19 - Abendessen

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Als wir nach Hause kamen, war es sehr still im Anwesen. Erst, als wir das Esszimmer betraten, trafen wir auf ein paar Familienmitglieder.
Naoyas Tante sprang auf, als sie uns sah. "Ihr seid zurück." murmelte sie und drängte an uns vorbei.
"Wo willst du denn hin?" fragte Senju überrascht, da sie in Eile zu sein schien.
"Der junge Meister bat mich Bericht zu erstatten, sobald seine Verlobte zurückgekehrt ist." antwortete sie und war dann auch schon verschwunden.
Mein Herz verhaspelte sich kurz vor Schreck.
Senju schnalzte verächtlich die Zunge. "Man der tut ja so, als würde er sich mal für jemanden mehr interessieren, als für sich selbst."
Nach nichteinmal zwei Minuten ging die Tür wieder auf und eine Angestellte des Hauses kam herein.
"Setzt euch bitte, wir servieren gleich das Abendessen." bat sie höflich und rückte den Tisch zurecht.
Ich setzte mich neben Senju und es dauerte nicht lange, da wurde uns Sushi in großen Mengen gebracht.
Der Blick an die Uhr verriet mir, dass die anderen Clanmitglieder bereits gegessen haben mussten. Außerdem waren nur zwei weitere Plätze eingedeckt und das waren die von Naobito und Naoya.
"Die Besprechung dauert noch an. Ihr könnt gern schon jetzt essen oder wünscht ihr zu warten?" fragte die Bedienstete plötzlich, die meinen Blick auf die leeren Plätze bemerkt haben musste.
Ich hatte schon hunger, doch mir ging Naoyas Haltung nicht aus dem Kopf. Ich musste ihm beweisen, dass ich ihm eine gute Frau sein konnte. Besser als diese Kaya! Es war wichtig für meine Familie, dass er mich heiratete und nicht auf die Idee kam sie zur Frau nehmen zu wollen!

"Ich werde warten." entschied ich und lehnte mich zurück.
"Ist das dein ernst?!" fragte Senju und sein Gesichtsausdruck fiel in sich zusammen.
Ich zuckte nur die Schultern. "Wieso nicht?"
"Was wenn diese Besprechung die ganze Nacht dauert?"
Ich sah ihm ungerührt in die Augen. "Dann werde ich eben die ganze Nacht hier sitzen."

Senju aß unbeirrt zu Abend, während ich nur schweigend neben ihm saß und den Zeiger der Uhr beobachtete, der förmlich über das Ziffernblatt kroch.
"Bist du sicher, dass du nicht doch etwas essen willst?" fragte er nach einer geschlagenen Stunde bereits zum fünften Mal.
Ich schüttelte, wie die Male zuvor auch, einfach den Kopf und es schien ihn zu nerven.
"Dann hungere halt für diesen Idioten! Ich schau mir das nicht länger mit an!" zischte er, sprang auf und stapfte zur Tür.
Ich sah ihm unbeirrt nach." Warum bist du so wütend?" fragte ich ruhig.
Er blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen und seufzte tief.
"Weil ich weiß, dass Naoya das niemals für dich tun würde. Er ist halt nicht wie du und ich."
Ich schwieg. Natürlich wusste ich, dass er recht hatte, doch es änderte nichts daran, dass ich seine Frau werden würde und aus diesem Grund seine Erwartungen zu erfüllen hatte.
"Tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe." sagte Senju noch, bevor er schließlich ging.

Ich atmete tief und stützte mich vor mir auf dem Tisch ab. Mit jeder Stunde die verging sank ich mehr in mich zusammen, bis ich irgendwann mit dem Kopf auf der Tischplatte lag und den Zeiger der Uhr mehrere Runden über das Ziffernblatt verfolgte.
Im Haus war es ganz still geworden und draußen standen längst die Sterne am Himmel. Normalerweise müsste ich mich auf den Weg ins Schlafzimmer machen, doch keiner meiner Muskeln wollte sich mehr bewegen.
Ich blinzelte angestrengt. Mein schmerzender Hals und das starke Hungergefühl halfen mir, bei Verstand zu bleiben. Jedoch wurden meine Lider langsam schwerer und es bedurfte immer größerer Anstrengung sie offen zu halten.
Das letzte, dass sich in mein Gedächtnis einbrannte war, wie die Uhr zwei schlug, bevor alles schwarz wurde und ich in einen traumlosen Schlaf sank.

Ein unangenehmes Gefühl ließ mich wieder zu mir kommen. Als ich die Augen mühsam öffnete, sah ich jemanden neben mir hocken, der mir in die Wange kniff.
"Was soll das?" fragte eine kühle Stimme, doch sie schien so weit weg zu sein.
"Naoya bist du das?" murmelte ich verschlafen, schaffte es jedoch nichteinmal meinen Kopf zu heben. Es war, als wäre er an der Tischplatte festgeklebt.
"Warum schläfst du hier? Schämst du dich nicht?!" schimpfte er.
Ich verzog das Gesicht, dann spürte ich, wie mein Körper von dem Tisch weggezogen wurde und ich kraftlos gegen etwas warmes kippte.
"Doch..." gestand ich leise und in meiner Brust stach es. Ich wollte ihm eine gute Frau sein und wiedereinmal hatte ich versagt. Wie lange würde er wohl noch Geduld mit mir haben?
Ich wurde hochgehoben und merkte erst jetzt, dass ich an Naoyas Brust lehnte.
"Seit wann ziehst du einen Tisch dem Bett vor?" knurrte er und seine kalte Stimme stand in völligem Kontrast zu seinem warmen Körper.
"Ich wollte...mit dir essen..."
"Du hast also auf mich gewartet, ja?" fragte er jetzt. Sein Körper entfernte sich plötzlich und ich spürte die weiche Matratze unter mir.
Ich blinzelte schlaftrunken, doch meine Augen wollten sich nicht recht an das silberne Mondlicht gewöhnen, also hielt ich sie danb doch lieber geschlossen.

Als Naoya sich neben mich ins Bett legte, sackte die Matratze ein Stück ab und ich hatte Mühe nicht ausversehen näher zu ihm zu rutschen. Mein Herz fing wie wild an zu Schlagen.
"Schläfst du?" fragte er prüfend, doch ich schwieg einfach und versuchte gleichmäßig zu atmen, damit ich mich nicht selbst verriet.
"Streng dich morgen an und mach mir keine Schande!" sagte er und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Seine Worte waren scharf wie Rasierklingen.
Plötzlich spürte ich wieder dieses leichte Ziehen und wusste sofort, dass er eine meiner Haarsträhnen zwischen seinen Fingern drehte.
Er beugte sich über mich, sein Blick brannte auf mir, doch ich rührte mich noch immer nicht.
"Der morgige Tag wird dir viel abverlangen." sagte er jetzt leise, sein warmer Atem kitzelte mein Ohr. Wenn es nicht Naoya gewesen wäre, der das sagte, hätte ich schwören können, dass es beinahe klang wie eine Entschuldigung.

Er griff jetzt mein Gesicht und drehte es etwas unsanft in seine Richtung. Dann wurde es einen Moment ganz still und ich wusste, dass er versuchte herauszufinden ob ich wirklich schlief.
In genau diesem Moment, tat er etwas, dass ich niemals von ihm erwartet hätte. Er beugte sich noch weiter herab, und drückte mir einen Kuss auf dir Stirn. In diesem Augenblick setzte mein Herz einen Schlag aus.

Mein Hass in seinen Augen | Naoya Zenin x ReaderWhere stories live. Discover now