23 - Steh aufrecht

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Sauber...es musste sauber sein...
Eine Stimme drang von draußen herein, doch ich hörte nicht hin.
Die Tür flog wenig später auf und krachte gegen die Wand, was mich zusammenfahren ließ. Noch immer sah ich nicht auf. Meine Fingerknöchel waren bereits ganz wund gescheuert, doch ich hörte nicht auf den Stoff meines Kleides zu bearbeiten.
"Was machst du da, verdammt?!" knurrte eine vertraute Stimme und Naoya trat hinter mich.
Ich sah ihn nicht an.
Weiter machen, einfach weitermachen!

"Ich habe dich etwas gefragt!" zischte er.
Ich schwieg noch immer. Jetzt packte er mich an der Schulter und drehte mich zu sich. "Was soll das, du...?!" er brach ab, als er in mein blutverschmiertes Gesicht sah. Ich musste furchtbar aussehen, doch das war mir egal, hauptsache das Kleid, das er so mochte, wurde sauber.
"Was machst du da?!" fragte er noch einmal gereizt und musterte mich aus kalten, grauen Augen.

"Was machst du da?!" fragte er noch einmal gereizt und musterte mich aus kalten, grauen Augen

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Mein Herz begann wieder zu rasen und ich hielt den Blick gesenkt. "E-es...ich wollte nicht...das Kleid ist..." stammelte ich und brachte keinen zusammenhängenden Satz mehr heraus.
"Es ist schmutzig und klatschnass." stellte er fest und legte jetzt eine Hand unter mein Kinn, damit ich gezwungen war ihn direkt anzusehen.
Das Grau seiner Augen fesselte mich völlig, ich konnte nichts mehr sagen, meine Kehle war wie ausgetrocket. Er beugte sich zu mir herab und beäugte mein Gesicht genauer. Dann sprach er so leise, dass ich Gänsehaut bekam. "Rühr dich nicht vom Fleck!"
Einen viel zu langen Moment standen wir noch so da und er strich mir plötzlich mit dem Daumen etwas Blut aus dem Mundwinkel. Sein Atem kitzelte warm meine Lippen und steckte sie in brand.
Ich konnte ihm nur auf den Mund starren, bis er schließlich einen Schritt zurück trat und dann ohne ein weiteres Wort verschwand.

Ich blickte an mir herab und sah jetzt erst das Ausmaß der Katastrophe. Mein Kleid war beinah zur Hälfte durchsichtig, durch all das Wasser, zu allem Überfluss waren die Blutflecken noch sichtbar. Meine Hände waren ganz rot und wund, sie schmerzten. Auch mein Kopf tat weh, als würde er gleich platzen.
Ich stütze mich auf den Rand des Waschbeckens und begann vorsichtig mir das Blut aus dem Gesicht zu waschen.
Das warme Wasser brannte in den Wunden meiner offenen Fingerknöchel.

Wieder ging die Tür auf, diesmal etwas kontrollierter als vorhin.
Naoya war zurückgekommen und blieb neben mir stehen. "Steh aufrecht!" befahl er.
Ich schluckte die Übelkeit herunter, welche die bestialischen Kopfschmerzen mit sich brachten und tat, was er verlangte.
Dann drehte ich mich zu ihm, fixierte jedoch nur den Boden, da ich es nicht wagte ihm ins Gesicht zu sehen.
"Gut." sagte er und warf mir plötzlich etwas über die Schultern. Ich griff überrascht den kühlen Stoff seines Mantels und zog ihn mir vor der Brust zusammen. Er verbarg mein Kleid beinah komplett.
"Wir gehen!" knurrte Naoya nur und ich konnte mir vorstellen, wie wütend er auf mich sein musste. Der ganze Abend ging den Bach runter und das war meine Schuld.
Er wandte sich nicht von mir ab, um voraus zu gehen. Zögerte er?
Da legten sich wieder seine Finger unter mein Kinn und er hob meinen Kopf zu sich empor. "Halte den Kopf niemals gesenkt. Schon gar nicht, als meine Frau!" sagte er ernst und seine Augen waren so tief und klar, dass ich darin zu versinken drohte. Mein ganzer Körper kribbelte, als er mir seinen Arm entgegen streckte und ich an seiner Seite das Anwesen verließ, während ich von seinem Geruch eingehüllt wurde, Schuld war sein Mantel, den ich immer noch mit einer Hand fest umklammerte.

Die ganze Fahrt über sagte keiner von uns ein Wort. Die Stille war erdrückend, ich hatte das Gefühl etwas sagen, mich entschuldigen zu müssen, doch aus meinem Mund kam kein einziger Laut.
Der Wagen hielt plötzlich an. Ich blickte aus dem Fenster, konnte jedoch nichts als Dunkelheit sehen.
Waren wir schon zu Hause angekommen?
Als ich den Kopf umwandte, war Naoya bereits aus dem Wagen verschwunden. Irritiert öffnete ich die Tür, ich hatte ihn gar nicht aussteigen hören?
Zögerlich stellte ich meine Füße auf den pechschwarzen Boden. Schien nichteinmal der Mond?
Als ich die Tür hinter mir zuschlagen wollte, stand da auf einmal kein Auto mehr.
Erschrocken blickte ich mich um und sah in der Finsternis plötzlich jemanden stehen. "Ha-hallo?" stammelte ich und hatte zugegeben etwas Angst.
Vorsichtig ging ich auf die Person zu und als ich nur noch wenige Schritte von ihr entfernt war, erstarrte ich.
Schwarzes Haar, dunkle Augen und den Blick voller Güte. "Sano?"
Es war, als würde mein Herz von einem Dolch durchstoßen. Er war es, zweifellos.
Er lächelte nicht, wie gewöhnlich und hatte den Blick starr geradeaus gerichtet.
Ich wollte auf ihn zu rennen, ihm in die Arme fallen, ihm sagen, wie froh ich war ihn zu sehen, auch wenn es unendlich schmerzte, doch meine Füße wollten mir nicht gehorchen.

Plötzlich fuhr er zusammen. Ein roter Fleck bildete sich auf seiner Brust, der stetig wuchs. Blut.
Mir schlug mein Herz bis zum Hals, ich wollte schreien, doch hatte ich keine Stimme. Sein Körper bebte und jetzt spuckte er einen riesigen Schwall Blut, welches seinen Kimono komplett besudelte. Er wischte sich mit einer Hand durchs Gesicht und sah darauf herab.
Das Adrenalin schoss mir duch die Adern und ich wehrte mich mit aller Macht gegen meine Erstarrung.
Was passiert hier nur?!
Als hätte ich die Worte ausgesprochen, streckte Sano die blutverschmierte Hand aus und zeigte auf etwas, den Blick starr hinter mich gerichtet.
Als ich mich herum drehte setzte mein Herz einen Schlag aus. Da stand jemand. Weißes Haar mit schwarzen Spitzen, graue Augen und ein muskulöser Körper, der in blutgetränkten Klamotten steckte.
"N-Naoya..." stammelte ich lautlos. Plötzlich wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen und ich fiel.

Mein Hass in seinen Augen | Naoya Zenin x ReaderWhere stories live. Discover now