Chapter seventeen

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jetzt,
Juni

Ich bin mir nichtsicher, ob ich mir einbilde, dass Lily's Kinnlade hinunter klappt, als ich mit Alex in unsere Wohnung hinein spaziert komme. Sie grüßt ihn nicht. Sie versucht definitiv, ihn zu meiden. Ich erkläre ihr, wieso wir hier sind und was wir suchen. Dabei lasse ich den Fakt, dass wir nun wissen, wer Schuld an Josh's Tod ist, aus. Dass der Ex-Mann von der Frau, die ich interviewt habe, einen Zwillingsbruder hat und er derjenige ist. Ich habe das Gefühl, dass mein Kopf explodiert. Das alles zu erklären, würde mir zu viel werden. Dadurch wirkt es real. Viel zu real.

„Ich hole den Schlüssel.", sage ich und gehe zurück in unseren Flur, bevor Lily ihre Frage beendet hat.

„Warte, was? Ich verstehe nicht..."

„Wir suchen einen Brief.", erklärt Alex ihr. „Der Brief müsste vier Jahre alt sein. Josh hat ihn geschrieben, nachdem er angeschossen worden ist und eine Nacht im Krankenhaus lag."

Lily nuschelt etwas, zu Alex, was ich nicht verstehe, als ich den Raum wieder betrete.„Verstanden.", entgegnet Alex darauf.

•••

Wir stehen zu dritt in Lily's Kellerabteil und schauen uns den Stapel von Kartons an, die fast ihr ganzes Abteil einnehmen. Sie hat dort kaum Platz für ihre eigenen Sachen. „Ich brauche den eh nicht. Alles, was ich nicht jeden Tag brauche, sollte eh nicht hier sein.", hatte sie damals gesagt, als ich hier eingezogen bin.

Alex ist der erste, der sich einen Karton schnappt, sich auf den Boden setzt und ihn öffnet.

Er holt den Inhalt raus und verteilt ihn auf dem Boden, durchsucht die ganzen Sachen und räumt sie wieder ein. Alex sieht zu uns. „Worauf wartet ihr?"

Dann schnappen Lily und ich uns jeweils einen Karton und tun das gleiche, was Alex getan hat. In meinem befinden sich Pullover und T-Shirts. Ich sehe zu Lily hinüber. Nichts als Jeans und Jogginghosen.

Nach knapp einer Stunde des Suchens beginne ich, Hoffnung zu verlieren. Langsam, aber stetig. Ich erinnere mich daran, dass ich diese Kartons sehr oft durchgeschaut habe und nie etwas ungewöhnliches gesehen habe. Niehat Josh einen Brief erwähnt gehabt. Aber wenn Alex sagt, dass er einen schreiben wollte, dann muss er das gemacht haben. Josh sagt nicht einfach Dinge und meint sie dann nicht. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann setzte er es auch um.

Es sind viele Kartons, die wir durchsehen. Wirklich viele. Als wir zu dem letzten kommen, kann ich nicht anders, als verzweifelt in Tränen auszubrechen.

„Nichts...", sage ich und verschließe den vorletzten.

Lily schnappt sich den letzten.

„Wir... Wir können aufhören. Ich habe mich geirrt, er hat wohl doch...", sage ich. Alex rutscht zu mir hinüber und schlingt einen Arm um meine Schultern und zieht mich an sich heran.

„Es ist okay.", flüstert er mir zu. Ich lasse mich in seinem Arm gehen, lasse meinen Tränen freien Lauf. „Er hat dich geliebt, das wissen wir alle.", flüstert er.

„Leute.", macht Lily auf sich aufmerksam, als sie Josh's altes Portemonnaie in der Hand hält. Sie sieht hinein und zückt ein zusammengefaltetes Blatt Papier hinaus. Darauf steht, Jane. Ich erkenne es von hier. Es ist seine Handschrift. Mein Herz klopft so laut, dass ich mir sicher bin, dass Alex meinen Herzschlag hören kann. Ich löse mich aus seinem Arm und nehme das Blatt in die Hände und falte es auseinander.

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