Kapitel 36

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"Wiebke...", Taddl stand ganz angespannt am Türrahmen und bewegte sich nicht vom Fleck. Erst jetzt schaute ich neugierig über Taddls Schulter und sah eine junge Frau, relativ groß mit brustlangen braunen Haaren am Esstisch sitzen und auch sie saß mindestens genauso angespannt da wie Taddl.

"Was machst du hier?", fragte Taddl schließlich und runzelte seine Stirn.

"Ich habe dir doch gesagt dass ich Nachhilfe habe", beantwortete Nessa die Frage ihres Bruders und hampelte nervös von einem Fuß auf den anderen.

"Ja aber du hast nicht gesagt wer dir Nachhilfe gibt", sagte Taddl knirschend worauf das Mädchen im Wohnzimmer zusammenzuckte.

"Willst du hier Wurzeln schlagen oder lässt du uns jetzt mal vorbei?", fragte Nessa Taddl frech, der noch immer im Türrahmen stand. Hecktisch ging Taddl zur Seite und lehnte sich an die Wand an.

Es war ungewöhnlich still, niemand redete bis Nessa wieder angehüpft kam und mir und Taddl ein Glas Cola brachte.

Wiebke räumte hecktisch die Schulsachen zusammen und packte sie möglichst schnell in ihre Tasche ein. Ich wusste noch immer nicht wer diese Wiebke war aber anscheinend kannten sich Taddl und sie sehr gut.

"Wiebke? Seit ihr schon fertig?", fragte Taddls Dad der gerade ins Wohnzimmer kam.

"Ja... wir machen nächstes mal dafür etwas länger", stammelte sie und wollte sich verdrücken als Taddls Dad sie aufhielt.

"Dann bleib doch noch kurz da und ess mit uns einen Kuchen, den Vanessa gebacken hat", schlug Taddls Dad vor worauf Taddl seinem Dad einen bösen Blick zuwarf.

"Nein... ich muss sowieso schon gehen", sagte sie.

"Ach Quatsch, das kann gar nicht sein wir hätten sowieso noch ne halbe Stunde Nachhilfe. Und du würdest mir echt einen Gefallen tun wenn du meinen Kuchen probierst, den ich übrigens mit deinem Rezept gemacht habe", redete Nessa fröhlich los. Sie schien Wiebke wirklich gern zu haben.

"Na gut", gab Wiebke schließlich nach und setzte sich nervös zwischen mich und Nessa.

"Weißt du Taddl hat nämlich heute Geburtstag", lächelte Nessa während Taddl lustlos auf seinem Kuchen herumstocherte.

"Ich weiß", lächelte Wiebke wurde dann aber sofort wieder ernst, so als hätte sie etwas gesagt dass sie eigendlich gar nicht sagen wollte.

"Ich bin eben mal aufm Klo", entschuldigte sich Taddl und stand auf.

"Ich bin auch kurz", sagte ich als Taddl aus dem Wohnzimmer verschwand und stand auf um ihm zu folgen. Ich wollte endlich wissen was los ist.

"Wer ist diese Wiebke?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen als Taddl aus dem Badezimmer kam und sich etwas erschreckte.

"Meine Exfreundin", seufzte er worauf ich nickte. Ich hatte es mir schon gedacht.

"Wie lange wart ihr zusammen?", fragte ich jetzt neugierig.

"Bisschen mehr als drei Jahre waren es", gab Taddl mir lustlos die Antwort.

"So lange?", fragte ich erstaunt.

"Ja. Es ist nur so dass ich Wiebke das letzte Mal vor fast einem Jahr das letzte Mal gesehen habe und da waren wir noch zusammen. Es war damals ja nicht so dass ich sie nicht mehr geliebt habe, aber die Entfernung zwischen hier und Köln ist eben viel zu groß. Ich habe es aber nicht übers Herz gebracht ihr zu sagen dass ich wegziehe, deswegen habe ich einfach in Köln dann den Kontakt abgebrochen, in der Hoffnung dass es das Beste für uns wäre", sagte Taddl niedergeschlagen. Was sollte ich dazu sagen? Ich wollte mir gar nicht vorstellen wie Wiebke in dieser Zeit gelitten haben muss. Da kommt sie an einem ganz normalen Tag zum Haus der Tjarks und dann muss sie hören dass ihr Freund nach Köln gezogen ist.

