40 - Ein Koffer voller Tränen

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"Was machst du hier?" knurrte Senju gereizt.
"Was ich hier mache? Das sollte ich eher dich fragen! " fauchte Naoya jetzt.
"Das geht dich nichts an!"
Naoya lachte verächtlich auf. "Das du mir meine Verlobte ausspannen willst, geht mich sehr wohl etwas an!"
Ich legte ihm seufzend eine Hand auf die Schulter. "Lass gut sein Naoya." bat ich und hatte absolut keine Lust auf dieses Theater. Es hatte wahrscheinlich einfach seinen Stolz verletzt, was er nun Senju spüren ließ. Ohnehin war er nie gut auf ihn zu Sprechen gewesen und dass er gerade jetzt hier auftauchte war wahrscheinlich nur der Fall, da mir das Schicksal wieder übel mitspielen musste.
"Ausspannen? Du wirst ihr niemals das geben was sie braucht du verbitterter Eisklotz!" Senjus Stimme war voller Hass und ich fröstelte.
Naoya schrie wütend auf. "Verbitterter Eisklotz?!" er packte Senju an der Kehle und ich schlug erschrocken die Finger in den Stoff seines Gewands. "Du scheinst nicht sonderlich an deinem Leben zu hängen!"
"Und du kannst die Wahrheit nicht ertragen!" presste Senju angestrengt hervor.
Ich zerrte an Naoya, doch er stieß mich von sich und ich landete im Dreck.
Mein Herz bakam einen schmerzhaften Riss und ich bewegte mich keinen Zentimeter mehr.
"Du wirst niemals ein fähiger Ehemann sein, denn dafür muss man lieben können!"
Bei diesem Satz warf Naoya einen Blick über die Schulter und sah mit seinen grauen Augen unleserlich auf mich herab.

Sein Gesicht war vor Zorn ganz verzerrt

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Sein Gesicht war vor Zorn ganz verzerrt.
Senju befreite sich aus Naoyas eisernem Griff." Ich weiß was du denkst! Liebe ist unwichtig, was zählt ist die Familie, die Ehre und das Ansehen des Clans und genau deshalb wirst du nie von jemandem geliebt werden!"
Diese Worte trafen mich bis ins Mark. Ich sah wie Naoya einfror und mein Herz brach nun in kleine Stücke. In genau diesem Moment begriff ich entgültig, dass ich meine Gefühle nicht mehr leugnen konnte.
Doch Naoya war ein Frauenverachtender, nur auf Ehre und Ansehen bedachter, kaltherziger Mann, der mich auf seine Art in Schutz nahm, für mich sorgte und mein Haar zwischen den Fingern drehte, während ich schlief.
Er war mehr, als er alle sehen ließ und ich wusste es. Ich kannte die Umstände unter denen sein Bruder ums Leben gekommen war, kannte seine Trauer. Es war, als wüsste ich alles von ihm und doch gab er mir immer das Gefühl, als wären wir zwei Fremde.
Ich hielt diesen Schmerz in meiner Brust kaum mehr aus, es war als zerriss es mich.
Ein Schluchzen entfuhr meiner Kehle und ich schlug die Hand vor den Mund, um es zu ersticken.

"Was weißt du schon?!" knurrte Naoya, der sich zu meinem Glück wieder Senju zugewandt hatte.
Ich kroch lautlos Rückwärts und rappelte mich auf, um so schnell zu laufen wie ich konnte.
Ich wollte fliehen, vor dieser Situation, vor dem Zenin-Clan, vor Naoya und Senju, aber in erster Linie vor meinen Gefühlen.

Ich nahm das erstbeste Taxi, welches ich am Straßenrand fand und ließ mich zurück ins Anwesen fahren, während mir das Blut heiß durch die Adern pulsierte.
Dem Fahrer gab ich viel zu viel Geld, doch das war mir egal. Wie betäubt stieg ich aus dem Wagen und stolperte ins Haus. Ich steuerte ohne Umschweife das Zimmer von mir und Naoya an. Dann öffnete ich den Schrank, zerrte den Koffer davor und und fing an meine Klamotten hineinzustopfen.
Ich schluchzte und meine Tränen tropften unaufhörlich auf den Stoff, wo sie dunkle Flecken hinterließen.
Es war das Beste, wenn ich ging. Wahrscheinlich sogar für meine eigene Familie.

