Kapitel 27: Intervention

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Hermione wohnt zum ersten mal den Spielen bei.

***

Das Kleid war tolerierbar.

Eng, aber tolerierbar, weil es lange Ärmel und einen sittsamen Spitzenausschnitt hatte, der ihren Hals umrahmte. Natürlich war es zu lang, wie zu erwarten war. Das gute Völkchen in Givenchy hatte es offensichtlich für große, statuenhafte Frauen geschaffen, die zu achtzig Prozent aus perfekten Beinen bestanden. Oder für Meerjungfrauen. Während das Gewand aussah, als wäre es so zart wie ein Taschentuch, war es doch robust und fest zusammengenäht, was ein glücklicher Zufall war, weil die kurze Schifffahrt zum Spieleschiff, von einem Wetter begleitet wurde, das sich wie ein herannahender Orkan anfühlte.

Eine kleine, ernst aussehende Frau war kurz nach Amarovs Besuch in Hermiones Zimmer geführt worden. Sie hatte ein kleines Make-Up-Köfferchen dabei gehabt. Leider sprach sie kein Englisch, aber es schien so, als wäre es nicht nötig mit ihr zu reden. Es war obszön, wie eine Puppe hergerichtet zu werden, wenn man ihre Lage in Betracht zog, ganz zu schweigen davon, dass dies alles in Vorbereitung des Grauens von Amarovs Spielen geschah. Hermione war nicht daran interessiert ihr Spiegelbild zu betrachten, aber erhaschte doch ein paar Blicke von den vielen sich spiegelnden Oberflächen, welche die opulenten Korridore des Schiffes zierten.

Wie vermutet, dass sie aussah wie ein kleines Mädchen, das versuchte, sich in der Kleidung ihrer Mutter glamourös hübsch zu machen.

Der Vollmond wurde dann und wann durch die über sie hinwegrollenden, rauchgrauen Wolken sichtbar, deren Umrisse immer wieder von grellen Lichtblitzen umspielt wurden. Glücklicherweise hatte es noch nicht angefangen zu regnen. Hermione hasste den Pelzmantel, aber er hielt sie von ihrem Kinn bis zu ihren Knöcheln warm. Sie konnte dieses Mal ihr Haar genauso gut lose tragen, denn keine Hochsteckfrisur hätte diesen Wind überlebt.

Amarov war ihr stiller und ernster Begleiter. Hermione fragte sich, ob die Düsterheit die ihn umgab, eine Form der Pietät gegenüber den Spielen darstellte. Wenn dem so war, musste er sie wirklich als notwendiges Übel betrachten. Als sich der gesamte Wahnsinn vor ihnen offenbarte, suchte Hermione die Sicherheit der Wachen und des Gefolges, das sie begleitete. Diese schienen hauptsächlich unbeeindruckt von allem zu sein - plapperten, lachten und einige waren ganz offensichtlich besoffen. Amarov tadelte seine Kameraden ganz offensichtlich nicht - er sah sie nicht einmal missbilligend an, aber es war klar, dass er an diesen Festivitäten nicht auf die gleiche Art und Weise teilnehmen würde. Er trug immer noch den gleichen Anzug, in dem sie ihn vorher gesehen hatte, auch wenn er inzwischen eine weiße Seidenkrawatte, ein silbernes Einstecktuch und Manschettenknöpfe in der gleichen Farbe hinzugefügt hatte.

Auf den warmen Blick der Wertschätzung, den er ihr zugeworfen hatte, als sie aus ihrem Zimmer gekommen war, hätte sie allerdings verzichten können. Trotz allem hatte sie den Arm, den er ihr entgegengestreckt hatte, tatsächlich benötigt, um die Balance auf ihren Highheels zu halten. Er kommentierte nicht, dass ihre Knöchel aus Gummi zu sein schienen. Tatsächlich kommentierte er wirklich gar nichts, was eine Erleichterung war, weil mit ihm zu plaudern, wirklich das Letzte war, das sie tun wollte.

Es war ein kurzer Trip zu Louis Renaulds Schiff, welches euphemistisch, das Spieleschiff genannt wurde. Das Schiff des fetten Franzosen, das einst ein Handelsschiff gewesen war, überwachte alles, was an Amarivs schwimmender Stadt so falsch war. Menschliches Verhalten war auf die makaberste Art, wirklich faszinierend, dachte Hermione, als eine Welle tiefgreifender Trauer über sie hereinbrach. Klare Parallelen zu historischen Kriegsgräuel drängten sich ihr auf.

Hier wurden Zaubergefangene unter unmenschlichen, elenden Umständen eingesperrt. Hier wurde auch Amarovs Vorrat an Zombies gehalten, der für die Spiele benutzt wurde und manchmal auch für die Experimente in den Laboren. Und wenn man sich diesem Fakt nicht schon vorher bewusst gewesen war, wurde man sich ihm gewahr, sobald man die niedrigeren Decks des Fahrzeugs betrat. Dieser Ort roch nach Tod. Keinem wirklich friedlicher Tod, sondern die Art, die taumelte, unbarmherzig in seiner Jagd nach den Lebenden.

Liebe in der Zeit einer Zombie ApokalypseWhere stories live. Discover now