Kapitel 4

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Der nächste Tag startete damit, dass mich der Vertreter aus meinem Schlaf klopfte. Mürrisch öffnete ich ihm die Türe. 

„Dein Vater wünscht Sie zu sprechen, River." Er verbeugte sich leicht. Ja, er war komisch. Ich nickte und der Vertreter verdünnisierte sich endlich. Ich knallte die Türe zu und machte mich müde fertig. 

Was war bitte so dringend, dass ich so früh zu James musste? Leicht angesäuert stapfte ich die Dorfstraße runter, überquerte den Dorfplatz und ging in die Rathaushütte. 

Die Ratshaushütte war die schönste von allen. Es lag ein roter Teppich im Hauptraum. Ein großer Tresen stand an der rechten Wand, welcher mit allem möglichen Sachen dekoriert wurde. An den Wänden hingen Gemälde von unserem Künstler und an den Fenstern Vorhänge, die Penelope gestrickt hatte. 

Der rote Teppich dämpfte meine Schritte, aber die Frau am Tresen hörte mich trotzdem. „River." Sie lächelte mich an. Es war ein gezwungenes, ich wusste, dass sie mich hasste. Aber ich mochte sie auch nicht. 

Sie war eine blondhaarige Frau, die nicht gerade hässlich war, doch wie immer, bei solchen schönen Frauen, war ihr Charakter das komplette Gegenteil. So auch der dieser Frau. 

Sie arbeitete nur hier, um meinen Pflegevater näher zu sein. Sie stand auf ihn, aber nicht wegen seines Charakters und so, sondern wegen seines Ansehens hier im Lager. 

Auch ich lächelte sie gezwungen an. „Dein Vater wartet schon auf dich." Ließ sie mich wissen. Ich nickte nur und trottete zum Büro von James. Dort klopfte ich an und als ein „Herein" ertönte, trat ich ein. 

„River." James lächelte mich an. „Wie geht es dir, meine Tochter." „Gut, danke. Und dir?" Ich lief zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Mir auch." Er lächelte. 

Ich setzte mich gegenüber von ihm hin und starre ihn neugierig an. „Warum sollte ich kommen?" fragte ich schließlich, als er nichts sagte. „Ach genau." Er räusperte sich. „Weißt du, die Ärzte sind ja gerade dran weitere Immune in unserem Lager zu finden. Und sie haben auch ein paar, die in Frage kommen könnten. Morgen werden sie bekannt gegeben. Ich möchte, dass du und die restlichen Immunen trainiert." 

„Trainiert?" „Ja, um auf einen Kampf vorbereitet zu sein. Falls die Jäger hier irgendwie eindringen können..." Ich merkte, dass ihm diese Worte schwerfielen. „Okay." Murmelte ich. 

Erleichtert atmete James auf. „Danke, River." Ich lächelte leicht und stand dann auf. „So, ich habe Hunger. Kommst du mit in die Essenshütte?" James schüttelte seinen Kopf. „Ich habe schon gegessen. Ich muss hier noch sehr viele Sachen erledigen und mit dem Lager von Mitte-Kanada kommunizieren." Er deutete auf ein schwarzes Gerät, welches auf seinem Schreibtisch stand. Ein Funkgerät. „Okay, dann bis später." 

Ich verschwand schnell aus der Hütte und lief mit schnellen Schritten zur Essenshütte. Es war noch keiner meiner Freunde da, was ein bisschen Schade war, aber man nicht ändern konnte. 

Ich ließ mich auf meinen Stammplatz nieder und begann mit Essen. Seit wann war die Angst da, dass die Jäger hier eindringen konnten? Sie besaßen doch keine Waffen, die gegen die Steinmauern ankamen. 

Ich hatte keine Lust meinen Kopf damit zu zerbrechen, weswegen ich mein Essen hinunterschlang und mein Geschirr wegräumte. Danach lief ich zum schwarzen Brett, wo Listen hingen, die sagten, wer wo heute arbeitete. 

