-nach dem Piep-

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¡TW!

Eine ganze Zeit lang stand ich so da, jede Sekunde bereit den Abzug zu drücken und dennoch tat ich es nicht.

Meine freie Hand wanderte an jene Jackeninnentasche, in der sich Mona's Feder befand und ich war unfähig mich zu bewegen.

Wie eingefroren saß ich da, eine Ewigkeit lang, bis ich irgendwann den Arm kraftlos sinken ließ und auf die Knie fiel.

Mein Schrei erschütterte mich selbst bis ins Mark, bevor ich dann nach hinten umkippte und im Sand liegen blieb.

Mein Herz klopfte so schwach, dass ich beinahe glaubte, es schlüge überhaupt nicht mehr, indes mir sie Tränen übers Gesicht rannen.

Wie viel Schmerz konnte ein Mensch ertragen, bevor er daran zerbrach?

Die Knarre hatte ich eigentlich immer als Absicherung gesehen, um - sollte es je so weit kommen - sie gegen meinen Vater einzusetzen. Schließlich hatte er keine Ahnung, dass ich von ihrer Existenz wusste.

Doch ich hatte es nie getan.

Jetzt hatte ich sie dazu benutzen wollen, um mein eigenes Leben zu beenden, doch in mir sträubte sich noch etwas dagegen. Die Frage war nur was?

Mein Leben hatte keinen Sinn mehr, also wieso sollte ich weiter hier bleiben? Es gab keinen Grund!

Ich hatte meine erste Liebe verloren, ebenso wie ich meine Mutter und Schwester getötet hatte. Also konnte ich genauso gut auch mich selbst umbringen.

Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche. Mein Bauchgefühl zwang mich nachzusehen.

Caine's Nummer erschien auf dem Display.

„Wo bist du? Ich versuche schon seit ein paar Stunden zu dir durchzudringen. Man, ich dachte schon, dir sei was passiert!", platze er hervor, sobald ich auf annehmen geklickt hatte.

Obwohl ich mich räusperte, kam nur ein kratziges Raunen aus meiner Kehle.

„Sorry."

„Das ist alles?", fragte mein Kumpel empört. Einen kurzen Augenblick folgte Stille. „Wo bist du?"

„Am Strand.", antwortete ich wahrheitsgemäß. „Diese private Bucht."

„Rühr dich nicht, ich komme zu dir." Dann legte er einfach auf.

Wahrscheinlich hatte er mich gerade vor dem sicheren Tod bewahrt, doch das würde er wohl nie erfahren, denn als er nach einer Viertelstunde eintraf, stand ich bereits an meinem Motorrad und hatte die Knarre sicher in einer der Seitentaschen verstaut.

„Was ist passiert?", wollte Caine nun wissen und leuchtete mir mit seiner Handylampe direkt ins Gesicht. Mein Zustand war mir bestimmt anzusehen.

„Also das mit Brooke hast du bestimmt mitbekommen, aber als Krönung sind noch meine Schwester und Mutter auf dem Weg nach Jensen Beach mit dem Auto verunglückt."

Erst zuckte ich mit den Achseln, um das ganze so cool wie möglich rüberzubringen, doch ich konnte nicht verhindern, dass mir die Tränen brennend in die Augen schossen und wieder übers Gesicht zu strömen begannen.

Ich drehte mich vom Lichtkegel weg, doch Caine machte nun sowieso die Taschenlampe aus, um mich in eine feste Umarmung zu ziehen, in der ich dankend versank.

Vielleicht war ich doch nicht ganz hoffnungslos allein.

*
Am nächsten morgen wachte ich neben Caine in seinem Bett auf.

Er hatte darauf bestanden mich mit zu sich zu nehmen, um mich im Auge zu behalten und für mich da zu sein.

Ganz ehrlich? Vermutlich brauchte ich es mehr, als ich mir eingestehen konnte. Mein Gewissen schrie nämlich wiederholt, dass ich keinerlei Zuwendung verdienen würde und ich glaubte dieser inneren Stimme, weil sie so laut war.

Mein Mauerblümchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt