Kapitel 42 ✔️

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A M A L I A

„Amalia!"
Erschrocken riss ich die Aufgaben auf und blickte in James' Gesicht.
„Was ist los?", fragte ich.
„Dein Vater...", erwiderte er und verstehend nickte ich.
Langsam erhob ich mich und zusammen mit den anderen machte ich mich auf den Weg.
Gibbs führte uns und kurz darauf erreichten wir das Ende eines Hügels.
Auf dem Boden lagen zwei Personen, die ein Lager zu beobachten schienen, was unter uns lag.
Nervös blieb ich kurz stehen, als ich bemerkte, dass die Person, die neben meinem Dad lag, Jack war.
„Jack!", sagte Gibbs und Dad befahl ihm mit einer Geste, den Mund zu halten.
Gibbs legte sich neben Jack, der ihn lächelnd ansah.
„Gibbs.", lächelte Jack. „Ich war schon auf dem Weg dich aus dem Kerker zu befreien."
Skeptisch blickte Gibbs Jack an und gab einen ironischen Ton von sich.
„Du hast meine Karte geklaut.", meinte Jack dann und schnipste Gibbs auf die Nase.
„In Ordnung. Ziehen wir uns zurück.", sagte Dad und erhob sich.
Gibbs und Jack taten es ihm gleich und kamen zu uns.
„Amalia.", murmelte Jack und musterte mich erschrocken.
„Jack.", seufzte ich und vermied es ihm in die Augen zu sehen.
Wir machten uns auf den Weg.
Wohin? Ich weiß es nicht.
Stillschweigend lief ich hinter Dad und bekam das Gespräch zwischen Gibbs und Jack mit.
„Was hast du vor, Jack?", fragte Gibbs. „Warum lässt du dich mit Barbossa ein?"
„Es gibt da ein Mädchen...", murmelte Jack und traurig senkte ich den Kopf.
„Meinst du Amalia?", erwiderte Gibbs verwirrt.
„Mhm.", murmelte Jack und fing dann an zu flüstern, sodass ich kein Wort mehr verstehen konnte.
Nach einer Weile befanden wir uns ein paar Meter von dem Lager der Spanier entfernt und beobachteten sie.
„List ist besser als Gewalt.", meinte Jack. „Ich mache ab hier allein weiter, angesichts deines Zustandes. Du hast doch keine Holzwürmer oder?"
„Ich weiß deine Fürsorge zu schätzen, Jack, aber ich werde dir trotzdem nicht von der Seite weichen.", erwiderte Dad. „Amalia kommt allerdings noch mit."
Stumm nickte ich, als jemand meine Hand berührte.
Ich blickte zu James, der meine Hand sanft drückte.
„Pass auf dich auf.", flüsterte er und irritiert nickte ich nur, bevor ich mich gemeinsam mit Dad und Jack auf den Weg machte.
Wir durchquerten den Fluss, der sich um das Lager der Spanier befand und schlichen dann durch das Gestrüpp.
Durch Gebüsche und Pflanzen beobachteten wir ein paar Spanier in einem Zelt.
„Da, der da, das ist der Anführer.", sagte Dad leise. „Behalte sein Zelt im Auge, denn darin... Nein, warte, da. Das müssen sie sein."
Ich entdeckte zwei Kelche auf dem Tisch, an dem die Spanier sich befanden.
Wir glitten zu Boden und krochen voran.
„Dein Schwert riecht komisch.", kommentierte Jack.
„Das ist das Gift von seinen Kröten.", erwiderte ich. „Ein Kratzer und du stirbst in wenigen Minuten."
„Macht es dir was aus, dass woanders hinzuhalten?", fragte Jack angewidert. „Ich kann Kröten nicht ausstehen."
Irgendwann erhob sich Dad und lehnte sich gegen einen Baum.
Jack und ich erhoben uns ebenfalls.
„Was machst du denn?", fragte Jack verwirrt und musterte Dad, der sich umblickte.
„Ich plane unseren Fluchtweg.", erwiderte Dad. „Machst du das nicht genauso?"
„Doch.", flunkerte Jack, was mich schmunzeln ließ. „Aber manchmal improvisiere ich auch."
Jack wandte sich ab und lief zu den Tisch, an dem nur noch ein Spanier saß und die Kelche polierte.
Geschickt nahm Jack die zwei Kelche still und heimlich an sich.
Dad und ich liefen zu ihm.
Der Spanier war gerade dabei, uns zu entdecken, als Dad dem Spanier einen Schlag an den Kopf verpasste, der daraufhin bewusstlos wurde.
„Und jetzt?", fragte ich.
„Wir schlendern raus. Ruhig und langsam.", meinte Jack. „Als würden wir dazugehören."