Ich hielt nach meinem Namen Ausschau und fand ihn schließlich bei den Lehrern. Toll, ich durfte heute also kleine Kinder unterrichten. Ich seufzte und wendete mich ab. 

Da ich noch ein wenig Zeit hatte, beschloss ich, einen kleinen Spaziergang zu machen. Ich schlenderte die Dorfstraße entlang bis zum Ende und bog dann auf einen Wiesenweg ein. 

Unser Lager war am Rande eines großen Dschungels. Auf der einen Seite des Dorfes konnte man die Kronen mancher Bäume sehen, auf der anderen nur Himmel. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und blickte zu den dunklen Bäumen. 

Wie es in dem Dschungel wohl war? Ob da Tiere lebten und wenn ja, waren sie gefährlich? Das werde ich wohl nie erfahren, denn ich war verdammt, mein ganzes Leben hier zu verbringen. Außer ich werde Bote, dann würde ich auch ein wenig die Welt sehen, aber ob ich deswegen mein Leben riskieren würde, war fraglich. 

Ich schlenderte weiter und lief an der Steinmauer entlang. Unkraut drückte sich aus den Rillen raus, um Sonnenlicht genießen zu dürfen und kleines Ungeziefer krabbelte hoch und runter. Ich schlug den Weg ein, welcher weg von der Mauer führte, rein ins Dorfzentrum. 

Ungefähr in der Mitte der Dorfstraße lag die Schule. Genau dort hin lief ich jetzt. Die Kinder waren schon da, als ich die Hütte betrat. Sie alle saßen an ihren Tischen, die Blätter und Stifte schon bereit und sahen mich an. 

Ich winkte ihnen zu und ging in den kleinen Nebenraum. Dort waren bereits die zwei Lehrerinnen, die mich lächelnd begrüßten. „River, wie schön, dass du heute bei uns arbeitest." Lari schaute mich aufrichtig an. Sarah drückte mir schon einen Haufen Blätter in die Hand. 

„Es steht heute „Überleben" auf dem Programm. Die Kinder lernen heute, wie sie alleine überleben können, ohne ihre Eltern, ohne ihr gewöhnliches Lager. Wie sie sich in einem neuen eingliedern können und so weiter." Ich nickte verstehend. 

„Lari und ich werden heute nicht unterrichten, wir müssen leider beim Bau der neuen Hütte helfen." „Kein Problem." Die beiden verabschiedeten sich und ich ging wieder zu den Kindern. 

„So, meine Lieben. Heute unterrichte ich euch mal." Die Kinder fingen an mit jubeln. „Aber glaubt mir, es wird nicht entspannter sein." Sofort ebbte der Lärm ab. Ich lachte leicht und teilte die Blätter aus, ehe ich mit dem Unterricht anfing.

Vier lange Stunden ging der Unterricht. Ohne Pausen versteht sich, zumindest nur mit kurzen. Ich war froh, als ich Sarah und Lari Bericht erstatten konnte. Danach musste ich ein Protokoll schreiben, was ich eine halbe Stunde vor Feierabend fertig schrieb. 

Ich verließ total fertig die Schulhütte und lief direkt zur Essenshütte, wo es zum Glück schon Essen gab. Ich schaufelte mir eine große Portion auf den Teller und setzte mich an meinen Stammtisch. Später gesellten sich meine Freunde zu mir und der Abend wurde noch recht lustig. 

Willow hatte ein Spiel dabei, dass UNO hieß, und wir spielten bis uns die Erwachsenen in die Hütten bringen wollten. Da hörten wir dann gezwungenermaßen auf und gingen mit. In meiner Hütte fiel ich müde in mein Bett und war gleich schon eingeschlafen. 

Hey, ihr.

Es wird langsam, trust the process haha :)

Golden_Moonx_

The Last HumansWhere stories live. Discover now