15 / Lass dich begatten

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long_chapter (~9k)

Der nächste Morgen war zu bedrückend als wenn mich mein Lord anfassen wollte. Vielleicht wollte er doch, vielleicht hielt er sich für mich zurück. Es war noch sehr dunkel als er aufstand und ich dachte an die sonnigen Tage meiner Heimat zurück. Als die Sonne noch am frühen Morgen aufging, sodass mein Lord noch schlafen würde. Mir hatte es auf eine Art gefallen, am Fenster zu stehen und meinen Gedanken nachzugehen. Ich hatte mich daran erfreut das schlafende Gesicht meines Lords anzuschauen, weil ich dann keine Angst haben musste.

Aber nun war wieder alles anders.

Ich blieb noch im Bett liegen, tat so als würde ich noch schlafen, denn ich konnte es nicht ertragen meinem Lord nach dem gestrigen Vorfall in die Augen zu sehen. Ich konnte es einfach nicht und ich wusste aus meiner Zeit hier, dass Yoongi mich nicht wecken würde. Er machte sich eine Kerze an, zog sich leise und ruhig für den Tag an, wusch sich kurz das Gesicht in der Schalle und verschwand dann schnell hinter der Tür.

Erst als er weg war, konnte ich wieder atmen. Er hatte für mich die Kerze brennen lassen und als ich mich auf den Rücken drehte, das warme Bett noch genoss, da sah ich das Licht flackern. Es beruhigte mich irgendwie und das Kissen unter meinem Kopf schien heute viel zu weich anstatt dass ich einfach aufstehen und gehen könnte.

Die Nacht war kurz und nach dem Weinen tat mir mein Kopf sehr weh. Es zog sich bis in den Morgen und vielleicht wollte ich nicht, dass Yoongi mich weckte, weil man mir es immer sehr schnell ansah, dass ich geweint hatte. Vater sagte mir immer, dass mein Gesicht dann dick wurde, die Augen rot und die Nase auch. Er sagte mir, dass ich hässlich aussah für einen Omega, wenn ich weinte. Denn ein Omega weinte nicht. Man tat es einfach nicht, aber gestern war das noch etwas ganz anderes.

Ich blieb noch solange im Bett liegen, bis jemand an meiner Tür klopfte und ich ihn reinrief. Taehyung verbeugte sich knapp vor mir, lächelte leicht und holte mich aus dem Bett raus. Es herrschte ein angenehmes Schweigen zwischen uns, während er mich anzog. Im Zimmer war es heute kälter, die Fenster waren ganz frostig weiß und ich hatte keine Lust nach draußen zu gehen. Aber ich wusste, dass ich das brauchte.

"Taehyung. Wir gehen heute wieder in die Kirche. Danach gibt es Frühstück."

Vielleicht wollte ich meinem Lord am Tisch nicht begegnen (nicht so wie gestern am Morgen). Aber dann begrüßte ich den neuen Morgen mit Taehyung zusammen, der mit mir am Fenster stand, die blonden Haare auf meinem Kopf bürstete und die blauen Federn mit meiner Erlaubnis richtete.

Mein Herz fühlte sich schwer an. Das Gesicht war so taub; es wollte heute einfach nicht lächeln. Ich seufzte schwer auf. Heute würde ein langer Tag werden. Ich wusste es schon. Heute wird es besonders schwer und ich sehnte mich ein Stückchen mehr an Zuhause. Vielleicht, dachte ich, strengte sich mein Alpha an, mir hier ein Gefühl zu geben, dass ich zu Hause war. Aber ich sah es nicht. Ich sah meinen Alpha nicht wirklich oft. Yoongi war einfach nicht da.

Vielleicht war das der Grund, wieso ich ihn immer noch nicht losgelassen hatte. Weil er mit mir geredet hatte. Weil er mir nahe war, mit mir wirklich alberne und dämliche, aber auch schöne, Spiele spielte, wenn er mal wieder in meinem Zimmer war. Weil er mit mir nach draußen gegangen war und es mir nie verboten hatte zu quatschen und zu lachen. Er war ein guter Alpha, ein guter Mensch.

Bei Yoongi wusste ich es nicht. In ihm sah ich nur einen heidnischen Bastard, den ich gezwungen zum Mann nehmen musste. Vielleicht sträubte sich mein Geist deswegen, eine tiefere Verbindung zu ihm aufzubauen. Aber dann sah ich aus dem Fenster und ich sah auch auf meine Hände, den goldenen Ring an meinem Finger. Ich erinnerte mich an die Hochzeit, an den goldenen Becher mit dem Wein, an die unvertrauten Menschen, die komischen Worte. Ich erinnerte mich an unseren ersten Kuss und daran, dass er keinen Ring am Finger trug.

Blue Bird || YoonminWhere stories live. Discover now