Kapitel 20

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Mittlerweile war es mitten in der Nacht. Meine Wut gegenüber Ricardo ist noch immer da und starke Bauchkrämpfe hielten mich davon ab, zu schlafen. Ich wälzte mich hin und her, fand aber keine richtige Position, die mir half, mit den Krämpfen etwas klar zu kommen. Wimmernd rollte ich mich zu einem Embryo zusammen und hielt meine Beine eng an den Bauch gedrückt.

Plötzlich ging ein Taschenlampenlicht an. "Hey, River. Alles in Ordnung?" Sienna beugte sich über mich. Stumm schüttelte ich meinen Kopf und versuchte nicht loszuheulen. "Was ist denn los?" Sie legte die Lampe neben sich auf das Bett und rutschte näher zu mir. "Ich habt meine Tage bekommen." Krächzte ich. "Oh nein. Und jetzt hast du Bauchschmerzen?" Ich nickte. "Komm her." Sie nahm mich in den Arm und strich mir über den Rücken. "Ich würde dir ja gerne eine Schmerztablette holen, aber leider haben wir keine." Murmelte sie. "Schon okay." Nuschelte ich.

Nach einer Weile legte Sienna sich wieder hin und schlief gleichdarauf auch ein. Ich jedoch konnte noch immer nicht schlafen. Mir wurde zudem auch gerade ziemlich übel, sodass ich aus dem Bett sprang und ins Bad rannte. Dort übergab ich mich. Meine Haare wurden mir nachhinten gehalten und eine warme Hand legte sich auf meinen Rücken. "Alles gut, River." Flüsterte jemand. Ricardo. "Komm, spül deinen Mund aus." Er half mir, mich aufzurichten und führte mich zu den Eimern. Mit meinen Händen schöpfte ich Wasser raus und trank dann ein paar Schlucke.

"Gehts wieder besser?" Besorgt schaute er mich an. Unfähig etwas zu sagen, nickte ich nur. "Warte, ich bring dich wieder zurück." Er kam zu mir und hob mich hoch. "Ist vielleicht zu persönlich Aber hast du deine Tage?" Mitleid spiegelte sich in seinen Augen, als ich bejahte. Im Zimmer, legte er mich vorsichtig auf die Matratze. "Morgen können wir ein wenig langsamer machen. Wir laufen nur ein paar Stunden durch den Wald, bis wir an einem Lager vorbeikommen. Da sollen wir übernachten." "Okay. Danke, Ricardo." Ich war müde. Mir flogen ständig die Augen zu, weshalb ich mich in die Decke kuschelte. "Kein Problem. Schlaf gut." Er schlich sich aus dem Zimmer und schloss die Türe hinter sich. Dann war es still und ich fiel in einen tiefen Schlaf.

Der nächste Tag begann damit, dass die anderen mich im Bett ließen und alles sauber machten. Sie brachten mir das Frühstück an das Bett und meinen Rucksack ebenfalls. Ich zog mich um und richtete das Bett, als es hieß, wir würden gleich aufbrechen. Noch immer hatte ich starke Schmerzen und ich hatte keine Lust auf die nächsten Stunden. Hoffentlich gab es keine Komplikationen.

Ich stieg die Treppe runter und trat in die Küche, wo alle schon Aufbruchbereit standen. "Okay, dann los gehts." Wir kletterten aus dem Baumhaus und schlugen den Weg zum Lager ein. Unser Tempo war deutlich langsamer als die letzten zwei Tage. Und das lag hauptsächlich an mir. Ich seufzte. Heute war ich eine richtige Belastung für das Team.

"River. Wenn was ist, sag es, okay? Es wird keiner sauer auf dich sein." Joanna sah mich sanft an. "Ich bin nicht krank oder so, Joan. Ich habe lediglich meine Tage. Ich komm schon zurecht, aber danke." Ich lächelte sie an. "Okay." Sie ging wieder vor zu den anderen und ließ mich mit meinen Gedanken alleine. So konnte ich mich auch endlich mal auf die Natur konzentrieren.