Die Tür flog auf und krachte ungebremst gegen die Wand. Ich fuhr zusammen, sah jedoch nicht auf. Auch ohne hinzusehen wusste ich, wer im Türrahmen stand.

"Was soll das werden?!" zischte Naoya

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"Was soll das werden?!" zischte Naoya.
Meine Hände zitterten, doch ich ließ es ihn nicht sehen. "Ich packe..." murmelte ich mit brüchiger Stimme.
"Erst versagst du im Kampf und jetzt willst du abhauen, wie feige bist du eigentlich?!"
Ich schluckte seine harten Worte einfach herunter.
"Nur weil du meintest diesen Idioten beschützen zu müssen, musste ich an diese Kaya einen ganzen Tag verschwenden." In seiner Stimme war nichts als Verachtung.
Ich wollte mich schon beinahe bei ihm entschuldigen, doch ich biss mir auf die Zunge. "Tu nicht so, als hättest du den Tag lieber mit mir verbringen wollen..."
Er ging nicht darauf ein. "Wo willst du hin?!" fragte er stattdessen, als ich meinen Koffer schloss und an ihm vorbei tragen wollte. Er schlug mir die Tür vor der Nase zu und versperrte mir den Weg.
"Es ist besser, wenn ich verschwinde." antwortete ich gezwungen ruhig, während sich alles in mir zusammenzog.
Naoya verengte die Augen zu Schlitzen. "Wieso?"
"Ich ertrage das einfach nicht länger."
"Und wo willst du hin, nach Hause zu deiner Schwester die dich vergiftet und zu ihrem Verlobten, dem Auftragskiller?!"
In meinem Inneren kochte es jetzt und die Tränen versiegten. "Meine Familie ist in Gefahr Naoya und außerdem..." ich brach ab.
Naoya ergriff meinen Arm. "Außerdem was?!" schrie er beinahe.
"...außerdem kannst du das nicht verstehen. Senju hatte recht, du wirst nie jemanden lieben." die Worte trafen mich selbst wahrscheinlich mehr als ihn, denn jetzt sah ich seine Gestalt nur noch verschwommen durch einen Tränenschleier.
"Das hat er so aber nicht gesagt." stellte Naoya fest und durchbohrte mich mit einem forschenden Blick.
Ich schüttelte nur den Kopf, wollte ich doch nicht weiter darüber nachdenken.
"Dann geh doch, verdammt nochmal!" schrie er jetzt lauthals und da flossen die Tränen wieder meine Wangen hinab.
Er riss die Tür auf, die er mir eben noch versperrt hatte und ich zerrte, mit einem tiefen Loch in meiner Brust, den Koffer hinter mir her.

Plötzlich packte er mich wieder am Arm und ich ließ den Koffer ausversehen zu Boden fallen

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Plötzlich packte er mich wieder am Arm und ich ließ den Koffer ausversehen zu Boden fallen.
Naoya riss mich zurück und ich stolperte darüber. Seine Hand war, wie eine Schraubzwinge, um meinen Oberarm geschlossen und ich wusste nicht, wie mir geschah, als er, wie aus dem Nichts, seine warmen Lippen auf meine presste.
Mein geschundenes Herz begann wieder in meiner Brust zu schlagen und stolperte taktlos voran.
Naoyas Hände schlossen sich um mein Gesicht und ließen mich nicht zurückweichen.
Ein bisher unbekanntes Verlangen pulsierte durch meinen Körper, doch ich peitschte es mit aller Vernunft zurück.

Ich stieß Naoya von mir und wich schwer atmend einen Schritt zurück.
Kein Wort kam über meine Lippen.
"Vielleicht habe ich keine Ahnung von Gefühlen, aber du bringst mich vollkommen durcheinander..." Ich sah in seinen Augen, dass er mit sich selbst rang. "Bleib!" schrie er und sah aus, als würde er vor Zorn bald den Verstand verlieren.
Jetzt kam er auf mich zu. "Nein..." murmelte er dann leiser und legte eine Hand unter mein Kinn. Er zwang mich zu ihm aufzusehen und ich wurde fortgetragen von dem grauen Sturm, der in seinen Augen tobte.
"...ich will, dass du mich liebst."
Seine Worte waren kaum mehr, als ein Flüstern und mein Herz sprang ihm beinah entgegen. Denn genau das war es, was ich tat. Ich liebte ihn, mit jeder noch so widerspenstigen Faser meines Körpers.

Mein Hass in seinen Augen | Naoya Zenin x ReaderWhere stories live. Discover now