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„Elodie!" kaum hatte ich die Villa betreten, die ich nun schon seit einigen Jahren als mein Heim betrachtete, stürmte mir auch schon Amanda entgegen. Vor Schreck zuckte ich stark zusammen, da ich die junge Frau zu solch einer frühen Stunde noch nicht erwartet hatte. Obwohl ich damit hätte rechnen können, da die Eingangstür der Villa zuvor offen gestanden hatte. Bevor sie jedoch ihren Satz fortführen und mir mitteilen konnte, was in ihrem Kopf vor sich ging, brachte ich sie mit einer kurzen Handbewegung zum Schweigen. „Lass uns später darüber sprechen, Amanda. Ich brauche jetzt unbedingt eine Pause." Mit diesen Worten trat ich an ihr vorbei, um die Richtung des Schlafzimmers einzuschlagen. Dieser Morgen war äußerst anstrengend gewesen und allein der Gedanke an die anstehende Arbeit, die nun vor mir lag, hüllte meine Gedanken in ein nebeliges Grau.

Solche Momente hatte ich bereits des Öfteren erlebt. Als ich das Krankenhaus verlassen hatte, waren diese Phasen deutlich schlimmer gewesen. Tiefgreifender, hoffnungsloser. Mit viel Mühe hatte ich diese Gedanken verdrängen können. In den ersten Tagen, nachdem ich aus dem Koma erwacht war, hatte ich viel Zeit damit verbracht, mir klar darüber werden, was nun wirklich Realität und was nur ein Traum gewesen war. Zu wissen, dass alles was ich erlebt hatte, nur einem Gespinst meines Unterbewusstseins entsprungen war, hatte mein Herz in unzählige kleine Stücke gerissen. Lucifer war niemals real gewesen. Von Raphael einmal ganz zu schweigen. Ein schmerzhafter Stich zog sich selbst jetzt noch durch meine Brust, wenn ich mich an seine sanften, aufmunternden Worte dieses wortwörtlichen Engels erinnerte.

Zu wissen, dass er mich zu jeder Zeit zu beschützen versucht hatte, hatte mir Halt gegeben. Doch nun war all dies verloren. Diese Menschen hatten niemals wirklich existiert, sie waren lediglich eine Vorstellung meiner Fantasie. Ich schüttelte den Kopf um diese aufsteigenden Gedanken abzuwehren und begab mich in das angrenzende Badezimmer, um Wasser in die Badewanne einlaufen zu lassen. „Elodie?" Erneut zuckte ich bei dem Klang von Amandas Stimme zusammen, als sie plötzlich im Türrahmen erschien. Ich musste nicht einmal zu ihr sehen, um zu erkennen, dass sie besorgt war. „Es ist nur.. diese Kopfschmerzen." Brachte ich hervor, auch wenn dies nicht der einzige Grund für mein Unwohlsein war. „Soll ich die Termine für heute absagen?"

Ich ließ mir ein wenig Bedenkzeit, bevor ich auf diese Frage antwortete. Derweil begann ich, ein paar kleine Kerzen im Raum zu verteilen und diese anzuzünden. Das Licht so gering wie möglich zu halten, würde die Kopfschmerzen sicherlich verschwinden lassen. „Das wird nicht notwendig sein. Ich bin rechtzeitig zum nächsten Termin wieder fit." Teilte ich ihr mit, während sie mich bei meinem Handeln nur skeptisch beobachtete. „Elodie, du musst nicht.." fing sie an, woraufhin ich entschlossen den Kopf schüttelte. „Ich habe wochenlang hart dafür gearbeitet, endlich wieder meinem Job nachgehen zu können. Noch einen Tag länger hier herumzusitzen, halte ich nicht aus." Ich brauchte etwas, was mich von diesen dunklen Gedankengängen ablenkte. Etwas, was mich an etwas Positives denken ließ und was wäre dafür besser geeignet als die Arbeit als Model, die mir schon immer viel Freude bereitet hatte?

Nach meiner Antwort lag Schweigen über uns. Bis ich ihr schließlich mit einer Handbewegung andeutete, den Raum zu verlassen, während ich auf die Tür zuging. „Ich wäre nun gerne ungestört." Amanda erwiderte nichts darauf. Es machte jedoch den Anschein, als wäre sie ein wenig geknickt. Sobald die Tür geschlossen war, drehte ich den Schlüssel im Schloss herum und atmete dabei einmal tief durch. Es würde meine Gedanken nicht unbedingt ins rechte Licht rücken, doch mein Körper brauchte diese Ruhe nun mehr als alles andere. Ich begann mir meine Kleidung vom Körper zu streifen und ließ diese achtlos in der Nähe der Badewanne liegen, ehe ich in das angenehm warme Wasser stieg, welches sich darin befand.

Sofort umgab mich ein Gefühl von sanfter Geborgenheit. Ich ließ mich etwas tiefer in das Wasser hinab sinken, bis ich vollständig bis zum Hals darin verschwunden war. Daraufhin schloss ich die Augen und ließ diese Ruhe einen Moment auf mich wirken. Genau das hatte ich gebraucht. Ich war alleine in diesem Raum, die Tür war verschlossen und ich würde für die nächsten Minuten hoffentlich nicht gestört werden. Dieses Gefühl von absoluter Ruhe und Freiheit, ließ mich aufatmen und ich spürte, wie der Druck von mir abließ, stets ein freundliches Gesicht aufsetzen zu müssen. Die Maske, die ich seit Jahren unentwegt in der Außenwelt trug, begann zaghaft zu bröckeln.

Des Teufels VermächtnisWhere stories live. Discover now