Die Vergangenheit ist ein Kampf, doch die Zukunft ist ein Krieg (2)

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„Melia wird kommen." Sie zog ihre Hand wieder an ihren Tee zurück und nahm noch einen Schluck. Ja, sie würde kommen. Zu ihr. Sie schloss die Augen und sog noch einmal an dem Duft des Tees, bevor sie das letzte Bisschen ihre Kehle hinab schüttete.

„Wer ist Melia? Eine alte Freundin von dir?" Er starrte sie aus offenen Augen an. Levelay schaute ihm ungläubig ins Gesicht. Wollte er sie in die Irre treiben?

„Vor fast einem halben Jahr hatte ich die letzte Vision über die Göttin. Ich habe dir alles ganz genau erklärt. Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du alles wieder vergessen hast?" Ihr Blick verengte sich fragwürdig. Wenn er tatsächlich so unwissend war, wie er tat, dann musste sie alle Hoffnung aus dem Gedanken nehmen, dass sie ihn zur Erleuchtung geleiten konnte.

„Ich mache nur Spaß. Ich kann mich noch all zu gut an deine letzte Vision erinnern. Wie könnte ich deinen großartigen Fall vom Stuhl auch vergessen?" Er lachte und in Levelay zog wieder etwas Hoffnung ein. Sie hatte sich doch den Richtigen als Lehrling ausgesucht. Sie stellte die leere Tasse auf den Tisch und machte Anstalten sich zu erheben. Zwei Hände umfassten ihre Schultern und drückten sie zurück auf den Stuhl. Nur noch kurz durchzuckte sie Schmerz. Der Tee tat, was er versprach.

„Wo willst du hin?" Eine Hand löste sich und baute sich mahnend vor ihr auf. Den Zeigefinger der rechten Hand durchgestreckt blickte Faylan auf sie nieder.

„Wir müssen aufräumen." In Gedanken versunken, versuchte sie sich erneut zu erheben, wurde jedoch von seinen starken Armen gestoppt, die sie wieder zurück auf den Stuhl pressen wollten.

„Das ist nicht dein Ernst? Mehr als ‚Melia wird kommen' erzählst du nicht?" Sein Blick wurde leicht rot. Er war erbost. Levelay lachte innerlich. Es war keine Meisterleistung zu erkennen, was für Gefühle ihr Lehrling hegte.

„Das war allerdings mein Ernst." Sie hatte nicht vor ihm auch nur irgendetwas über ihre Vision zu erzählen. Erst musste sie selbst verstehen, was ihr gerade offenbart worden war. Die Vision war länger als alle anderen, die ihr je zuvor widerfahren waren, zusammen. Sie musste eine lange Zeit auf den Stufen der Leiter in Starre verharrt gewesen sein, derart viel Informationen hatten sich ihr eröffnet. Zu ihren Missgunsten wusste sie nun jedoch, was ihre Person in Melias Lebensgeschichte für eine entscheidende Rolle spielte. Und es war nicht die Beste. Sie schüttelte den Kopf und versuchte ihre Gedanken von all dem frei zu kriegen, was ihr offenbart worden war. All zu grausam war das Gesehene.

„Levelay, du magst meine Meisterin sein, aber ich sehe, dass es dich bedrückt. Du erzählst es mir, oder ich werde es im Laufe des restlichen Tages aus dir heraus quetschen müssen. Du willst doch nicht etwa wieder in eine Depression verfallen, wie das vorvorletzte Mal?" Er drückte sie wieder auf ihren Stuhl. Er meinte es Ernst und er hatte wie oftmals Recht. Als sie von Melias Mordlust an den Soldaten erfahren hatte, war sie dunklen Gedanken erlegen. Sie wusste, dass ihre Visionen so eintreten würden, wie sie es ihr zeigten. Sie konnte nichts daran verändern. Im Stillen hatte sie bereits vorher für die Witwen gebetet, welche an diesem Tag ihre Männer verloren hatten. Es waren viele gewesen. Zu viele, die sie noch brauchen würden.

„Nun gut. Was willst du wissen?" Sie seufzte und gab sich Faylan hin. Er durfte etwas wissen, aber nicht alles. Sie musste ihn vor der Zukunft beschützen. Alle anderen ebenfalls.

„Kommt sie allein?" Seine Augen sprühten erneut vor Aufregung, Erwartung und Vorfreude. Levelay sah ihn mitleidig an. Die Zukunft würde nicht so Freude sprühend sein, wie er es sich erhoffte. Das Morgen für sie alle war düster und für Melia noch finsterer. Ein Schatten der Boshaftigkeit hatte sich über die Zeitspanne gelegt und es war an Melia allein die Dauer zu veranlassen. Ihre Handlung bestimmten den Untergang und die Erlösung, gemischt mit der Sprunghaftigkeit des Zufalls.

KönigstochterWhere stories live. Discover now