36 - Ein Brief

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"Wo ist er?" fragte ich, nachdem ich die Tür zum Speisesaal geöffnet hatte und Naoya nicht dort vorfand.
Als ich heute morgen aufgewacht war, hatte ich die andere Seite des Bettes bereits leer aufgefunden.
Senju, der am Tisch saß, legte den Kopf fragend schief und musterte mich einen Moment irritiert. Meine Haare standen in alle möglichen Richtungen vom Kopf ab und ich versuchte sie notdürftig glatt zu ziehen, damit sich der Schwarzhaarige endlich auf meine Frage konzentrierte, statt auf mein Aussehen.
"Keine Ahnung, er ist vor ein paar Stunden weg." murmelte er nun und deutete richtung Haustür.
Ohne ein weiteres Wort, machte ich kehrt und lief eiligen Schrittes den Flur herunter. Als ich die Haustür öffnete, lief ich geradewegs in Naobito hinein, der überrascht auf mich herab sah. 
" Wohin so eilig?" fragte er neugierig.
"Wo ist Naoya?" fragte ich ohne Umschweife und er rieb sich nachdenklich den Bart. "Er wollte auf Mission." antwortete er dann.
"Auf Mission?" wiederholte ich befremdlich.
"Ja, sie war eigentlich Senju zugeteilt, doch Naoya wollte das unbedingt übernehmen."
Ich nickte nur langsam und trat den Rückweg an. "Verstehe..." stammelte ich dabei und hielt den Blick starr auf den Boden gerichtet.
"Er ließ nicht mit sich reden." rief Naobito mir noch nach und ich winkte nur ab, als Zeichen dafür, dass ich es schon verstanden hatte.

Missgelaunt kehrte ich in den Speisesaal zurück und ließ mich neben Senju fallen. Als ich mir das Frühstück reinschaufelte, wie ein Raddampfer beäugte der mich nur perplex.
"Waf ift?!" fragte ich etwas angesäuert.
"Nichts..." antwortete er verhalten und aß gemächlich weiter.
Ich nahm mir von allem, was auf dem Tisch stand und als ich ihn leise in sich hinein lachen hörte, wandte ich mich zu ihm. "Was?!"
Er grinste breit. "Du hast..."

Seinen Satz konnte er nicht beenden, da gerade erneut die Tür geöffnet wurde und meine volle Aufmerksamkeit der Person galt, die herein trat.
Es dauerte keine zwei Sekunden da verzog ich auch schon das Gesicht. Es war definitiv nicht die Person, mit der ich gerechnet hatte.

"Hallo ihr Beiden!" trällerte eine viel zu hohe Stimme und Senju wirkte nicht weniger überrascht, als ich selbst.
"Kaya?!" kam es verständnislos aus meinem Mund und sie warf mit einer schwungvollen bewegung das silberne Haar zurück.

"Kaya?!" kam es verständnislos aus meinem Mund und sie warf mit einer schwungvollen bewegung das silberne Haar zurück

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Nun war mir der Appetit vergangen. Ich seufzte und lehnte mich wartend zurück.
"Naobito hat mich rein gelassen." kicherte sie und kam mit ihrer elfenhaften Gestalt zu uns herüber geschwebt. Jetzt verfluchte ich bereits den Alten.
Kaya ließ sich neben mich fallen und sah sich zufrieden um. "Ist das Naoyas Platz? Er riecht total nach..."
"Warum bist du hier?" unterbrach ich sie ruppig und sie lächelte mich extra freundlich an, obwohl ich in ihren Augen leicht die Verachtung durchschimmern sah.
"Ich soll euch diese Einladungen hier vorbei bringen." Sie hielt uns Briefumschläge unter die Nase. Ich nahm sie ihr aus der Hand und öffnete den, der für Naoya und mich bestimmt war.

"Das...." stammelte ich und mir wich jegliche Farbe aus dem Gesicht.
Plötzlich tauchte Senjus Hand in meinem Blickfeld auf, die mir den Brief abnahm.
"Was ist das?!" 
Er saß noch immer neben mir und laß mit ausdrucksloser Mine den Brief.
"Das soll wohl ein Scherz sein?!" rief er dann verächtlich und warf ihn auf den Tisch.
Seine Augen trafen auf meine, die vor Entsetzen noch immer weit aufgerissen waren.
Kaya lächelte ihn nur unverwandt an und erhob sich dann. "Wieso sollte es?"

"Wie lange kennen die sich jetzt? Einen Monat?!" er klang alles andere als begeistert und wie er mich so ansah und ich zur Antwort nur die Schultern zuckte, hatte ich das Gefühl er verstand mein Entsetzen und meinen Schmerz.
"Spielt das denn eine Rolle? Wo die Liebe hinfällt." kicherte Kaya und er wandte sich zu ihr.
"Die heiraten eher als Naoya, dabei ist Hinata noch völlig grün hinter den Ohren und diese Verbindung dient nichteinmal einem höheren Zweck!"
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Nicht jeder heiratet, weil er Ansehen und Reichtum erlangen will." gab sie dann zum Besten und sah mich dabei an.

Ihre Worte bohrten sich in meine Ohren wie eine Pfeilspitze. Ich verengte die Augen zu Schlitzen und erhob mich langsam. "Was soll das heißen?" fragte ich prüfend.
Sie lächelte glatt und hielt meinem Blick stand. "Ohne Naoya hättest du weder Brot auf deinem Tisch noch würde dir irgendjemand beachtung schenken."
Sie betrachtete Senju aus dem Augenwinkel doch selbst er schien einen Moment zu perplex, um zu antworten. 
"Eifersüchtige Hexe." murmelte ich vor mich hin.
"Wie bitte?!" fauchte sie sofort und ich funkelte sie verärgert an.
Jetzt platzte mir beinah der Kragen. "Meinst du ich merke nicht, wie du dich an Naoya ranschmeißt?!"
Senju trat zwischen mich und Kaya, bevor ich ihr meine Meinung um die Ohren schmettern konnte. "Schluss damit!" mahnte er.
Doch sie schob ihn nur zur Seite und grinste mich breit an. "Wenn hier jemand eifersüchtig ist, dann ja wohl du!"
Ich knirschte mit den Zähnen und spürte mehr als deutlich den Ärger in mir brodeln. "Einen scheiß bin ich! Ich kann sehr wohl mein Brot selbst verdinen und mein Ansehen ist ja gerade der Grund dafür, dass ich im Zenin-Clan aufgenommen werde. Aber davon hat jemand wie du natürlich keine Ahnung!"

"Genug jetzt!" warnte Senju eindringlich, doch wir kamen gerade erst so richtig in fahrt. "Du wilst angesehen sein? Das ich nicht lache, sicher kannst du mit deinen Fluchkräften noch nicht einmal ein einziges krümmen!" lachte sie.
Ich schnaubte. "Finde es doch heraus!"
Sie starrte mich bedrohlich an. "Wie du willst, lass uns kämpfen! "
"Gut, einverstanden!"
Senju seufzte ergeben und begleitete uns in den Garten.

"Was wäre ein Kampf ohne einen Einsatz?" fragte Kaya jetzt.
Ich zog misstrauisch eine Augenbraue empor. "Woran denkst du?"
"Wer gewinnt, der wird Naoyas verlobte." schlug sie vor und es kostete mich all meine Kraft, meine Kinnlade nicht auf den Boden fallen zu lassen.

Mein Hass in seinen Augen | Naoya Zenin x ReaderWhere stories live. Discover now