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Für einen kurzen Moment erwartete ich, dass die Tür verschlossen sei. Dieser Gedanke war berechtigt. Es genügte allerdings nur ein kurzer Handgriff und die Tür ließ sich ohne weiteres öffnen. Genau wie an dem Tag, als ich von dem dunklen, kalten Raum zur Wohnung gewandert war, befand sich der Gang dahinter in vollkommener Dunkelheit. Leise schloss ich die Tür hinter mir, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, sollte sich Aid.. Hades noch immer in der Nähe befinden. Ich musste mich zukünftig daran gewöhnen, ihn bei diesem neuen, seltsamen Namen zu nennen. Natürlich kannte ich die Mythen um Hades. Eine genaue Definition wer er war, gab es jedoch nicht. Von der Geschichte, dass er der Bruder von Zeus gewesen sei, bis zu dem Punkt, dass er der Herrscher der Unterwelt war und verstorbenen Seelen ein neues Zuhause gab, hatte ich alles Mögliche gelesen und gehört. Wer Hades jedoch in der Realität war, konnte ich nicht genau sagen.

Mit schnell klopfendem Herzen tastete ich mich durch den dunklen Gang, in der Hoffnung, bald einen Ausgang aus diesem Labyrinth zu finden. Durchgehend lauschte ich auf meine Umgebung, schließlich erwartete ich, dass Hades im nächsten Augenblick direkt vor mir auftauchen würde. Ich wusste zwar nicht, weshalb ich für ihn von solch großer Bedeutung war, aber ich war mir sicher, dass er nach mir suchen würde, sobald er von meiner Flucht erfuhr. Obwohl meine Chancen gering standen, einen Ausgang zu finden und unbemerkt von diesem Ort zu verschwinden, versuchte ich mich auf das zu konzentrieren, was vor mir lag.

Jede einzelne Tür die ich erreichte, versuchte ich zu öffnen. Allesamt waren verschlossen und blieben unverändert, egal wie stark ich daran zog und zerrte. Sie bewegten sich kein Stück. Nach jeder weiteren Tür die ich in dieser Dunkelheit zu fassen bekam, schwand meine ohnehin nicht besonders große Hoffnung immer weiter. Auch meine Schritte wurden langsamer, als ich bemerkte, wie meine Kräfte nach einiger Zeit nachzulassen begannen. Obwohl sich meine Augen ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich dennoch nicht weitaus mehr als meine eigene Hand vor den Augen.

Wie groß konnte dieses Haus sein, sodass ich in der Lage war, unentwegt auf einer Etage durch diesen Gang zu wandern, ohne jemals auf eine Treppe oder Ähnliches zu stoßen? Dies schien mir unmöglich und trotz dessen war es real. Ich verirrte mich in einem Haus, welches zu groß für normale Verhältnisse zu sein schien. Selbst wenn es für mich wie ein Haus wirkte, laut Hades befand ich mich in der Hölle. Was auch immer dies zu bedeuten hatte, ich hatte einen Teil dessen bereits erleben dürfen. Dinge, die mich glauben ließen, dass etwas an seiner Aussage wahr sein musste. Und dennoch versuchte mein Verstand sich diese merkwürdigen Vorfälle rational zu erklären.

Seine rot glühenden Augen? Die Flammen und die Schreie vor den Fenstern? Womöglich war ich in einem schrecklichen Albtraum gefangen oder ich halluzinierte, nach den unmöglich zählbaren Tagen, die ich hier regelrecht ohne Essen verbracht hatte. Dass mein Verstand verrücktspielte, war schließlich schon des Öfteren vorgekommen. Von den seltsamen Erinnerungs-Schüben aus meinem Koma-Traum einmal abgesehen. Ich schüttelte schnell den Kopf, um mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sollte Hades wirklich bereits auf der Suche nach mir sein, musste ich auf jedes erkennbare Zeichen von ihm reagieren können.

Doch statt Hades, der mich wieder in diesen Raum würde einsperren wollen, hörte ich tief hinter mir in dem Gang ein dunkles, bedrohliches Grollen. Sofort gefror mir das Blut in den Adern und mein Instinkt trieb mich dazu, meine Schritte wieder zu beschleunigen. Mein Herzschlag passte sich diesen wieder an, noch bevor ich ein weiteres Grollen vernehmen konnte. Diesmal deutlich näher, als zuvor. Mich ergriff die Furcht. Noch größer, als es bei Hades der Fall gewesen war. Denn auch wenn ich ihn nicht besonders gut kannte, nach allem, was seither geschehen war, wusste ich mit Sicherheit, dass nicht er es war, der dieses Geräusch von sich gab.

Dieses Grollen klang tiefer, durchdringender, als alles, was ich bisher an diesem Ort zu hören bekommen hatte. Ich bekam einen weiteren der unzähligen Türgriffe an diesem Ort zu fassen und setzte erneute Hoffnung darin, diese öffnen zu können. Doch auch bei dieser Tür tat sich nichts. Dieser Zwischenstopp, so kurz er auch war, kostete mich nicht nur zusätzliche Kraft, sondern auch wertvolle Zeit. Dies bemerkte ich daran, dass dieses dunkle Grollen nun den Klang eines tiefen Knurrens angenommen hatte.

Des Teufels VermächtnisWhere stories live. Discover now