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,,Ich wusste nicht, dass du eine Brille trägst."
Ich sah auf und erkannte Miguel, als er in die Schulbibliothek reinspazierte.
,,Was weißt du schon über mich", gab ich knapp zurück. Es waren schon 10 Minuten vergangen seit der abgemachten Uhrzeit aber immerhin war er noch gekommen. Er setzte sich zwei Stühle weiter weg hin und lehnte sich nach hinten.
Ich verdrehte die Augen und seufzte. ,,Du nervst."

Miguel verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich spöttisch an.
,,Beeindruckend."
,,Was ist jetzt bitte beeindruckend!?"
,,Dass du so mit mir redest."
,,Was hast du erwartet? Dass ich mich in der Ecke verkrieche?"
,,Eventuell."

Ich seufzte geschaffen auf und sah ihn auffordernd an.
,,Du kannst ruhig näher kommen. Ich beiß nicht", sagte ich angestrengt und wartete auf seine Reaktion.
Nicht mal Lia war so anstrengend.
Und ehrlich gesagt hatte ich nicht erwartet, dass er aufstehen würde und sich direkt neben mich setzten würde.

,,Chica, Chica.", murmelte er und ließ sich neben mir nieder.
,,Cosima", brachte ich monoton raus.
,,Was?"
,,Für dich nur Cosima. Nix Chica Chica. Klar?"
Unbeeindruckt sah er mich an und machte mal wieder deutlich, dass wir ja eigentlich nichts miteinander zutun hatten und nur diese unnötige Nachhilfe es dazu gebracht hatte.

,,Also, du kannst jetzt gerne deine Sachen rausholen", sagte ich auffordernd.
,,Fang du schon an", gab er befehlerisch zurück und ich sah ihn stirnrunzelnd an. Ich glaube ich sollte mal eine ernste Konversation mit ihm anfangen.

Ich drehte mich zu ihm und sah ihn sauer an.
,,Ich weiß ja nicht was dein Problem ist, aber ich habe dir schon letztes Mal gesagt, dass ich nicht scharf drauf bin deine Noten zu verbessern. Ich muss dir Nachhilfe geben damit du mal in Mathe vorankommst. Warum sitzt du dann hier und schindst mir die Zeit wenn du die Nachhilfe nicht ernst nimmst und mir nicht zuhörst?!"
Ich beseitigte meine Haare vom Gesicht und wartete auf seine Reaktion.

Er grinste verschmitzt.
,,Beeindruckend."

Ich blickte ihn verstört an.
,,Was ist jetzt wieder so beeindruckend! Gott!"
Energisch wandte ich mich von ihm ab und schlug mein Matheheft auf.
Ich könnte ihm direkt ins Gesicht schlagen. Ich könnte ihn erwürgen. Ich könnte ihm die Eier kaputtschlagen. Ich könnte ihm die Augen auskratzen! Ich könnte noch so vieles mit ihm anstellen!

Vom Augenwinkel merkte ich, wie er aus der Liegestuhlposition in die normale Sitzposition kam und endlich mal ein Block herausnahm.

Na ging doch.

Ich schlug mein Mathebuch auf und legte es zwischen uns, denn er hatte mal typisch wieder nichts dabei.

Als ich kurz zu ihm blickte merkte ich, dass er mich ansah.
,,Was ist?", wollte ich wissen.
,,Was soll sein, Chica."
,,Cosima. Die Konversation hatten wir vor 5 Minuten schon", erinnerte ich ihn und wandte mich wieder von ihm ab.
Er murmelte etwas, was sich gar nicht nach Englisch anhörte, doch ich ließ mich davon nicht beirren.

,,Also, hast du das Thema letztens überhaupt verstanden? Aus der letzten Nachhilfestunde vorgestern?", fragte ich und blätterte im Buch die Seiten um ehe ich ihn fragend ansah.
Er nickte nur leicht.
,,Du hattest mir nichtmal zugehört", gab ich verdutzt zurück.
Jetzt sah er mich an. ,,Das kam dir vielleicht so vor."