"Liebst du sie noch?", fragte ich daher.

Zaghaft schüttelte Taddl den Kopf. "Nein jetzt nicht mehr. Ich hasse sie aber auch nicht, es ist komisch. Weißt du wenn es Wiebke damals nicht in meinem Leben gegeben hätte dann wäre ich wahrscheinlich heute kein YouTuber. Wir haben das alles zusammen auf die Beine gestellt."

Wieder nickte ich was mir leicht dämlich vorkam.

"Deine Schwester scheint sie sehr zu mögen"

"Ja das stimmt. Sie mochte Wiebke schon als ich noch nicht einmal mit ihr zusammen war. Sie ist wie eine Schwester für Nessa", erklärte mir Taddl. In diesem Moment schaute Taddl unheimlich traurig aus. Und jetzt fiel mir auf dass es für Taddl damals als er wegzog sicher auch nicht einfach gewesen ist.

"Deswegen wollte ich auch nicht hier herkommen. Es reißt einfach zu viele Wunden wieder auf. Die Trennung meiner Eltern. Die Beziehung mit Wiebke und alle anderen Erinnerungen", traurig schüttelte Taddl den Kopf. Ich musste mittlerweile gar nichts mehr sagen, die Worte sprudelten einfach so aus seinem Mund heraus.

"Das Schlimmste ist aber dass Nessa und ich nie wieder so Geschwister werden wie früher. Mein Dad hatte mich damals nach meinem Unzug öfters angerufen und mich angeschrien hat dass alles meine Schuld wäre dass Nessa Tag und Nacht heulte. Ich war immer ihr großer Bruder, ihr Vorbild, der auf einmal weg war...", Taddls Stimme brach ab und er drehte sich weg von mir.

"Und wie wärs wenn du einfach noch einmal mit allen redest", schlug ich vor.

"Das geht nicht Lea. Glaubst du durch reden wird alles wieder gut?", Taddl schüttelte den Kopf.

"Bereust du es nach Köln gezogen zu sein?", fragte ich vorsichtig.

Taddl überlegte kurz. "Nein natürlich nicht. Ich hätte es keinen Tag länger mit meinem Dad unter einem Dach ausgehalten. Aber wenn ich die Zeit noch einmal zurückdrehen könnte würde ich natürlich alles geschickter angestellt. Ich hätte mich ordentlich von Wiebke, meiner Schwester und meinen anderen Freunden verabschiedet".

"TADDL! Was macht ihr denn da oben?", brüllte Nessa von unten und wir beide zuckten kurz zusammen.

"Wir kommen schon", schrie Taddl zurück und zog mich am Handgelenk die Treppe herunter.

Unten war fast schon der ganze Kuchen aufgegessen und als Wiebke Taddl sah lächelte sie ihn kurz an.

"Ich muss jetzt wieder zur Arbeit. Tschüss Thaddeus, vielleicht kommst du jetzt wenigstens deiner Schwester zuliebe uns etwas öfters besuchen", murmmelte Taddls Dad, der noch eine tiefere Stimme hatte als Taddl. Hinter uns räusperte sich Nessa um die Beiden zu erinnern dass sie anwesend war.

"Hilft mir jemand das Geschirr einzuräumen?", fragte Nessa und schnell meldete ich mich mit einem Seitenblick auf Taddl und Wiebke. Manchmal musste man jemanden eben zur Vernuft zwingen.

"Du bist unmöglich", lachte Taddl und nahm mich kurz in den Arm ehe ich Nessa in die Küche folgte und ihm zuzwinkerte. Ob ich eifersüchtig war? Nein, wieso auch ich wollte nur dass sich die Beiden endlich aussprachen.

Another kind of love (Taddl)Where stories live. Discover now