Kapitel 38

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"Warum sehen wir eigentlich immer aus wie Schweine, wenn wir zusammen etwas machen?", frage ich und schüttle mir das Mehl aus den Haaren. Harry lacht und betrachtet den kleinen, weißpulvrigen Berg auf dem Küchenboden. "Du fängst ja immer wieder damit an", entgegnet er dann und deutet auf die Theke, die mit allerlei Backzutaten verschmiert ist. "Das stimmt nicht, du hast mir zuerst Mehl ins Gesicht gepustet!"
- "Das kann ja sein, aber es war ein wenig unnötig, mir anschließend ein rohes Ei auf den Kopf zu klatschen. Hast du eine Ahnung, wie schwer das aus meinen Locken wieder rausgeht?"

Schulterzuckend deute ich auf eine Bürste an der Spüle. "Dann musst du eben schrubben. Übrigens war das eine ganz schöne Mehlverschwendung. Eine ganze Tüte ist über mir gelandet!" Erneut lacht der Lockenkopf und nimmt einen Besen aus dem Schrank. "Wir einigen uns darauf, dass wir beide Schuld sind. Na komm, jetzt machen wir erst einmal die Küche sauber, danach gehen wir duschen", schlägt er versöhnlich vor. Grummelnd stimme ich zu, werfe einen sehnsüchtigen Blick zu den Muffins, dem Kuchen und einer zusätzlichen kleinen Kuczenform im Backofen und beginne damit, das schmutzige Geschirr zu spülen. Harry kehrt derweil das Mehl und die Eierschalen vom Boden auf. "Hast du später überhaupt noch Lust, zu Niall zu gehen? Ich könnte sie dir auch alle beim Abendessen vorstellen." Ich nicke langsam und blicke aus dem Fenster. Die Sonne steht schon tief, es ist also ohnehin bald Zeit für das Abendessen. "Ja, dann machen wir es so", stimme ich lächelnd zu. Kurz darauf haben wir die Küche von dem Chaos befreit und holen das Gebäck aus dem Ofen. "Du kannst schonmal duschen gehen, ich hebe die Kuchen noch aus den Formen", meint Harry. Mit einem letzten Blick und laut knurrendem Magen nicke ich und gehe ins Badezimmer.

Als ich mich im Spiegel betrachte, verziehe ich angewidert und gleichzeitig amüsiert mein Gesicht. Wie konnte Harry mich überhaupt eine Sekunde lang ernst nehmen? Meine Haare sehen aus wie ein weiß gepudertes Vogelnest und überall auf meiner Haut verteilt klebt hartnäckig der Mehlstaub. Kopfschüttelnd streife ich mir meine Kleidung aus und trete unter das fließende Wasser. Wie ich es schon vorausgesehen hatte, dauert es ewig, das Mehl aus den Haaren zu bekommen. Im Endeffekt habe ich einen merkwürdigen Klumpen auf dem Kopf, da das Mehl durch das Wasser nun auch noch klebrig wird. Genervt stöhne ich auf und reibe mir immer wieder über den Kopf, in der Hoffnung, die Masse endlich auswaschen zu können.

Nach einer Ewigkeit habe ich es endlich geschafft, das Gröbste rauszubekommen und stelle das Wasser ab. Als ich mich abgetrocknet habe, wickle ich mich in das flauschige Handtuch und gehe ins Schlafzimmer.

Kurz darauf stecke ich in frischer Kleidung, die Harry mir schon zurecht gelegt hatte. Während ich zurück zur Küche gehe, höre ich ein leises Fluchen. Neugierig blicke ich um den Türrahmen herum und entdecke den Alpha, der sich gerade an dem kleinen Kuchen verkünstelt. Die Muffins und Annes Kuchen stehen direkt daneben zum Abkühlen. Harry meinte vorhin, er wolle gleich noch etwas für Liam mit backen; als Dankeschön, dass dieser so viele von Harrys Aufgaben im Rudel übernimmt.
"So ein Mist", murmelt der Lockenkopf leise. "Was machst du denn da?", frage ich schmunzelnd und stelle mich neben ihn. Harry zuckt kurz zusammen, als habe er nicht mit mir gerechnet, bevor er auf den Kuchen vor ihm deutet. "Ich habe zu viel Schokolade erwärmt und jetzt bekomme ich nicht mehr alles auf dem Kuchen unter." Ich stelle mich kurz auf meine Zehenspitzen und blicke in die Schüssel in seiner Hand. Harry dreht sich zu mir und mustert mich kurz nachdenklich. "Mund auf", sagt er dann. - "Was?"

"Mund auf", wiederholt er und hält mir einen Löffel mit Schokolade davor. Kichernd gehe ich seiner Aufforderung nach und schließe genüsslich meine Augen, als ich die warme, flüssige Schokolade auf meiner Zunge schmecke. "Gut?", fragt Harry, doch ich antworte nur mit einem leisen, zufriedenen Seufzen. Zudem kleben meine Zähne zusammen, also könnte ich ohnehin nicht antworten. "Du hast da noch..-" Schon spüre ich Harrys Daumen, der mir etwas aus dem Mundwinkel streicht. Als ich Harry wieder ansehe, senkt er schnell seinen Blick und widmet sich dem Kuchen. Er räuspert sich verlegen und dreht sich etwas von mir weg. Nanu? Was ist denn jetzt los?
"Alles okay?", frage ich verwirrt, doch Harry nickt nur schnell und reicht mir die Schüssel, in der sich noch der letzte Rest Schokolade befindet. "Hier, iss ruhig leer. Ich gehe mal duschen." Und schon ist er verschwunden. Verwundert setze ich mich auf den Tisch und löffle die Schokolade leer.

Secret white lies - L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt