-Scham-

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Bei meinem Gespräch mit Ellison war mir klar geworden, dass ich eigentlich gar keinen Grund hatte, wütend zu sein. Weder auf Brooke noch auf Mason, denn keiner von denen ging mich etwas an.

Sollten sie doch rummachen.
Mir doch egal. Das konnte ich ja auch.

Verona hatte recht gehabt, ich war armselig, also wurde es Zeit einfach drüber hinwegzukommen.

Jetzt saß ich mal wieder mit Ellison in der Bibliothek und machte Mathe Nachhilfe.

Dabei beobachtete ich sie ganz genau. Was, wenn ich doch dazu im Stand war Gefühle zu entwickeln.

Sie tat mir gut, wie niemand sonst und in ihrer Nähe fühlte ich mich gut. Es war ein Entkommen von meinem schrecklichen Alltag.

Mein Blick ging von ihren gesenkten braunen Wimpern zu ihren geschwungenen Lippen. Sie formten sanft die Worte, die sie sagte, doch ich bekam keinen Ton davon mit.

Aus reinem Instinkt legte ich die Finger an ihren Kinn, um ihn anzuheben. Verwirrt sah sie mich an, doch dann hatte ich ihr auch schon sanft meine Lippen an die Mund gelegt.

Erst verhielt es sich ganz zart und herantastend, doch dann wurde es intensiver.

Keine Frage, das vertraute Gefühl gefiel mir gut. Das alles fühlte sich sehr gut an, ob es sich aber auch richtig anfühlte, konnte ich nicht genau sagen.

Doch ich genoss einfach den Moment, während ich mich noch weiter vorbeugte.

Es blieb alles sehr verhalten.
Meine Finger blieben an ihrem Kinn und meine andere Hand verschränkte sich mit der ihrer.

Sie umklammerte noch immer das Mathebuch. Als sie davon abließ und die Hand auf meine Schulter legte, knallte es zu Boden.

Eine Weile ging es einfach so, bis es auf einmal klingelte. Langsam lösten wir uns voneinander und ich ließ die Stirn gegen ihre sinken.

Einen Moment sahen wir uns benommen an, bis sie plötzlich aufsprang, ihren Rucksack schnappte und ohne ein Wort davon stürmte. Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?

Gequält verzog ich das Gesicht.

Als ich endlich wieder fähig war, mich zu rühren, packte ich ihr vergessenes Mathebuch vom Boden in meine Tasche und verließ die Bibliothek ebenfalls.

Weder sie noch Brooke bekam ich bis zum Schulschluss zu Gesicht.

Caine stand auf dem Parkplatz mit Alec zusammen und sie unterhielten sich angeregt.

Als sie mich kommen sahen, wurden sie still.

„Hört auf immer zu verstummen, wenn ich komme.", beschwerte ich mich und fuhr mir entnervt durch die Haare.

„Wir haben nur darüber geredet, dass Brooke die Mittagschule geschwänzt hat - sehr untypisch.", erklärte Alec vorsichtig. Er schien noch betrübt von den jüngsten Ereignissen.

„Was ist jetzt mit euch?", hakte ich schließlich nach.

Alec warf Caine einen Blick zu und sagte dann: „Keine Ahnung. Ich glaube es ist vorbei."

Mein Mauerblümchen Where stories live. Discover now