Chapter seven

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jetzt,
Juni

Neue Hoffnungen im Fall: Detective Joshua Whitaker! Zu unserer Überraschung steigt der ehemalige Partner der Opfers wieder in die Ermittlungen mit ein. Relish und seine Partnerin Stone sind fest entschlossen, den Fall zu lösen und ermitteln fast rund um die Uhr."

Bevor ich überhaupt realisiere, dass mir schlecht wird, habe ich schon den Browser geschlossen, in dem ich erneut auf einen dämlichen Artikel geklickt habe, und schalte mein Handy an, um Alex's Nummer zu wählen.

Ich bin wütend. Und zwar richtig.

Unsere letzte Konversation, die nicht sonderlich friedlich ausgegangen ist, ist mittlerweile zwei Wochen her und bis heute haben wir kein Wort mehr miteinander kommuniziert. Es ist nichts neues, da wir an einem Punkt waren, wo wir drei Jahre lang nicht mehr miteinander gesprochen haben. Doch jetzt, wo Alex wieder drastisch in meinem Leben aufgetaucht ist, bringt es mich durcheinander und macht mich wütend. Dass er mir plötzlich erzählt, dass er heimlich ermittelt und jetzt wieder offiziell einsteigt.

Ich verstehe nicht, wie ihn sein Boss das überhaupt tun lässt. Keine Ahnung, ob das stimmt, aber ich meine, dass wenn es persönlich wird, man sofort raus aus den Ermittlungen ist. Einmal wurde Linda, Josh's Mutter, auf offener Straße ausgeraubt und sofort, nachdem rausgekommen ist, dass Linda seine Mutter war, ließen sie Josh nicht weiter suchen. Er war raus. Wieso Alex dieses mal nicht? Man kann diese Dinge nicht vergleichen, aber trotzdem.

Dann wähle ich, ohne nachzudenken Alex's Nummer. Es klingelt ein paar Sekunden, bevor er abhebt. „Hallo?"

Nichts hält mich auf. Nichts und niemand. Denn ich bin alleine im Raum. „Wie kannst du das tun?", schreie ich. „Huh? Wie kannst du dich öffentlich, erneut in solche Gefahr begeben? Ich verstehe dich nicht, wirklich nicht. Damit machst du rein gar nichts besser, es macht alles nur noch schlimmer. Sie wissen, wer du bist und was du tust. Sie wissen, dass du nah dran bist und in jener Nacht da warst! Was ist, wenn sie dich finden und dich verletzen? Oder sogar schlimmeres tun?", rufe ich wutentbrannt.

„Jetzt beruhige dich doch erst mal.", schneidet er mir ins Wort. „Ich bin wirklich sehr zuversichtlich und ich bin ja nicht alleine. Becca ist an meiner Seite. Mir wird nichts passieren. Willst du denn nicht, dass wir die Typen finden?"

„Aber natürlich will ich das!", erwidere ich laut. „Aber warum ausgerechnet du?", frage ich verzweifelt.

„Weil es meine Pflicht ist.", sagt er. „Ich habe alles gesehen und keiner kennt den Fall besser als ich, Jane. Und Becca ist mir eine große Hilfe."

Weil es meine Pflicht ist.

Er fühlt sich schuldig, ganz klar.

Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mir egal wäre, wenn ihm etwas passieren würde. Ich würde das nicht verkraften, das weiß ich ganz genau. Egal, ob wir im Moment Freunde sind, oder nicht. Egal, ob Alex mich in seinem Leben will, oder nicht. Und ich weiß, dass es ihm genau so geht, wie mir, aber in seinem Kopf ist viel zu sehr verankert, dass er schuldig ist. Dass es seine Schuld ist, dass sein bester Freund getötet worden ist.

Ich spüre, dass ich diesen Kampf verlieren werde und genau so gut, mit einer Wand reden könnte.

Also sage ich,"Denk einfach darüber nach."

„Ich lege jetzt auf. Bye, Jane."

Und er hat aufgelegt. Langsam lasse ich mein Handy auf den Wohnzimmertisch sinken und überlege, wie ich verhindern kann, dass ich kaputt gehe, bei dem Gedanken, dass Alex wieder ermittelt.

„Wer war das?", kommt es von hinten. Es ist Lily. Sie setzt sich neben mich und streicht mir über den Rücken.

„Alex."

„Alex?"

Ich nicke. „Wir haben uns getroffen."

„Was? Echt? Wann?"

„Vor zwei Wochen."

„Oh." Sie wirkt getroffen. Ich weiß nicht, ob sie je über ihn hinweg gekommen ist, aber aus den Beiden ist nie etwas geworden. Alex und Lily haben es nie ausgesprochen, aber sie können nicht leugnen, dass da mal was gelaufen ist. Es war offensichtlich. Und dann war es vorbei. Sie hat nie darüber geredet, bis heute nicht.
„Ist was zwischen euch vorgefallen?", will sie zaghaft wissen.

„Ja, wir haben uns angeschrien. Eben und... Vor zwei Wochen.", erzähle ich knapp. „Ich habe vor seiner Tür geheult.", füge ich hinzu.

„Ach du scheiße, tut mir leid."

Ich sehe zu ihr. „Du kannst nichts dafür, Lil." Ich erinnere mich an die Blumen, die Lily für Josh gepflanzt hat. „Und danke.", sage ich aufrichtig.

„Wofür?"

„Für die Blumen. Vor zwei Wochen, ich habe sie gesehen. Wirklich, danke."

Sie schüttelt den Kopf. „Ach, das mache ich doch gern. Sie sind bestimmt schon längst verwelkt."

„Höchstwahrscheinlich."

„Sollen wir neue pflanzen gehen?", schlägt Lily vor.

Ich nicke. „Gerne."

•••

Wir hocken vor Josh's Grab und pflanzen Blumen und gießen die Blumen in seinem Beet. Es bedeutet mir wirklich viel, dass Lily das für mich tut und ich glaube, sie weiß das. Noch nie hat eine Freundin in meinem Leben, so viel für mich getan und tut es noch, auch wenn ich manchmal nicht ich selbst bin. Dafür liebe ich sie sehr.

Wir sind fertig, wollen gerade gehen, als ich plötzlich ein bekanntes Gesicht entdecke. Wie war sein Name nochmal? Ja, Jason. Das ist Jason, er läuft über den Friedhof.

Dann blicke ich hinunter und entdecke ein kleines Mädchen an seiner Hand. Sie sieht ihm wie aus dem Gesicht geschnitten aus. Er hat ein Kind. Ein kleines Mädchen. Ich schätze sie auf vier Jahre alt. Und sie besuchen jemanden.

Lily bemerkt erst jetzt, dass ich stehen geblieben bin. Es ist kaum zu übersehen, dass ich starre.

Dann sieht er mich. Blickt zu mir hinüber, bleibt kurz stehen und winkt mir zu. Jason erkennt mich wieder.

Und dann gehen wir. Lily sagt nichts, zum Glück.

Your Ghost Where stories live. Discover now