Chapter fourteen

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jetzt,
Juni

Lily und ich sitzen in der Bar, seit einer guten Stunde. Es freut mich irgendwie, wieder raus zu kommen und mehr Zeit mit ihr zu verbringen, auch wenn wir gemeinsam wohnen. Meistens haben wir nicht die Zeit, gemeinsam zu essen, oder auch einfach nur vor dem Fernseher zu sitzen und irgendeinen Film oder Serie zu schauen.

Nun sitzen wir hier, trinken ein paar Drinks und unterhalten uns. Und das schöne ist, dass ich heute einfach mal meine Probleme ausschalten kann und mich mit meiner Freundin unterhalten kann, über Dinge, zu denen wir nie gekommen sind.

„Okay, wir sollten gehen.", beschließt Lily hastig. Sie wirkt nervös.

„Was? Warum?", hake ich verwirrt nach und sehe mich in der Bar um, ob dort jemand sitzt oder etwas ist, was ihr unangenehm ist.

„Schau nicht nach hinten, aber da..." Die Rothaarige stockt und versucht sich, hinter mich unbemerkbar zu machen. Vergeblich.

„Wer ist da?" Ich schaue trotzdem. Mein Mund klappt auf. „Nein!", entfährt es mir. „Das ist doch..."

Lily unterbricht mich schnell. „Sag es bloß nicht!"

„Blake.", sage ich trotzdem, halte mir danach sofort den Mund zu. „Oh, verdammt. Tut mir leid." Ich sehe sie entschuldigend an, doch Lily wirft mir einen vernichtenden Blick zu.

Dann dreht sie sich zur Bar um und spricht einen Barkeeper an. „Die Rechnung, bitte." Sie dreht sich schnell zu mir. „Halt die Stellung. Ich will nicht mit ihm reden müssen."

Und ich verstehe sie zu gut, dass sie diesen Vollidioten nie wieder sehen, noch sprechen will. Blake war einer der wenigen, zudem sie scheinbar eine ernste Beziehung hatte, doch nach drei Monaten Beziehung stellte sich heraus, dass er bereits verheiratet war und zwei Kinder hatte, die zu Hause auf ihn warteten. Lily war stinksauer, doch die Wut hielt nie lange genug an und sie glaubte ihm, als er ihr versicherte, dass es nun vorbei sei.
War es nicht. Es ging immer so weiter, Blake musste nur lange genug betteln.

Sie fand heraus, dass er verheiratet war, als sie nach ihrem ersten Streit vor seiner Haustür stand und ihr plötzlich eine Frau im Bademantel die Tür öffnete. Das ganze ist nun eine Weile her, aber ich kann verstehen, dass man diese Person nicht unbedingt wieder sprechen will.

„So, schnell raus hier." Lily greift nach meinem Handgelenk und zieht mich mit sich durch die volle Bar. Ich kann Blake nirgends wo mehr sehen.

„Oh!"

Aber natürlich. Natürlich muss er genau vor uns auftauchen. Natürlich müssen wir in ihn hinein rennen.

„Hey", haucht Lily. Man merkt, dass ihr das immer noch mächtig zusetzt.

„Lily", sagt Blake. Er müsste jetzt dreißig sein und sieht immer noch wunderschön aus. Das muss sogar ich zugeben. Seine makellose, dunkle Haut strahlt förmlich und seine dunklen Augen strahlen Lily förmlich an. „Schön dich zusehen. Wie geht es dir?"

Lily bringt kein Wort hinaus.

„Gut.", antworte ich für sie. „Wir müssen dann auch los, haben es eilig."

Doch bevor ich Lily mit mir ziehen kann, spricht Lily. „Und dir?"

„Ja, alles gut soweit.", entgegnet er. „So gut es einem gehen kann, nach einer Scheidung."

Ich glaube das nicht. Das hat er extra gesagt, natürlich muss er das mit einbringen. Es geht nicht anders. Natürlich nicht.

Und dann beginnt mein Handy zu klingeln. Ich will nur einen kurzen Blick drauf werfen, will gucken, wer es ist, aber...

Alex ruft mich an. Also hebe ich ab und drehe mich um.

„Hi, was ist?", komme ich direkt zum Punkt.

„Hey Jane, ich, äh... Du musst unbedingt vorbei kommen. Es ist dringend."

„Okay.", antworte ich und lege wieder auf. Ich denke nicht nach. Habe fast unseren Streit vergessen, vor ein paar Wochen. Ich konzentriere mich zu sehr darauf, Lily von Blake weg zu bekommen.

