Kapitel 8

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Auf der anderen Seite des Ozeans hatte Eleya ihr Handy am Ohr, mit glitzernden Augen auf das Grün vor sich sehend. Sie hatte sich etwas vom Schulgebäude entfernt, um den Anruf entgegenzunehmen, eine kleine Pause zu nehmen. Der Unterricht hatte vor kurzem geendet, denn die Schüler hatten heute acht Stunden. Sie würde noch eine Weile bleiben, damit die notwendigen Gespräche zwischen Karasuma und ihr stattfinden konnten. Auch, wenn sie und Loki bis jetzt nur einige Stunden getrennt waren, konnte sie bereits den Tribut der Trennung spüren, eine ziehende, kalte Leere, die sich in ihr auskleidete. Die Gefühle ihres Geliebten schienen weit entfernt, aber immer noch spürbar, als streckten sie sich zu ihr aus, damit sie sie in Empfang nahm, umarmte.

Ihre Stimme zitterte ein wenig, als sie nach wenigen Minuten das Gespräch beendeten, einig, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt, wenn es für beide angenehmer wäre, wieder telefonieren würden. Vermutlich würden sich zu der Gelegenheit auch die Anderen einklinken, doch das machte nichts. Eleya atmete tief durch, um ihre Fassung zurückzugewinnen, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ihre verstärkten Sinne nahmen wahr, dass Karasuma sich ihr näherte, und sie drehte sich um, als die Schritte ankündigten, dass er wenige Meter hinter ihr stand.

„Wenn du bereit wärst würde ich gerne anfangen.", sagte er mit rauer Stimme. Das Mädchen hatte ihn über den Tag gebeten, sie zu duzen. Eleya lächelte.

„Kein Zielobjekt dabei, dieses Mal?"

Die Miene des Agent wurde leicht säuerlich. „Er ist in Indien, holt sich neue Süßigkeiten. Aber das gibt uns die Gelegenheit, die anderen Themen zu besprechen, die nicht unbedingt jeder mitbekommen sollte."

Das Mädchen nickte und folgte dem Mann ins Schulgebäude. Es wirkte kahl und leer ohne die Schüler, und sie hörte das Holz leise knacken. Wahrscheinlich nahm der Schwarzhaarige es nicht einmal wahr. In ihrer Nase verfing sich der Duft von Moos und Moder, passend zu dem alten Gebäude. Die beiden gingen ins Lehrerzimmer, wo Karasuma sich setzte und Eleya mit einer Handbewegung anwies, sich ebenfalls zu setzen.

„Also... Worüber genau wolltest du sprechen?", leitete er das Gespräch ein. Leicht lehnte sich die junge Shield-Agentin zurück. Sie war wieder ihr selbstbewusstes, taffes Agenten-Ich, das nichts erschüttern konnte. Sie antwortete;

„Nun... wie Sie wissen, komme ich von Shield, einer Geheimorganisation, die sich für den Schutz der Menschheit einsetzt. Sprich mögliche Gefahren analysieren, Bedrohungen ausschalten et cetera."

Karasuma nickte, als Zeichen, dass er verstanden hatte. „Ich verstehe jedoch nicht, was all das mit der jetzigen Situation zu tun hat. Natürlich, wir haben Sie... dich angefordert, aber was hat das sonst noch damit zu tun?"

Eleya schloss ihre Augen, bevor sie leise fragte; „Sagen Sie, Agent... Haben sie jemals von der Organisation Hydra gehört?"

„Die Geheimorganisation, die früher für die SS der Nazis gearbeitet hat?", fragte er zurück, die Stirn gerunzelt.

Eleya lehnte ihren Kopf hin und her. „So in etwa. Es steckt ein wenig mehr dahinter, doch das Ganze zu erklären, könnte etwas zu lange dauern. Kurz gesagt; sind wir die Guten - dann sind sie die Bösen." Karasuma öffnete seinen Mund, doch sie schnitt ihm mit ihrer wedelnden Hand das Wort ab. „Ich weiß selbst, dass es nicht so einfach ist, Agent, aber das ist es, wenn man es in primitiven, einfachen Wörtern sagt. Hydra existiert seit dem zweiten Weltkrieg, wenn nicht ohne Zusammenschluss schon länger. Doch sie waren viel mehr als Wissenschaftler, die für die Nazis gearbeitet haben. Sie haben dies eigentlich nur als eine Art Tarnung genutzt. Jedenfalls ist das Ziel von Hydra die Weltherrschaft."

Ein müdes Lächeln legte sich auf Karasuma's Mundwinkel. „Wollen das nicht alle, gegen die wir antreten?"

