• the future is coming back •

635 36 80
                                    

August 2009

„Bitte, Anna." Carlas bettelnde Stimme drang durch den Hörer des Festnetz-Telefons ihrer Eltern an Annalenas Ohr. „Komm mit, bitte."

Seufzend lehnte sie sich gegen den kleinen Tisch, auf dem das Telefon stand, rieb ihren nackten Fuß unentschlossen an ihrem Unterschenkel entlang. Draußen war es zwar warm genug, um barfuß herum zu laufen, aber die Fliesen im Haus fühlten sich unangenehm kalt an ihrer Haut an.

„Ich weiß nicht, Carla...", murmelte sie wenig überzeugt in den Hörer hinein.

„Bitte.", flehte Carla abermals. „Paul hatte diesen Zelt-Urlaub schon mit seinem Kumpel geplant, bevor wir zusammen gekommen sind. Ich will so gern mitfahren, aber ich will mich auch nicht wie das dritte Rad am Wagen fühlen. Deshalb meinte Paul, dass ich noch nh' Freundin fragen soll. Und außer dir weiß ich niemanden. Also komm' doch mit, bitte."

„Am Fahrrad.", murmelte Annalena gedankenverloren.

„Was?", fragte Carla irritiert.

„Das dritte Rad am Fahrrad. Oder das fünfte Rad am Wagen. Aber das dritte Rad am Wagen geht nicht.", erklärte Annalena.

„Wie auch immer.", erwiderte Carla und Annalena konnte quasi vor ihrem inneren Auge sehen, wie ihre Freundin gerade die Augen verdrehte. „Also...Was ist jetzt? Kommst du mit?"

„Ach man! Ich weiß nicht, Carla. Ich kenn' Paul doch gar nicht richtig und welcher Kumpel fährt denn da eigentlich noch mit?"

„Ähm...Irgendeiner aus der Uni. Hab' den Namen vergessen.", kam es wie aus der Pistole geschossen.

„Hmm...Und wohin wollt' ihr genau?", hakte sie weiter nach.

„Bis runter nach Italien. Mit ein paar Zwischenstops natürlich. Wir fahren einfach los und schauen, wo wir so landen. Das wird bestimmt super und du musst dir um nichts Gedanken machen. Wir würden dich bei dir zuhause abholen kommen und ein Zelt brauchst du auch nicht. Paul hat noch eins."

Annalena kaute angestrengt auf ihrer Unterlippe herum. Das klang tatsächlich ziemlich gut und es war vermutlich die einzige Möglichkeit in den Semesterferien aus Pattensen herauszukommen. Ansonsten hatte sie nämlich nichts geplant. Ihre Eltern waren mit ihren beiden jüngeren Schwestern schon ein paar Tage an der Ostsee gewesen, als die beiden Sommerferien gehabt hatten und sie noch in Hamburg gewesen war. Traurig war sie darüber aber nicht gewesen: Sie hätte ohnehin keine Lust auf Familienurlaub gehabt. Trotzdem sehnte sie sich nach Sonne, nach Strand und Meer, nach lauen Sommerabenden, Partys und Musik...Einfach das Leben genießen, bevor es in ein paar Wochen wieder zum letzten Semester in die Uni ging.

„Na gut. Ich komm' mit.", sagte sie schließlich zögerlich.

„Juchhuuu!!", jubelte Carla in den Hörer, sodass Annalena sich diesen mit verzogenem Gesicht vom Ohr weghielt. „Ich freu' mich so. Danke, Anna!! Dann kommen wir dich in zwei Tagen abholen. Ich meld' mich vorher nochmal. Bis dann!"

„Okay, bis dann.", erwiderte Annalena und legte dann auf, war sich nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee war, mit Carla, ihrem Freund - den Annalena noch immer nicht so richtig leiden konnte - und einem fremden Typen aus der Uni mit dem Auto in den Zelt-Urlaub zu fahren. Sie war wirklich kein spontaner Mensch und sie hasste Überraschungen.
Naja, wer weiß...Vielleicht würde es ja ganz gut werden und es würde ihr sicher gut tun, mal aus ihrer Komfortzone herauszukommen...
_________________________________

Zwei Tage später fuhr um die Mittagszeit tatsächlich ein silberner VW Golf auf den Hof ihres Elternhauses. Annalena schaute aus dem Fenster ihres Zimmers im Obergeschoss zu, wie das Auto im Hof wendete und schließlich parkte.

golden ageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt