Chapter twentyseven

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jetzt,
Juli

„Alles ist fertig, oder?", frage ich Lily, zur Sicherheit.

Sie nickt einmal. Sie wirkt gestresst.
Alex soll heute aus dem Krankenhaus entlassen werden. Da er allerdings auf Unterstützung angewiesen ist, wohnt er vorübergehend bei Lily und mir. Er kann nur sehr schwer und mit viel Unterstützung laufen und hat eindeutig an Muskeln in den Beinen verloren, sodass er die Kraft nicht mehr hat, sich alleine auf den Beinen zu halten. Anfangs war Alex nicht sonderlich begeistert, dass er betreut werden muss, aber er hat nunmal keine andere Wahl. Das einzig positive an der Sache ist, dass er und Lily jede freie Sekunde miteinander verbringen können.

„Können wir dann los?"

„Hey, warte kurz. Ich wollte noch etwas ansprechen.", beginne ich vorsichtig. Ich denke über meine kommenden Worte nach und versuche, sie weise zu wählen. Lily blickt mich abwartend an. „Wegen Alex.", meine ich. „Ich habe da ein wenig recherchiert und habe gelesen, dass man psychologische Hilfe auch veranlassen kann, wenn die Person stark gefährdet ist."

„Du willst..." Lily ist sprachlos. „Du willst ihn einweisen lassen?", ruft sie empört. „Bist du verrückt?"

„Nein, ich will nur sagen, dass er Hilfe braucht. Professionelle. Wir können alles tun, aber es wird ihm nicht helfen. Das musst du doch einsehen, oder?"

Sie zögert kurz, nickt dann aber. „Du hast ja recht.", meint sie. „Aber wie hast du dir das bitte vorgestellt?"

„Na ja, ich dachte, dass wir ihm sagen, dass er sich Hilfe suchen muss, bevor wir sie veranlassen."

„Du willst ihm drohen?", hakt Lily entsetzt nach.

„Wenn du das so ausdrücken willst.", entgegne ich. „Dann halt drohen." Ich seufze schwer. „Hör zu, ihm kann man nicht anders helfen. Alex hat da eine Idee im Kopf, die er alleine nicht los wird. Er braucht Hilfe!"

Lily schluckt hart. „Na gut." Sie hält kurz inne, bevor sie weiter ansetzt zumsprechen. „Ehrlich gesagt, Jane... Dass er diesen Gedanken im Kopf hat, dass er Schuld sei, ist auch der Grund, wieso es immer auf und ab mit uns ging.", erzählt sie. „Ich wusste natürlich nicht, dass Josh sich vor ihn geworfen hat, ich dachte immer, dass er das einfach nur denkt, weil er dabei war, aber... Himmel, ich hatte ja keine Ahnung, Jane!" Natürlich ist das nicht einfach für sie. Aber Lily hat die ganzen drei Jahre versucht, für Alex da zu sein. Er hat sie zwar nicht gelassen, aber wenigstens hat sie es versucht, während ich zu Hause mich selbst bemitleidet habe.

„Ich weiß", sage ich sanft und nehme meine Freundin in den Arm. Sie schnieft und lässt sich für einige Sekunden von mir in den Arm nehmen, bevor sie sich wieder zurückzieht, ihre Tränen trocknet und tief durchatmet.

„Sorry", entschuldigt sie sich. „Ich schätze, ich fühle mich schlecht, weil ich es besser wissen hätte müssen. Ich hätte es ahnen sollen, irgendwas. Aber ich war blind."

„Lil, du konntest das nicht wissen. Das hätte niemand.", versuche ich ihr klar zumachen. „Alex hat diese Erinnerung eingeschlossen. So lange, bis es nicht mehr ging, weil es ihn mehr und mehr zerfressen hat. Er hat sie eingesperrt, sodass niemand auch nur auf so eine Idee gekommen wäre. Gib dir nicht die Schuld, Lil. Bitte. Du kannst nichts dafür. Genauso wenig, wie er."

Abrupt schlägt sich Lily die Hand vor den Mund. Sie würgt. Darauf rennt sie blitzschnell Richtung Badezimmer.Alles, was ich höre, sind Würgegeräusche. Übergibt sie sich etwa?

Ich folge ihr, sehe wie sie über der Kloschüssel hängt, worauf ich mir ihre langen, roten Haare schnappe und sie ihr aus dem Gesicht halte. Bei dem Geräusch, dass sie von sich gibt, wird mir glatt auch schlecht. Schlägt ihr das mit Alex etwa soauf den Magen?

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