Der Waldboden war voller brauner Nadeln und Ästen. Die Bäume hatten grüne Blätter, die sanft vom Wind hin und her flatterten. Dabei entstand ein beruhigendes Geräusch, sodass ich mich etwas entspannte. Die Luft war leicht feucht, aber roch sommerlich. Ein blumiger, aber süßlicher Duft dominierte diesen Geruch. Der Wind brachte zudem eine Menge Geräusche mit sich. Vögel Gezwitscher, das Summen von Bienen und anderen Fliegen, das Zirpen von Grillen und das Plätschern von einem kleinen Bach. Genießerisch schloss ich meine Augen und sog all das ein. Dies würde eine Erinnerung bleiben.

"Schön, nicht wahr?" Ricardo war neben mir aufgetaucht. "Ja. Das ist so beruhigend." Hauchte ich. "Hmm." Ich bemerkte seinen Blick auf mir. "Was?" Leicht lachend schaute ich zu ihm. "Nichts." Ein schüchternes Lächeln trat auf sein Gesicht. In seinen Augen war ein Glanz, den ich noch nie gesehen hatte. Fasziniert davon, blickte ich ihm intensiv in die Augen. "Hey, ihr Turteltäubchen. Wir brauchen euch." Riss uns Landon aus unserem Blickkontakt. "Jaja, wir kommen ja schon." Genervt blickte Ricardo zu Landon.

Wir liefen zu unseren Freunden, die aufgeregt auf uns warteten. "Was ist den los?" fragte ich. Sienna zeigte bloß nachvorne. Ich folgte ihrem Blick und stieß auf eine graue Wand. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen. "Ein Fels." "Ach nee." Zickte mal wieder Valeria. Ich ignorierte sie und ließ meinen Blick nach oben wandern. "Ein sehr großer Fels." Murmelte Ricardo neben mir. "Und kein Weg, der vorbeiführt." Endete Jordyn.

"Klasse." Ironisch klatschte ich in die Hände. "Was jetzt?" "Wir müssen über den Felsen." Stellte Hunter das fest, was wir alle schon längst wussten. "Wow, was ein Blitzmerker." Zischte Joanna. "Sorry, ich wollte nur helfen." "Ein sehr Hilfreicher Satz." Murrte sie und setzte ihren Rucksack ab. "Jetzt beruhigt euch mal." Ging ich dazwischen. "Anstatt euch anzumeckern, könnt ihr auch lieber mal überlegen, wie wir darüber können." Zischte ich sie an. "Wohl oder übel drüber klettern." Zuckte Wesley mit den Schultern. "Ohne Sicherung?" quietschte Valeria auf. "Hast du etwa eine bessere Idee?" Sie schüttelte mit dem Kopf. "Wir müssen einfach eine gute Stelle finden, wo wir drüber kommen." Ich fuhr mir über das Gesicht. Konnte nicht einmal etwas gut laufen? "Okay, Leute. Suchen wir mal nach dieser Stelle."

Jeder lief los und ging die Steinwand ab. Sie ragte wie eine bedrohliche Grenze vor uns auf und trennte uns von unserem nächsten Standort, wo wir erstmal sicher wären. Stunden suchten wir, fanden aber einfach keine geeignete Stelle." Ich denke, wir müssen wohl oder übel einfach so drüber." Zerknirscht blickte Ricardo alle an. "Ich habe kein Problem damit. Hauptsache wir kommen in das Lager." Brummte Landon. Nacheinander nickte jeder, bis nur noch Valeria unüberzeugt dastand.

"Das könnt ihr nicht machen. Ihr bringt euch selbst damit um."."Valeria. Anders geht es aber nicht." Sagte ich laut. "Ohne mich." Zischte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust. "Valeria. Bitte." Wesley schaute sie bittend an, doch sie schüttelte stur ihren Kopf. "Seht ihr nicht, wie rutschig der Felsen ist?" "Ist gut. Dann bleibt sie halt hier. Ist jetzt auch egal." Knurrte Jordyn genervt. Insgeheim gab ihr jeder recht. "Also. Wir nehmen diese Stelle hier." Rief ich und zeigte geradeaus auf den Felsen. "Also dann. Auf wiedersehen, Valeria." Wesley schaute sie verletzt an. Jeder murmelte eine Verabschiedung, dann fingen wir an mit klettern.

Und ließen Valeria zurück. Uns war klar, dass sie das nicht überleben würde. Aber hier zählte das Gemeinwohl und nicht das Wohl jedes einzelnen.

Hättet ihr euch wie Valeria entschieden oder euch den anderen angeschlossen?

The Last HumansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt