Chapter sixteen

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jetzt,
Juni

Mit runzelnder Stirn scannt Alex meine Miene, während er vor dem Haus das Auto parkfertig abstellt. Er versucht, die richtigen Worte zu finden. Ich bin zu verwirrt, um etwas zu sagen. Von was hat Alex geredet? Was meint er? Ich verstehe nicht, worauf er hinaus will.

„Also...", setzt Alex neu an. „Du hast also nie einen bekommen?", hakt er nach.

Ich komme nicht hinterher, weiß nicht, wovon er da spricht. „Von was redest du da?"

Alex klappt die Kinnlade hinunter und reibt sich die Augen. „Ich wusste nicht..." Er stockt. „Ich dachte, du wüsstest..."

Ich werde wütend. „Sprich, Alex. Sprich.", fordere ich ihn auf.

Er schüttelt den Kopf. „Ich wollte dir keine Hoffnungen machen, wirklich nicht! Ich dachte wirklich, er hätte ihn geschrieben." Alex hält kurz inne, setzt mehrfach neu an, nur um dann noch einmal von neu zu beginnen. „Ich... Tut mir leid, ich beginne besser von vorne."

Auf einmal beginnt mein Herz doppelt so schnell zu schlagen, wie normal. Mir wird warm. Ich bin nicht vorbereitet, auf das, was Alex mir jetzt erzählen will. Er redet von einem Brief. Ich weiß nicht, was für einen. Ich verstehe nicht... Ich bin schlicht und ergreifend überfordert.

Mit allem.

Vor weniger als einer halben Stunde habe ich Jason das letzte mal gesehen und es verlief alles andere, als rosig. Er ist wütend. Und zwar richtig. Ich kann ihn dafür nicht verurteilen. Wie es Katie wohl geht? Sie hat schließlich mitbekommen, wie ihr Vater verhaftet wurde, wegen des Verdachts eines Mordes. Ob sie weiß, was ein Mord ist? Sie muss wissen, was der Tod bedeutet, denn sie weiß, dass ihr Onkel tot ist.

James.

Jason's Zwillingsbruder, der Josh umgebracht hat. Josh. Ich weiß nicht, was ich noch denken soll. Wie kann ich Mitleid für den Bruder des Mörders meines Ehemannes empfinden? Wie kann ich überhaupt positive Gefühle für ihn empfinden? Ich fühle mich schrecklich. Sie sind eine Familie. Jason und James. Sie sind Brüder, die sich anscheinend gut verstanden haben.

Verdammt, ich bin so eine schreckliche Person. Wie muss es sich anfühlen, wenn man erfährt, dass der eigene Bruder Menschen getötet hat? Ich denke an meinen eigenen Bruder, Jarod. Mit dem ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesprochen habe. Ich habe als Freundin, Ehefrau und Schwester versagt.

„Jane?"

Ich schrecke auf. „Ja, erzähl. Bitte."

Alex nickt heftig. „Du erinnerst dich... In der Nacht, in der Josh eine Kugel knapp verfehlt hat. Wie sie an ihm vorbei geprallt ist, meine ich. Er kam danach ins Krankenhaus, erinnerst du dich?"

Ich nicke. Zu gut erinnere ich mich an diese Nacht. Die Nacht, in der er mir versprochen hat, dass ihm nichts passieren wird. Nichts schlimmes. Er hat es geschworen. Und nun... Lebt er nicht mehr.

„Wie könnte ich das vergessen?", presse ich hervor.

Alex nickt wieder. „Er hat dir gesagt..."

„Ich solle mir keine Sorgen machen. Dass ihm nichts passieren wird."

Janie, ich verspreche dir, das wird nicht nochmal passieren.
Du weißt, dass du das nicht versprechen kannst...

„Hast du es je geglaubt?", fragt Alex mich nun.

Ich erstarre. „Was meinst du?"

„Das, was er dir versprochen hat." Er kann es nicht aussprechen. Dieses Versprechen. Alex wagt es nicht, diese Worte zu wiederholen.

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