Blue Bird || Yoonmin

35 / Lerne

Tw: Jimin wird auf seine Gewichtszunahme angesprochen.

Ich erkannte meine Stadt sofort wieder. Wie könnte ich das denn nicht? Ich erkannte die Häuser und die Straßen, die Bäume und selbst der Himmel kam mir hier so bekannt vor. Es war natürlich völliger Unsinn, denn der Himmel und die Wolken änderten sich ja ständig, aber in diesem einen Augenblick fühlte ich mich Zuhause angekommen. 

Ich griff Taehyungs Hand ganz stark und drückte fest zu. "Oh, schau mal. Ich kann von hier aus schon die Kirchentürme sehen! Wir sollten heute hingehen, sollten wir das nicht?" Ich war so aufgeregt, dass ich schon wieder fast vergaß, weswegen ich eigentlich hier war. Ich war hier, weil mein Bruder heiratete und ich betete jeden Abend dafür, dass ich noch rechtzeitig ankam. Ich wollte die Hochzeit meines kleinen Bruders doch auf keinen Fall verpassen. 

Ich beugte mich aus dem geöffneten Fenster der Kutsche, passte mit dem dicken Bauch auf und sah mich um. Die Sonne schien so hell und die Luft war so heiß. Es war perfekt hier. Es fühlte sich geborgen an. Und dann entdeckte ich meinen Ehemann auf Crystal und ich sah den von der Sonne verbrannten Nacken und das rote Gesicht und die Nässe auf seiner Kleidung. 

Mein Herz zog mich ein wenig zusammen, aber dann holte ich tief Luft und rief trotzdem nach ihm. "Yoongi!!" Und mein Mann drehte sich sofort zu meiner Stimme um. Ach, ich konnte es ja gar nicht mehr erwarten, endlich meine Familie wiederzusehen. "Wie lange brauchen wir noch?", fragte ich neugierig. Es war falsch, so viele Fragen zu stellen, aber ich konnte die Unruhe in mir einfach nicht beseitigen, konnte die Neugierde nicht abschalten und mein schlechtes Benehmen nicht sofort wieder ändern. 

Mein Mann zog seine Mundwinkel nach oben und als ich ihn ansah, da sah er in meinen Augen so traurig aus. "Nicht mehr lange. Gedulde dich noch ein bisschen, Jimin." Und dann schweifte mein Blick an Yoongi vorbei, wo ich den Eingang des Marktes sehen konnte und ich wusste, wusste, wusste, dass sich so ein Verhalten für einen guten Omega nicht gehörte, aber ich atmete trotzdem laut, laut, laut erschrocken ein. "Ananas! Taehyung! Lass uns Ananas essen, wenn wir endlich da sind, ja?" 

Ich freute mich ja so und dann wurde ich immer ängstlicher und nervöser. Was wird Vater sagen? Was wird er nur über mich denken? Sah ich ansehnlich aus? Er wusste doch hoffentlich, dass ich lange gereist war. Ich starrte mir auf den Rock, versuchte die vielen Falten zu glätten.

Und dann war die Freude so wie nie dagewesen. Würde mir Vater sagen, dass ich eine Hure geworden bin, weil ich mit dem Heiden bettete? Würde es Vater egal sein, dass Yoongi mein Ehemann, mein Alpha war? Würde er das Kind, sein Enkelkind, akzeptieren? Wer würde so ein Kind lieben? Würde Mutter Angst haben, Yoongi hätte mir schreckliches angetan? Interessierten sie sich überhaupt für mich? 

Oder hatte ich so eine schwere Sünde auf meinen Schulter, dass Vater mich nicht einmal mehr anschauen wird? Vielleicht weil ich immer noch genau wusste, dass ich den Namen meiner Familie mit meinem Verhalten in den Dreck gezogen hatte? Er hatte mir nie verziehen. Was denkt er nur von mir? 

Mir wurde so schlecht. Der Magen wollte plötzlich nichts mehr drinnen halten und der Schwindel war gar nicht auszuhalten. "Lord? Du bist so still geworden." Ich hörte, dass die kleine Natter mit mir sprach, aber ich konnte einfach nicht antworten. 

Was ist, wenn Vater mich dafür bestrafen wird? Wenn er mir wieder ins Gesicht schlägt und dann wird es wehtun. Er wird mich fragen, wieso ich so etwas zugelassen hatte. Unvorstellbar, dass ich ein Kind von einem Heiden, von einem Bastard erwartete. Unvorstellbar, dass ich ihn an mich gelassen hatte. 

Aber was hätte ich denn tun sollen? Hätte ich Nein sagen sollte? Was wäre denn dann passiert? Yoongi wäre wütender auf mich und vielleicht hätte er sich dann einfach meinen Körper genommen ohne zu fragen. Aber hatte er denn jemals wirklich gefragt oder hatte er einfach gemacht? Wollte ich das? Vater wollte ein Enkelkind!