Secret white lies - L.S.

Kapitel 29

Ich entscheide mich für nichts davon, da Harry der erste von uns ist, der reagiert.

Er löst seine Lippen von meinen und mustert mich einen Augenblick. "Na los, gehen wir heim", legt er fest und zieht mich hinter sich her aus dem Wasser. Überfordert folge ich ihm einfach nur. Ich hatte nicht einmal die Chance, irgendwie zu reagieren. Ich konnte nicht herausfiltern, ob der Kuss mir gefiel oder nicht. Und das lässt einerseits Unbehagen, gleichzeitig aber auch Erleichterung in mir breit machen. Vor allem aber Letzteres. Schließlich möchte ich Harry nicht unnötig Hoffnung machen, weshalb es womöglich ganz gut ist, dass er den Kuss beendet hat.

"Alles okay?", fragt Harry. Er hebt seine Kleidung vom Boden auf und reicht sie mir. Ich nehme sie entgegen und wende dann schnell meinen Blick von ihm ab. Es ist die eine Sache, wenn Harry im See nackt ist, doch wenn er nun so vor mir steht, ist es etwas Anderes. "Ich setze mich dort auf den Baumstamm, dann kannst du dich in Ruhe umziehen", sagt Harry und lässt mich dann allein. Ich beobachte wie er sich mit dem Rücken zu mir hinsetzt und nachdenklich in den Wald starrt.

Schnell streife ich mir meine nasse Kleidung vom Körper und schlüpfe in Harrys trockene. Bevor ich mir jedoch das Shirt über den Kopf ziehe, halte ich inne. Langsam führe ich den Stoff gegen meine Nase und drücke ihn leicht dagegen. Meine Augen schließen sich, als ich tief einatme und Harrys Duft wahrnehme. Und verdammt, er riecht wirklich unglaublich gut. Ich nehme gerade einen weiteren Atemzug, als Harry plötzlich nach mir ruft. "Bist du fertig?"
Hastig streife ich mir das Shirt über, schnappe meine nasse Kleidung und gehe schnell zu ihm. "Hast du etwas angestellt?", fragt Harry und mustert mich. - "Nein?", entgegne ich unschuldig. "Deine roten Wangen sagen aber etwas Anderes." Schnell senke ich meinen Blick, um mir sein amüsiertes Schmunzeln nicht weiter anzuschauen. Ohne ein Wort laufe ich langsam los. Nach ein paar Sekunden holt Harry, der inzwischen in seiner Wolfsform ist, mich wieder ein. Er sieht kurz zu mir hoch. Selbst jetzt sehe ich dieses dumme Grinsen, weshalb ich ihm bloß einen festen Stups gegen seine Rippen verpasse.

Womit ich jedoch nicht gerechnet habe ist, dass er zurückschubst. Und da er besonders in seiner jetzigen Form um einiges schwerer ist als ich, lande ich also mit dem Hintern auf dem Boden. Im ersten Moment bleibt Harry geschockt stehen und reißt seine Augen auf. Dann trabt er eilig zu mir, während ich bedröppelt sitzen bleibe. "Aua", murmle ich bloß.
Harry schnüffelt eifrig an mir herum, vermutlich um zu prüfen, ob ich mich ernsthaft verletzt habe. Als er jedoch nichts feststellen kann, stupst er mir mit der Nase immer wieder gegen den Rücken damit ich aufstehe. Genervt werfe ich das nasse Klamottenbündel hinter mich, in der Hoffnung, dass ich den Alpha treffe, und stehe dann seufzend auf. Als ich mich jedoch umdrehe, breche ich in schallendes Gelächter aus.

Ohne es wirklich darauf abzusehen, habe ich mein Ziel getroffen.

Harry steht mit schief gelegtem Kopf stocksteif da. Mein Tshirt und die Hose liegen direkt über seiner Nase und seinen Augen, sodass es einfach nur bekloppt aussieht. Als würde er sich verstecken wollen. "Wie siehst du denn aus?!", rufe ich lachend und klopfe mir auf die Oberschenkel. Harrys Rute wedelt leicht, als würde er sich über die Geräusche freuen, die ich von mir gebe. Dann schüttelt er sich, sodass seine Sicht endlich wieder frei wird. Er mustert mich einen Moment, doch ich bekomme mich gar nicht mehr ein. Dieser Anblick von Harry sah einfach zu bescheuert aus.
Als diesem es schließlich zu viel wird, dass ich mich über ihn lustig lache, legt er seine Ohren zurück und knickt seine Vorderbeine minimal ein.

"Nein, das tust du nicht", warne ich ihn, doch natürlich ist es zwecklos.

Mit einem Satz springt er auf mich zu, doch ich drehe mich flink weg und laufe so schnell ich kann in die andere Richtung davon. Von meinem kleinen Schwächeanfall heute Morgen ist nichts mehr zu spüren, ich fühle mich wie ausgewechselt. So fit war ich schon lange nicht mehr.