-auf Standby-

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Die nächste Woche raffte ich mich sogar auf, in die Schule zu gehen, da ich so wenig Verdacht bei allen schöpfen wollte, wie nur möglich.

Alle sollten ruhig glauben, dass mich die Sache mit Brooke so sehr belastete, mehr brauchten sie nicht zu wissen und auf Caine war wie immer Verlass.

Meine Energie hatte ich nicht zurückgewonnen, also zog ich auch heute wieder eine Line vor der Schule, schließlich würde ich mich sonst nach jeder dieser unzähligen schlaflosen Nächte nicht aufraffen können.

Es war ein Freitag. Heute Abend wollte mich Caine auf diese Party bringen. Schon die ganze Woche hatte er mich gezwungen mit ihm irgendwelche Sachen zu unternehmen.

In gewisser Hinsicht war ich aber ziemlich dankbar, dass er sich so viel Mühe mit mir gab. Sonst gab es ja da niemanden mehr.

Meinen Vater hatte ich eine halbe Ewigkeit nicht zu Gesicht bekommen, weshalb ich aber keinesfalls bezweifelte, dass er von dem Unfall erfahren hatte. Mit Sicherheit scherte er sich einen Dreck darum und eine Beerdigung würde er deshalb sicher nicht finanzieren.

Eben ein geiziger alkoholabhängiger Wichser ohne Empathie, der auch gleichzeitig mein Erzeuger war.

„Du siehst scheiße aus!", begrüßte mich Caine besorgt und schaute mir prüfend in die Augen.

„Dir auch einen guten Morgen.", wich ich seiner Andeutung aus und wandte den Blick ab.

Mein Gehirn schaltete immer auf Standby, wenn ich auf Koks war und übernahm nur noch die motorischen Funktionen wie laufen und sprechen.

Dennoch war ich ziemlich dankbar für die Taubheit, weil ich so jeglichem Schmerz entkommen konnte, der mich nüchtern quälte.

Während Caine und ich uns auf den Weg zur ersten Stunde machten, kamen wir Ellison entgegen. Wie an jeden Tag davor nickten wir uns nur kurz anerkennend zu. Der Kontakt hatte sich durch meine Distanz und ihre neue Beziehung soweit zurückgestellt, dass sie mir nicht mal mehr Nachhilfe gab.

Doch es sollte mir unter den Umständen recht sein. Ich hatte sowieso keinen Nerv für die Schule mehr.

Wahrscheinlich würde ich auch meinen Abschluss nicht mehr schaffen.

„Heute Abend Party!", kündigte Caine an. „Bis du bereit dafür?"

Er betrachtete mich prüfend von der Seite, weshalb ich einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck auflegte.

„Klar doch!", bestätigte ich, wobei ich demonstrativ einen Mundwinkel hochzog.

Der Schultag zog sich wie immer in die Ewigkeit und ich fragte mich zum millionsten Mal in dieser Woche, warum ich nicht doch einfach abbrach.

Ohne meine Dosis Brooke, die ich normalerweise an Freitagen dreifach bekam, gab für mich nichts mehr wirklich Sinn.

Mein Leben war ein reißender Fluss, während ich am Ufer stand und aufs Wasser starrte.

Vor dem Abend musste ich nochmal eine Line ziehen, damit ich Energie für die Party hatte. So langsam wurde es vielleicht mal Zeit die Dosis zu erhöhen.

Aufgeputscht stieg ich zu Caine in den Wagen und wir düsten zur Party.

Das Haus hatte ich davor noch nie gesehen, ich wusste nicht einmal, wessen Feier es überhaupt war und um ehrlich zu sein, kümmerte es mich wenig.

Es ging mir nur darum mich abzulenken.

Wir wurden wie immer anstarrt, als wir drinnen ankamen. Caine begrüßte einige Leute, ich machte mich direkt daran, die Bar zu finden.

Mein Mauerblümchen Where stories live. Discover now