Chapter five

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jetzt,
Mai

Eine Weile dauert es, bis ich mich wieder in den Griff kriege. Dann verlasse ich das Haus, in dem Alex wohnt und begebe mich auf den Heimweg. Die frische Luft tut mir gut und meine Wut auf Alex fährt sich so langsam hinunter.

Sie ist nicht ganz weg und das wird sie vielleicht auch nie, aber dafür würde ich ihn jetzt nicht anschreien. Es wühlt mich auf, dass ich ihn jetzt so plötzlich wieder gesehen habe und es so eskaliert ist. Wir haben noch nie gestritten. Und ich habe eigentlich auch nie erlebt, wie Alex und Josh sich gestritten haben. Diskussionen gab es immer und wird es auch immer geben, aber niemals wurde es so heftig, wie eben.

Schlagartig stocke ich und bleibe stehen. Ich kann meinen Blick nicht von der sich vor mir befindenen Bar nehmen. Hier war ich ewig nicht mehr und habe auch bewusst die Nähe dazu vermieden. Denn Grayson's ist die Bar, in der alles begonnen hat.

Ich zögere eine ganze Weile lang, Fußgänger schlendern an mir vorbei, alle haben ihr eigenes Leben und eigene Probleme. Und schließlich laufe ich in die Bar hinein. Als die Tür hinter mir zu geht, bleibe ich abrupt stehen.

Es hat sich nichts verändert. Überhaupt nichts. Die Holztische mit den Holzstühlen stehen an den selben Plätzen, die Dekoration auf den Tischen sind die gleichen. Ein Halter für die Getränkekarte und für die Speisekarte, die ebenfalls immer noch gleich aussehen. Es ist, als wäre ich wieder einundzwanzig und stünde das erste Mal mit Lily in dieser Bar.

Mit schweren Schritten laufe ich auf die Theke zu und setze mich auf einen der Barhocker, auf denen wir sehr oft gesessen haben.

„Jane!"

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen. Plötzlich steht Grayson vor mir. Was heißt plötzlich? Es ist schließlich seine Bar. Was habe ich eigentlich erwartet? Schlagartig komme ich mir dumm vor, dass ich hier rein gekommen bin und wünsche mir, Grayson hätte mich nicht entdeckt und ich könnte ganz einfach wieder verschwinden.

„Oh, hi. Grayson."

„Was führt dich her? Hab dich ja ewig nicht gesehen. Ich schätze so dr..."

„Ja, das kommt hin.", unterbreche ich ihn. „Bin bloß vorbei gelaufen und dachte... Ein Besuch könnte nicht schaden."

Er nickt, mustert mich. Sein Mund verzieht sich zu einer Linie und nun sieht er einfach nur aus, als hätte er großes Mitleid mit mir. „Hey, ich hatte nie die Chance, dir das zu sagen, aber mir tut es verdammt leid, was passiert ist."

Ein Kloß bildet sich in meinem Rachen. Ich winke ab. „Du kannst nichts dafür.", sage ich. „Und ehrlich gesagt, bin ich dir an dem Tag einfach aus dem Weg gegangen. So ziemlich eigentlich, jedem, wenn ich ganz ehrlich bin."

Grayson seufzt nickend. „Ja, ich verstehe das. So eine Beerdigung ist nichts, worüber man gerne spricht. Oder generell..." Er wird leise. „Den Tod."

Ich nicke schwer. „Ja."

Grayson schüttelt den Kopf. „Aber, gut. Ganz ehrlich, Jane. Wie geht es dir?"

„Willst du das wirklich wissen?"

„Absolut."

„Beschissen."

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