Kapitel 5

7.6K 282 44
                                    

Ende Juni 2014

Gegen neun klingelte dann mein Wecker. Normalerweise ist diese Zeit viel zu früh nach einer Partynacht um aufzustehen, aber ich wollte noch unbedingt joggen gehen. Also stand ich ächzend auf und schälte mich aus den unbequemen Partyklamotten. Mein Kopf dröhnte, deshalb überlegte ich kurz weiter zu schlafen, verwarf den Gedanken dann aber, schließlich musste Sport jeden zweiten Tag sein um mich einigermaßen fit zu halten. Ich zog mir eine kurze Hose an und ein Top und ging ins Badezimmer. Als ich in den Spiegel schaute traf mich erst einmal der Schlag. Ich sah schlimm aus hoffte aber dass ich durchs abschminken das meiste wegbekam. Tatsächlich sah ich deutlich besser danach aus, jedoch verrieten meine Augenringe und meine blasse Hautfarbe dass ich letzte Nacht erst spät ins Bett gekommen bin. Ich bürstete kurz meine Haare und band sie dann zu einem Zopf zusammen. Als ich das Haus schließlich verließ war es noch mucksmäuschenstill und fast hatte ich vergessen dass ich ja quasi nicht alleine im Haus war.

Draußen auf der Straße fiel mir sofort auf dass es schon fast zu warm war um zu joggen. Dennoch machte ich mir meine Kopfhörer hinein und joggte einfach mal los, in der Hoffnung einen Weg zu finden wo nicht so viele Menschen unterwegs waren.

Immer wenn ich joggen bin, achte ich kaum auf die Menschen die an mir vorbei laufen, weil ich einfach immer abschalte und mich nur auf die Musik konzentriere. So war es auch heute. Ich hatte endlich einen ruhigeren Weg gefunden und verlangsamte mein Tempo als ich plötzlich von hinten gerammt wurde. Da ich darauf ja nicht vorbereitet war und das etwas was mich gerammt hatte auch nicht gerade langsam war stolperte ich und fiel unsanft auf den Asphalt.

„Na du Nudel", war das einzige was Taddl von sich gab und schaute grinsend auf mich herunter.

„Man kannst du nicht aufpassen? Und außerdem bin ich keine Nudel", meinte ich sauer und blickte zu Taddl hoch, der sein Longboard jetzt auf die Seite legte und mir seine Hand entgegenstreckte.

„Weiß ich aber ich konnte mich gerade nicht an deinen Namen erinnern", dankbar nahm ich seine Hand und lies mich hochziehen, während ich noch einmal meinen Namen erwähnte. Unauffällig versuchte ich meine losen Haarsträhnen hinters Ohr zu streichen. Ich wollte gar nicht wissen wie ich aussah, so total verschwitzt und mein Gesicht war wahrscheinlich so rot wie eine Tomate.

„Das ist jetzt schon das 2. Mal dass ich dich vom Boden hochziehe", lachte Taddl und ich wurde rot was man aber wahrscheinlich durch mein sowieso schon rotes Gesicht nicht sah.

„Ja ähm... was ich dir da gestern erzählt habe. Vergiss das am besten wieder", sagte ich und wich seinen Blicken aus.

„Jaja keine Angst der kleine Vorfall ist bei mir sicher". Erleichtert nickte ich.

„Dein Knie blutet", Taddl deutete auf mein Knie und erst jetzt spürte ich den Schmerz und verzog das Gesicht. Taddl schien kurz zu überlegen dann sagte er:

„Willst du kurz mitkommen, ich wohne da drüben dann kannst du deine Wunde verarzten und vielleicht was trinken"

„NEIN... also nein danke aber das geht schon", sagte ich etwas zu schnell. Ich wusste zwar kaum was über Taddls Leben aber dass er im YouTuber Haus wohnte mit ein paar anderen Jungs, darüber wusste ich Bescheid. Und so wie ich jetzt aussah und schwitzte wollte ich es den anderen Jungs echt nicht antun. Sowieso fand ich es komisch dass er mich zu sich nach Hause einlädt, weil normalerweise durfte kaum jemand über den Standort des Hauses Bescheid wissen schon gar nicht irgendwelche dahergelaufenen Mädchen.

Taddl zuckte mit den Achseln. „Na gut also dann tschüss". Ich verabschiedete mich ebenfalls von ihm während er sein Longboard schnappte und davon fuhr. Wahrscheinlich war es ihm gar nicht mal so unrecht dass ich nicht mit ins Haus wollte.

Ich entschied mich wieder zurück zulaufen, da mein Knie echt schmerzte und ich unmöglich so weiterjoggen könnte. Taddl hätte sich ja auch entschuldigen können. Ich dachte nicht weiter nach und beeilte mich nachhause zu kommen.

Hoffentlich war schon jemand aufgewacht sonst würde ich wieder nicht in die Wohnung kommen. Sie könnten mir ja auch mal einen Schlüssel geben oder wenigstens eine Handynummer oder Telefonnummer. Tatsächlich wurde wenigstens die Haustüre mit einem Summen geöffnet und oben erwartete mich auch schon ein gähnender Jan der in der Boxershorts im Türrahmen stand.

„Ich hab dich jetzt hoffentlich nicht geweckt", fragte ich doch Jan winkte nur ab.

„Quatsch, ich musste aufstehen hole jetzt gleich Brötchen fürs Frühstück", er lies mich eintreten und wir gingen die Treppen hoch in die Küche.

„Bist du angefahren worden oder warum blutet dein Knie?"

„Ich war joggen und habe unterwegs Taddl getroffen der mich übersehen hatte und mich mit seinem Longboard gerammt hatte", antwortete ich und setzte mich auf einen Hocker um die Wunde besser ansehen zu können.

„Oh man Taddl hat echt nie Augen im Kopf", ja da war ich ganz seiner Meinung. Ich schenkte mir ein Glas Orangensaft ein und stürzte es auf einmal herunter.

„Willst du mit zum Bäcker kommen?", fragte mich Jan und zog sich seine Hose an, die auf Sofa lag.

„Nee sorry ich geh duschen aber wäre nett wenn du mir ne Brezel mitbringen könntest", bat ich ihn.

„Klar", lächelte Jan und ging die Treppen herunter. Paar Sekunden später fiel die Türe ins Schloss und es war wieder ruhig. Jan schien echt nett zu sein und mit ihm konnte man sich wenigstens normal unterhalten.

Als ich dann in der Dusche stand, überlegte ich mir was ich heute so machen könnte. Erst einmal werde ich Caro anrufen, schließlich hatte ich seit gestern nichts mehr von ihr gehört. Dann werde ich Marks Jacke ihm vorbeibringen und danach musste ich noch auf Biologie lernen. Darüber werde ich morgen eine Arbeit schreiben und hatte es durch den ganzen Umzug total vergessen. Ich seufzte und wickelte ein Handtuch um mich und stieg wieder aus der Dusche.

Another kind of love (Taddl)Where stories live. Discover now