• we had our reasons for losing touch •

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April 2008

Gelangweilt drehte Annalena ihren Kugelschreiber hin und her, hörte den Worten des Tutors, der vorne stand, schon länger nicht mehr wirklich zu. Ihr Blick fiel auf Robert, der links vor ihr saß und irgendwas auf seinem Notizblock kritzelte. Er schrieb doch nicht etwa mit?!

Alarmiert reckte sie ihren Hals, um dann erleichtert festzustellen, dass er stattdessen irgendwelche schiefen Symbole malte: Einen Anker, eine Blume und einen Halbmond konnte sie erkennen. Schön war wirklich anders, dachte sie grinsend. Zeichnen gehörte wohl anscheinend nicht zu seinen Talenten.

Ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet ihr, dass das Tutorium bald vorbei war. Innerlich freute sie sich schon auf einen entspannten Abend in ihrem Bett oder vielleicht würde sie ihre Freundin Carla fragen, ob sie noch zusammen etwas trinken gehen wollten...

„Dürfte ich nochmal um Ihre Aufmerksamkeit bitten?", riss sie plötzlich die Stimme des Tutors aus ihren Gedanken.

Augenblicklich war ihre Konzentration wieder da und sie setzte sich etwas aufrechter hin.

„Ich möchte, dass sie für nächste Woche in Zweiergruppen Referate vorbereiten." Sogleich schaute Annalena Carla, die neben ihr saß, an und nickte ihr verschwörerisch zu. Aber der Tutor war noch nicht fertig: „Damit es keinen Streit gibt, habe ich die Gruppen und die Themen ausgelost. Ich lese jetzt die Namen der jeweiligen Partner vor. Ihre Themen können Sie gleich der Liste hier-" Er wedelte mit dem Blatt Papier in seiner Hand herum. „-entnehmen."

Enttäuscht schaute Carla sie an, aber Annalena zuckte nur mit den Schultern. Das konnte man wohl nicht ändern. Sie konnte nur hoffen, dass sie mit jemand halbwegs kompetentem in einer Gruppe war - Und dass ihre Gruppe besser als die von Robert war. Robert, der schon nervös mit seinem Stift auf den Tisch tippte. Der Blödmann konnte es bestimmt gar nicht erwarten mal wieder besser als sie zu sein.

„Krüger und Lange.", fing der Tutor nun an die Namen vorzulesen. „Lorenz und Thiele. Herzog und Nowak. Lehmann und Albrecht. Ziegler und Götz." Er zögerte kurz ehe er die Namen des nächsten Paares vorlas. „Baerbock und Habeck."

Annalena zuckte zusammen und riss alarmiert den Kopf nach oben, blickte zu Robert, der ebenfalls aussah als hätte man ihm gerade gesagt, dass er mit dem Papst persönlich das Referat halten musste. Sie hatte mit allem gerechnet, aber dass sie wirklich mit Robert in einer Gruppe sein könnte, das hatte sie irgendwie überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt.

Der Tutor blickte angespannt, fast ängstlich zwischen ihnen hin und her und räusperte sich: „Kriegen Sie beide das hin, ohne sich gegenseitig umzubringen?"

Annalena schnaubte empört. Sie hatte sich zwar schon das ein oder andere
intensive...Wortgefecht mit Robert in seinem Tutorium geliefert, aber dass der Typ wirklich dachte, dass sie dieses Referat nicht zusammen hinkriegten, ärgerte sie irgendwie. „Natürlich kriegen wir das hin."

Robert nickte ebenfalls. „Sicher. Solange sie mir nicht zu sehr auf die Nerven geht.", grinste er und schaute ihr provokant in die Augen.

„Klappe, Robert!", erwiderte sie genervt, woraufhin der Tutor nur ein theatralisches Seufzen von sich gab. Die beiden brachten ihn wirklich regelmäßig an den Rande eines Nervenzusammenbruchs.

Annalena funkelte ihn noch immer wütend an. Der Blickkontakt zwischen ihnen war immer noch nicht abgebrochen und sie merkte, wie ihr schon wieder ganz heiß wurde als sie seinen intensiven, bohrenden Blick auf sich spürte. Das war ihre größte Angst daran mit ihm zusammen an einem Referat zusammenzuarbeiten und mehr Zeit mit ihm zu verbringen als es ihnen beiden gut tat:

An sich fand sie das gar nicht so schlimm. Er war immerhin weder dumm noch faul - Im Gegenteil: Er war klüger und kompetenter als sie das manchmal zugeben wollte. Aber der Gedanke nun zwangsläufig ziemlich viel Zeit mit ihm allein verbringen zu müssen, der machte ihr Angst. Sie traute ihm nicht und sich selbst traute sie schon mal gar nicht. Seit dieser Party, bei der sie ihm in diesem Seminarraum einen geblasen und er sie mit seiner Zunge fast um den Verstand gebracht hatte, hatten sie nicht nur einmal miteinander geschlafen: Wann immer sie kurz davor gewesen waren, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen, waren sie stattdessen übereinander hergefallen und hatten ihre Energie lieber in andere Tätigkeiten gesteckt. Sie hasste es das zugeben zu müssen, aber es wurde jedes Mal besser mit ihm. Und spätestens seit er sie beim letzten Mal gleich drei Mal zum Orgasmus gebracht hatte, konnte sie nicht mehr leugnen, dass er leider verdammt gut war.

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