„Natürlich.", meinte Eleya, das Lächeln zurückgebend. „Das ist es ja. Ihr selbsterklärtes Ziel ist es, die Menschen von den ‚fesselnden Ketten der Freiheit zu erlösen', um es in den Worten eines guten Bekannten zu sagen."

Ihr Gegenüber runzelte die Stirn. „Ist das nicht ein Widerspruch an sich?"

„Ja.", seufzte sie. „Ja, das ist es. Nur ist das Problem an Hydra, dass sie ihr Motto; ‚Wird ein Kopf abgeschnitten, wachsen zwei Neue', ziemlich ernst nehmen."

Karasuma sah zu, wie sie sich mit den Händen über ihr Gesicht fuhr, Müdigkeit klar und deutlich. Ob es nun aufgrund des langen Wachseins war oder aufgrund ihrer Erlebnisse, die damit scheinbar zusammenhingen, konnte er nicht sagen.

„Jedenfalls haben wir uns dazu verschworen, sie aufzuhalten.", fuhr sie fort. „Und es gibt Grund zur Annahme, dass Hydra etwas mit dieser... Situation zu tun hat."

Er setzte sich ruckartig auf, einen unlesbaren Ausdruck in seinen Augen. „Wie meinst du das?"

„Hydra ist bekannt für ihre Experimente, das können Sie mir glauben, Karasuma. Ich selbst kann dies aus nächster Erfahrung bestätigen.", sagte sie leise. „Sie sind nicht gerade zimperlich, und würden alles tun, um ihre Ziele zu erreichen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute, die für Koro-Sensei verantwortlich sind, in Kontakt mit Hydra standen, wenn es nicht selbst Mitglieder waren. Hinzu kommt, dass wir vermuten, dass sie eventuell auch in Japan einige Basen aufgebaut haben."

„In Japan?", flüstere Karasuma. „Aber..."

Eleya nickte.

„Es wäre keine unbegründete Vermutung, sie haben viele. Nicht nur in Russland oder Deutschland. Einige sind auch in Amerika, sogar ein oder zwei in der Arktis. Sie sind in ganz Europa verteilt, und somit vermutlich auch in Asien, oder genauer gesagt Japan."

„Und deswegen..."

Sie nickte wieder. „Deswegen bin ich hier, Agent. Ich soll einige dieser Basen ausfindig machen, wenn möglich infiltrieren oder noch besser; zerstören. Die Punkte zwischen Hydra und Koro-Sensei finden, verbinden."

„Verstehe...", murmelte Karasuma. Sein Blick flackerte immer wieder zu ihr, und sie zuckte kurz die Achseln.

„Es wird Zeit kosten, denke ich. Aber das Meiste sollte ich auch die Nachmittage legen können. Allerdings wird das nicht immer möglich sein." Eleya zog ihre Augenbrauen zusammen. „Vor allem, da ich dann und wann auch als Avenger gebraucht werde. Oder von Shield aus. Allerdings versucht Fury, mir hier möglichst viel Zeit zu geben."

„Das verstehe ich natürlich.", meinte Karasuma.

„Die Codes habe ich Ihnen schon rübergeschickt, dann ist es einfacher, Ihnen mitzuteilen, was los ist. Es kann sein, dass ich dann und wann den Unterricht verlassen muss, dann kann ich Ihnen wenigstens im Groben mitteilen, was los ist.", wank sie ab. Ihre Augenbrauen verzogen sich noch etwas mehr. Dann fügte sie hinzu; „Ich habe nebenbei noch eine Langzeit-Mission am Laufen, das könnte ebenfalls einige Probleme bereiten, wenn auch keine allzu großen."

„Und was ist mit...", fing er an, doch Eleya unterbrach ihn mit einer Handbewegung und legte ihren Kopf zu Seite. Sie legte einen Finger auf ihre Lippen.

„Er kommt.", sagte sie leise, und nur wenige Sekunden später stand Koro-Sensei im Zimmer.

„Hach, was für ein wunderschöner Tag für ein paar Süßigkeiten. Oh, Eleya, du bist ja noch hier. Bonbon?", plapperte er drauflos, doch die Schülerin schenkte ihm lediglich ein kurzes Lächeln. Es war nicht echt.

„Nein, danke Koro-Sensei. Ich muss jetzt los. Haben Sie noch einen schönen Tag.", verabschiedete sie sich, und sandte Karasuma noch einen Blick zu. Er nickte und sie verließ das Gebäude.

„Wa-wa-wa-was?! A-aber, Eleya-san!!!", hörte sie ihn weinen, und dann die genervte Stimme Karasuma's;

„Lassen Sie den Mist gefälligst."

Das Mädchen schmunzelte.

Eleya Barton - Killing the Monster | Avengers/Assassination Classroom CrossoverWhere stories live. Discover now