlicherweise nicht anders. Obwohl ich Schlaf nur selten benötigte, blieb mir dieser gänzlich verwehrt. Weshalb ich den Großteil meiner Zeit in diesem Thronsaal verbrachte. Darauf wartend, etwas Neues bzgl. Elodie zu hören. Tag und Nacht verschmolzen förmlich miteinander. Wie viel Zeit seit ihrem Verschwinden mittlerweile vergangen war, hatte ich aus den Augen verloren. Unruhig begann ich mit meinen Fingern auf die kalte Armlehne zu trommeln, was Zanes Aufmerksamkeit sofort wieder auf mich lenkte. „Sie kann nicht einfach im Erdboden verschwunden sein. Irgendwo muss es Hinweise geben, wir haben es nur noch nicht geschafft, diese zu finden."