4 - Von großem Nutzen

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Es war still, so unendlich still hier draußen. Ein kühler Wind wehte mir um die Nase. Ich stand auf der Veranda und atmete tief, meine Tränen waren längst versiegt. "Ich hoffe du hast deinen Frieden gefunden." murmelte ich so leise, dass nur ich es hören konnte.
Die Sterne schienen heute besonders hell zu funkeln, jemand anders hätte sicher gedacht, dass dies ein Zeichen wäre, doch für so einen Unsinn hatte ich nicht viel übrig. Der Tod war endgültig. So endgültig, wie nichts auf dieser Welt. Abschiede waren schwer und traurig, aber das Leben ging weiter, ob man es nun wollte oder nicht.

Ich hatte Sano nicht geliebt, aber er lag mir am Herzen und der tiefe Riss in meinem Inneren würde wohl bleiben, bis ich lernte damit zu leben.
Ich seufzte und wandte mich um. "Genug Trübsal für einen Tag."
Dann ging ich nach drinnen und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.
Als ich die Tür öffnete, schoss mir ein Bild in den Kopf, von Sano, wie er auf dem Bett saß und mich angrinste, wie so oft. Erschrocken fuhr ich zusammen und wich zurück. Mein Herz schlug wie ein Presslufthammer in meiner Brust und ich legte mir eine Hand auf den Brustkorb, um mich zu beruhigen, während ich nach Luft schnappte. Was war das denn?!

Ich lehnte mich an die Wand des Korridors und atmete tief durch. Mein Gehirn hatte mir einen Streich gespielt, doch das war absolut nicht zum Lachen. Dieses Zimmer...ich wollte es am liebsten gar nicht mehr betreten.
Auf einmal hörte ich schnelle Schritte und sah den Flur herunter. Niemand zu sehen.
Eine Tür knarrte. Ich schlich auf leisen Sohlen durch die Dunkelheit und um die nächste Ecke. Fahles Licht fiel durch einen Türspalt und erhellte den Flur ein wenig. Es kam aus dem Badezimmer.

Vorsichtig spähte ich durch den Spalt und sah den breiten Rücken eines hochgewachsenen, jungen Mannes mit weiß-schwarzem Haar, Naoya.
Er atmete schwer und hob gerade den Kopf, um sich im Spiegel zu betrachten. An seinem Gesicht liefen noch einige Wassertropfen hinab. Sein Haar klebte ihm in nassen Strähnen in der Stirn. Er war kreidebleich und unter seinen fahl leuchtenden, grauen Augen zeichneten sich dunkle Augenringe ab. Gerade fragte ich mich, ob er vorhin auch schon so grauenhaft ausgesehen hatte? Vielleicht war es mir auch einfach nicht aufgefallen, da ich es vermieden hatte ihn direkt anzusehen.

"Du hast dein Ziel erreicht Naoya!" sagte er und lächelte gezwungen sein Spiegelbild an

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"Du hast dein Ziel erreicht Naoya!" sagte er und lächelte gezwungen sein Spiegelbild an. Seine Augen glänzten unheilvoll.
Mir blieb das Herz beinah stehen. Er hatte es also immer nur auf die Führung des Clans abgesehen!
Machte Sinn, sein Bruder hatte ihm immer nur im Weg gestanden.

Ich presste mir die Hand auf den Mund, um keinen verräterischen Laut von mir zu geben, während mir klar wurde, dass er ihn wirklich selbst aus dem Weg geräumt haben musste.
Naoyas Hände schlossen sich krampfhaft um das Waschbecken, bevor er zur Seite stürzte und sich über die Toilette beugte. Er erbrach sich heftig und ließ sich danach erschöpft auf drn Boden fallen, doch ich konnte kein Mitleid für ihn empfinden.

Als ich bemerkte, dass er seinen Kopf hob und dabei war in meine Richtung zu blicken, wandte ich mich von der Tür ab.
"Ist da jemand?" fragte er tonlos.
Ich zögerte, sollte ich mich ihm zeigen oder nicht? Als seine zukünftige Frau war es sicher meine Aufgabe, mich um ihn zu kümmern, aber allein bei dem Gedanken daran stellten sich mir die Nackenhaare auf. Ich hatte kaum Zweifel daran, dass Sanos Blut an seinen Händen klebte. So einen Menschen konnte ich nicht umsorgen. Nur gut, dass ich noch nicht seine Frau war. Ein paar Monate hatte ich noch Zeit die Wahrheit offenzulegen. Wenn sein Vater erfuhr, dass er für den Tod Sanos Tod verantwortlich war, würde er ihm sicher nicht den Zenin-Clan anvertrauen. Nein, er würde ihn verstoßen. Damit war zwar auch unsere Hochzeit hinfällig, doch dieses Opfer musste ich bringen. Auch, wenn es nicht gut für die Bande unserer Clans war und meine Familie sicher nicht gefallen würde, so war ich es Sano schuldig. Mal abgesehen davon war diese Hochzeit arrangiert und ich konnte mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass ich jemanden wie Naoya Zenin niemals aufrichtig lieben konnte. Denn er war einfach nur ein frauenfeindlicher Zyniker. Dass er sich da drin die Seele aus dem Leib kotzte, hatte er verdient! Wie konnte man seinem eigenen Bruder keine Träne nach weinen? Auch wenn er ein Mann war, der Gefühle wie Trauer sicher niemals offen zeigte, so konnte man doch nicht so tun, als wäre der Tod des eigenen Bruders einem von großem Nutzen.

Ich hörte seinen schweren, rasselnden Atem aus dem Badezimmer und ballte die Hände zu Fäusten. Das Bild von Sano schlich sich in meine Gedanken, der mir jetzt sicher eine Hand auf die Schulter gelegt hätte, damit ich mich beruhigte und mir anschließend erklärt hätte, dass sein Bruder nunmal so ist. Ich schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden. Er war nicht mehr hier, um Streitigkeiten oder böse Gedanken zu vertreiben und das war sicher die Schuld seines Bruders! Das würde ich ihm niemals vergeben können.
"Wer ist da?" fragte Naoya jetzt und ich bedachte diese frage nur mit einer hasserfüllten Antwort, die ich jedoch nicht aussprach.
Ich schwieg und machte mich lautlos auf den Weg zurück, wo ich hergekommen war.
"Bleibt mir bloß vom Leib..." hörte ich ihn noch schimpfen.
"Nichts lieber als das." murmelte ich leise vor mich hin.

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Hallo meine Lieben, ich melde mich auch mal wieder zu Wort 😁 wie gefällt euch die Story bisher? ^^

Die Situation am anfang, als der Reader einen Schreck bekommt, beim öffnen der Zimmertür, hat keine tiefere Bedeutung!
Mir ist nur das Selbe nach dem Tod meines Opas passiert und ich fand das so erstaunlich (und unheimlich), dass ich es deshalb gern mit einfließen lassen wollte.
Naja egal...genug zu meiner Person...

Wir lesen uns hoffentlich bald im nächsten Kapitel wieder!

~eure Zelda ❤️

Mein Hass in seinen Augen | Naoya Zenin x ReaderWhere stories live. Discover now