So landeten die Überreste meines Snacks recht schnell im Müll und ich tat das, was ich seit Tagen tun wollte. Das Haus erkunden. Scheinbar hatten sie ja nichts dagegen, sonst wäre meine Tür ja verschlossen geblieben oder irgendjemand hätte ein Verbot ausgesprochen. So landete der Löffel in der Spüle und kurz darauf mein Hintern in einem edlen Sessel. Ich hatte als erstes eine Art Büro entdeckt. Es war dunkel aber edel eingerichtet und keineswegs das was man als normales Büro bezeichnen würde. Wahrscheinlich lag das an der Bar und dem Whiskywagen, der unberührt vor einem der großen, dunklen Bücherregalen stand. Azriel trank also und nutzte ein Büro. Irgendwie widersprach auch das sich, mit der Art wie er lebte. Wahrscheinlich befand er sich in diesem Moment irgendwo im Wald und tat Dinge, die nur wilde Wölfe taten. Da es hell am Tag war, schloss ich es einfach mal aus, das er den Mond anheulte und dafür sah ich ihn auch nicht an. Er war eher der, ich metzel alles und jeden klein Typ. Wahrscheinlich jagte er irgendwelche Tiere oder... Menschen. Diesen Gedanken schüttelte ich sofort wieder ab, auch wenn es nicht abwegig war und er schon eine gute Anzahl an Menschen getötet hatte.
Ich war wahrscheinlich zu neugierig, hätte den Raum verlassen sollen, ohne etwas anzufassen. Doch wer mich kannte, wusste wie neugierig ich war und das ich das nur schwer zügeln konnte. So war die Schublade schneller auf als ich gucken konnte und etwas verwundert war ich gleich oben drauf. Warum schloss er die Schubladen nicht ab?
Kugelschreiber, leeres Papier, Briefumschläge, Textmarker... Es war nichts interessantes dabei. Die zweite allerdings, offenbarte etwas ganz anderes. Ein Revolver lag auf den ordentlich sortierten Briefen, daneben eine Schatulle mit Munition, wie ich kurz darauf feststellte. Ich sollte mich erschrecken, mich unwohl fühlen oder irgendwie anders reagieren, doch ich tat nichts anderes als die Waffe anzustarren. Nicht einmal meine Atmung hatte sich verändert, das tat sie erst als ich Schritte wahrnahm, Schritte und einen Geruch, seinen Geruch.
Ich konnte die Schublade grade noch schließen, da fiel sein Schatten bereits in den Raum. Es war mir immer wieder ein Rätsel wie alleine der Anblick eines Menschen Jemanden so fesseln konnte. Doch er war einfach atemberaubend schön. Allein die Art wie sein schwarzes Haar ihm mit einer einzigen Strähne ins Gesicht fiel, während der Rest ordentlich auf seinem Kopf lag. Wie ein bisschen Chaos in der ruhigen Umgebung. Und das war er, er war das Chaos. Das Chaos in mir und meinem Leben. Die feinen Linien seiner perfekt geformten Lippen verschoben sich ein wenig als er sie aufeinander presste. Seine glatte Stirn war nun geziert von einer kleinen Falte, genau zwischen seinen Augen. Seine göttlichen Hände hatte er in den Taschen seiner schwarzen Anzugshose geschoben, in welche er auch sein ebenso schwarzes Hemd geschoben hatte, beinahe komplett Falten frei. Was an diesem Mann war nicht perfekt?
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich starrte und irgendwie war mir das egal. Mein Herz schlug zwar bis zur Decke, was nicht nur an ihm, sondern auch an dem Fakt lag, dass ich mich ertappt fühlte. Es missfiel ihm, dass ich hier war, ich konnte es ihm ansehen. Sein Hemd spannte etwas über seiner trainierten Brust und die Art wie sein Blick auf mir lag, verrieten es mir. Seine Augen schienen wie ein wilder Meeressturm, fesselnd und doch voller Gefahr.