Aber sicher doch. Weil er ja nicht derjenige gewesen war, der zig mal sein Maul ausreißen musste weil er gähnen musste und dann einfach sein Handy rausgefischt hatte.

,,Wenn du meinst", meinte ich bloß. ,,Dann erkläre ich dir-"
Ich nahm neben mir seine schnelle Bewegung wahr und drehte mein Kopf abrubt in seine Richtung. Er hatte sein Handy in der Hand und starrte fast schon geschockt drauf.
,,Alles okay?", traute ich mich zu fragen und wollte in sein Handy schielen, doch er steckte es eilig in die Hosentasche.

,,Fuck! Mierda!", fluchte er und stand eilig vom Stuhl auf. Ich sah ihn einfach völlig planlos an und sah ihm dabei zu, wie er nach seinen Sachen griff.
Dann blieb sein gestresster Blick bei mir hängen.
,,Nächstes Mal", sagte er nur knapp und schon verschwand er.

Fassungslos blickte ich ihm nach.
,,Echt jetzt!", rief ich frustriert und warf mich in die Lehne.
So langsam kam ich mir neben ihm wirklich blöd vor.
Erst ignorierte er die ganze Stunde und jetzt verpisste er sich einfach, weil etwas anscheinend viel wichtiger war. Ich könnte darauf wetten, dass er nur so getan hatte als wäre was los, nur um mich zu verarschen.

,,Ich drehe dem noch irgendwann den Hals um", sprach ich bissig meine Drohung aus und packte energisch alles wieder in den Ranzen.
Jetzt konnte ich eine ganze Stunde auf die U-Bahn warten!
Oder ich lief nach Hause. Anstatt auf die Bahn zu warten und den Arsch abzufrieren würde mir wenigstens beim Laufen warm werden.

Ich schlüpfte in meine Jacke und verließ die Schule. Während ich den Weg nach Hause einschlug nahm ich mein Handy aus der Jacke und rief Tami an. Bei ihr würde ich jetzt die ganze Frust rauslassen. Relativ schnell nahm sie ab.

,,Hey Tami."
,,Hey, ich dachte du musst Nachhilfe geben. Oder verstehst du auch gerade nichts und brauchst mich?"
Ich verdrehte die Augen.
,,Wenn dann könnte ich dich als Boxsack benötigen, denn der Junge geht mir langsam auf den nicht vorhandenen Sack!"
Ich hörte Tami lachen und Seufzen.
,,Also okay, du gibst gerade kein Unterricht. Das habe ich verstanden. Was ist los?"
Ich fuhr mir durch die Haare.
,,Der hat sich einfach verpisst. Einfach so. Ich glaube der denkt, dass ich freiwillig von meiner Freizeit für ihn opfere. Ich fasse es einfach nicht. Ich fress irgendwann noch nen Besen wegen ihm! Und hör gefälligst auf zu lachen, sonst komm ich noch bei dir vorbei", murrte ich und bog in die nächste Straße.

,,Ist ja gut. Ich glaub du musst ihm mal zeigen wer der Boss ist. Der kann dich nicht ernst nehmen. Wenn du willst helfe ich dir gerne dabei", amüsierte sie sich.
,,Ich werde noch irgend- warte mal."

Ich schloss kurz die Augen und lief die drei Schritte zur Kreuzung wieder zurück. Meine Augen bestätigten mir, dass ich nicht falsch war. Da stand tatsächlich Miquel!

,,Hey! Cos? Bist du noch da?"
,,Ich ruf dich nachher an.", gab ich finster zurück und legte auf.
Tief einmatend lief ich auf ihn zu und als er mich ebenfalls sah verfiel seine emotionslos Miene und er sah mich perplex an.

So ein Schlingel

In deinem SchattenWhere stories live. Discover now