Ich stupse Lily an. „Hey Lil? Wir müssen wirklich dringend los. Es ist ein Notfall, Alex..."

„Alex?", wiederholt sie. „Das geht mich nichts an. Ich glaube, ich bleibe noch was. Sag ihm, ich treffe mich mit einem alten Freund." Blake lächelt darauf.

„Nein, er..." Ich kann sie auf keinen Fall alleine mit diesem Mann lassen.

„Schon gut, Jane. Bis später.", meint sie schnippig und verschwindet mit Blake in der Menge. Ich weiß, es ist sinnlos, sie suchen zu gehen und sie mit mir zu schleifen und ich verfluche mich dafür, dass ich es erst gar nicht versuche.

„Bitte verzeih mir, Lily.", flüstere ich mir selbst zu und laufe aus der Bar, um mich auf den Weg zu Alex zu machen

•••

Ich traue meinenAugen nicht, als ich das Wohnzimmer von Alex betrete. Ich bin nicht die Einzige, die Alex angerufen hat.

„Linda...", entfährt es mir. Meine Mundwinkel fallen nach unten. Ich verstehe nun nichts mehr. Wieso sitzt meine Schwiegermutter hier?

Verkrampft lächelt sie mir zu, steht auf und nimmt mich in den Arm. Vorsichtig erwidere ich ihre Umarmung und lächele ihr zu.

„Hallo Jane.", begrüßt sie mich. „Ist es dumm, dich zu fragen, ob alles gut ist?"

„Eigentlich schon." Ich schmunzele. Linda tut es mir gleich.

„Mir geht es genau so.", sagt sie dann. Sie versteht mich gut und ich glaube, mir hat das gefehlt.

Linda ist im Gegensatz zu mir, völlig alleine. Josh's Vater hat sie verlassen, als er erfuhr, dass sie schwanger war und war in der selben Nacht über alle Berge. Eltern gibt es nicht mehr und ihr einziges Kind ist tot. Aber mich hat sie um Abstand gebeten, um keinen Kontakt.

Wir nehmen alle drei Platz. „Aber..." Ich halte inne. „Was... Ich bin wirklich froh, dich zu sehen. Ja, wirklich. Aber... Was machst du hier?", frage ich vorsichtig und sehe Alex fragend an.

„Nun, ich fand es wichtig, dass ihr beide anwesend seid.", beginnt er. „Zunächst einmal, das hier ist rein privat, okay? Das darf niemals diese Wohnung hier verlassen, ist das klar? Wenn rauskommt, dass ich euch das gesagt habe, bin ich meine Marke los." Ich hole tief Luft, nicke aber. Linda tut es ebenso.

„Ich habe gewisse Informationen, die ich euch nicht vorenthalten kann. Becca weiß bescheid, sie hält dicht, ist aber kein großer Fan dieser Aktion.", erklärt er.

Linda und ich tauschen einige Blicke aus. „Was weißt du, Alex?", frage ich dann.

Er holt tief Luft. Hat er etwa...?

„Wir haben das erste Gesicht." Alex hebt seine Hand und holt aus seiner Arbeitstasche einen Umschlag heraus. Er hält ihn uns hin.

„Gesicht?", hake ich nach. „Etwa von..."

Alex weiß, was ich meine. „Genau, wir haben ihn.", sagt er.

Bevor ich etwas tun, oder sagen kann reißt Linda ihm den Umschlag aus der Hand und reißt ihn auseinander. Es kommt ein Foto hinaus, dass sie sich als erste anschaut.

Mein Herz explodiert gleich. In wenigen Sekunden werde ich wissen, wer meinen Ehemann getötet hat. Nach drei, langen Jahren der Ungewissheit und Qual. Ich werde wissen, wer so etwas tun konnte und noch immer frei rumläuft.

Ich werde es erfahren.
Gleich.

Linda beginnt bitterlich zu weinen. So habe ich sie nicht einmal auf der Beerdigung erlebt. Frustriert schmeißt Linda das Foto auf den Tisch, sodass ich das Gesicht darauf gut erkennen kann.

Ich sehe es mir an.
Sehe es mir...
Sehe es...
Sehe ihn.

„Alex, wer ist das?", fragt Linda.

„Sein Name ist Jason Mendez.", sage ich, statt Alex.

Your Ghost Where stories live. Discover now