Wir schlenderten hinaus und an einem Spanischen Soldaten vorbei, der auch einfach weiterlief.
Doch er schien zu bemerken, dass wir hier nicht hingehören und kurz darauf kreuzten sich unsere Waffen.
Es kamen immer mehr Soldaten gegen die wir kämpfen mussten, doch schlussendlich besiegten wir sie und liefen schnell weiter.
Wir hätten es auch fast geschafft, als wir kurz darauf einer Meute Soldaten gegenüberstanden, die ihre geladenen Gewehre auf uns gerichtet hatten.
Bald darauf saßen wir auf dem Boden, gefesselt an Bäumen.
„Warum passiert eigentlich immer so etwas, wenn du dabei bist?", fluchte ich, woraufhin mich Jack schmollend anblickte.
„So, und was ist jetzt mit deinem Fluchtweg?", fragte Jack.
„Das ist deine Chance zu improvisieren.", meinte Dad.
„Ich versuch's ja.", erwiderte Jack. „Vielleicht kriege ich eine Hand frei."
Ich sah dabei zu, wie Dad sein Bein abnahm, was jetzt auch Jack auffiel.
„Du hast da drin ein Messer versteckt, gewieft.", sagte Jack begeistert.
Dad machte den Korken mit seinem Mund ab.
„Besser.", erwiderte Dad und nahm dann einen Schluck aus seinem Bein.
„Sowas will ich auch haben.", murmelte Jack.
Dad reichte mir das Bein gefüllt mit Rum, aus der ich einen Schluck nahm, bevor ich sie an Jack reichte.
„Trinken wir auf Rache.", grinste Jack. „Süß und rein."
„Auf Rache?"
„Komm, komm, Hector.", sagte Jack. „Die Kelche waren nicht da, also wärst du im Grunde gleich wieder verschwunden. Aber du hast gewartet. Auf Blackbeard."
Dad machte ein erstauntes Gesicht und gespannt verfolgte ich das Gespräch der beiden.
„König George, Freibeuter, Perücke. Ist nur eine billige Fassade.", meinte Jack. „Kauf ich dir nicht ab."
„Du warst nicht dort in jener Nacht und Amalia auch nicht.", erwiderte Dad verbittert.
„Als die Pearl versunken ist."
„Gestohlen, nicht gesunken.", meinte Dad. „Wir lagen vor der Küste von Hispaniola, als der Angriff begann. Keine Provokation, keine Warnung, keine Chance auf Parley. Sie haben alles, was sie hatten auf uns abgefeuert. Und die See unterhalb der Pearl wird zu einem schwarzen Loch. Die Pearl stampfte und schlingerte wie noch nie. Jede Planke, jede Reling, jeder Holm ächzte unter der Gewalt. Die Takelage wurde lebendig. Unser eigenes Schiff kehrte sich gegen uns..."
Erneut lauschte ich Dads Geschichte, die er mir vor kurzem ebenfalls erzählt hatte.
„...die Leinen umwanden die Besatzung, als wären sie Schlangen. Und auch mein Bein hielten sie umschlungen, aber ich hatte die Hände frei und zog mein Schwert. Ich bin Herr über mein Schiff, nicht Blackbeard. Ich bin Herr über mein Schicksal, nicht Blackbeard. Also tat ich, was nötig war."
Dad nahm einen weiteren Schluck aus seinem Bein.
„Ich habe es überlebt.", hauchte Dad und setzte sich sein Bein wieder an.
„Das heißt, dich interessiert die Quelle gar nicht.", schlussfolgerte Jack.
„Genauso wenig wie König George oder wilde Geschichten von der Hoffnung auf geheilte Knochen.", nickte Dad, was mich schmunzeln ließ. „Ich würde meinen linken Arm opfern für Rache an Blackbeard."
„Meinst du nicht, ein fehlendes Körperteil langt?", fragte ich belustigt, was Dad grinsen ließ.
„Und deinen Rechten nicht?", erwiderte Jack an Dad gewandt.
„Ich brauche den guten Arm, um meine vergiftete Klinge in sein verfluchtes Herz zu stoßen.", zischte Dad.
„Ich sorge dafür, dass du diese Chance bekommst.", grinste Jack und rieb sich seine nun freien Hände.
„Na endlich.", erwiderte ich. „Du hast ziemlich lange gebraucht, um deine Hände zu befreien."
„Ich bin wohl etwas eingerostet, Liebes.", meinte Jack.
„Scheint wohl so.", zwinkerte ich. „Dann sei dir natürlich verziehen."

Piratengeflüster - Fluch der KaribikWhere stories live. Discover now