»Du solltest nicht hier sein.« Sogar seine Stimme hatte sich ein wenig verändert. Diese Tonlage war mir bekannt, doch hatte ich sie seit meiner Ankunft nicht mehr gehört. Irgendwas war passiert. Ich alleine war nicht für diesen Kampf in ihm zuständig. Allerdings glaubte ich nicht daran, das er mir etwas erzählen würde. Das einzige was jetzt passieren würde war, das er mich rausschmeißen und ausschließen würde. Denn auch, wenn er mich umgarnte und mich verführte, die wichtigsten Türen blieben immer verschlossen. Er ließ mich nur stöhnend an seiner Oberfläche kratzen. Dieser Mann war mehr als ein Buch mit sieben Siegeln. Ich glaubte sogar, dass Niemand sein wahres Gesicht je zu sehen bekam. Und irgendwas daran reizte mich, der erste zu sein, dabei wusste ich, dass es ein Spiel mit dem Feuer war, das für mich mehr als böse enden könnte.
»Die Tür war auf.« Von welcher Tür die Rede war und was genau er daraus entnahm, überließ ich ihm. Er kam langsam aber so selbstsicher in den Raum, das ich froh war, auf einem Stuhl zu sitzen.
»Und du denkst, deshalb kannst du einfach so in fremde Zimmer gehen und herum schnüffeln? Ich nehme an, den Revolver hast du gefunden, hm?«
Mit einem Fuß schloss er die dunkle Tür und sorgte somit dafür, dass Niemand mehr sah was jetzt geschah.
Er umrundete den großen alten Schreibtisch und griff direkt neben mir zu der Schublade, die er sogleich öffnete und damit erneut freie Sicht auf die Waffe zuließ.
»Ich dachte nicht, das es ein Problem wäre. Ich sitze nur hier.«
Das Zucken seiner Augenbraue blieb nicht unbemerkt und als er den Revolver ergriff, der zu perfekt in seiner Hand lag, schlug mein Herz erneut schneller und ich wusste, das er es hören konnte.
»So so... Du sitzt nur hier, ja?«
Irgendwas an seinem Ton jagte mir einen weiteren Schauer über den Rücken, dieses Mal allerdings keinen angenehmen. Er war sauer, mehr als das sogar. Er fühlte sich von mir gestört und wenn ein Alpha sich von einem Omega gestört fühlte, endete das meistens nicht gut. Azriel würde mich jetzt dominieren und mir eine Lektion verpassen, da war ich mir sicher und ich behielt recht. Es lag nun einmal in seiner Natur. Nicht nur, weil er ein Alpha war. Er war alleine schon von seiner Art her sehr Dominant und Besitzergreifend. Außerdem war er lieber allein und mit meinem Versuch unbemerkt etwas über ihn herauszufinden, hatte ich wahrscheinlich ein Gefühl in ihm ausgelöst, das ich nur allzu gut kannte.
»Es... Es tut mir Leid, das kommt nicht mehr vor.«
Ich japste nach Luft als er mich ruckartig samt Stuhl näher an sich zog.
Kurz kam mir der Gedanke ihn zu umgarnen, um dieser Situation irgendwie zu entkommen, aber ich glaubte, das er nur davon absehen würde mich zu bestrafen, wenn ich mich ihm anbieten würde, hier und jetzt. Doch seine Augen sagten etwas anderes, selbst das würde ihn nicht interessieren. Ich musste mit dem Leben, was jetzt gleich passieren würde.
»Nein, das wird es auch nicht... Da bin ich mir sicher.»
Seine raue, kalte Stimme wirkte beinahe so bedrohlich wie die Waffe in seiner Hand. Er würde mich doch wohl nicht töten, oder? Immerhin hatte er mich als seinem Mate anerkannt und jede seiner freien Minuten damit zugebracht, mich zu umgarnen, mit Erfolg, was allerdings in diesem Moment keine Rolle spielte.
Dieser Mann war so unberechenbar, wie das Meer selbst.
Ich keuchte, ich konnte gar nicht anders als er den kühlen Lauf des Revolvers plötzlich gegen meinen Schritt drückte. Es war kein schmerzhafter Druck, doch gerechnet hatte ich damit nicht.
»Du bist wirklich zu neugierig, Leviathan.« Automatisch presste sich mein Hinterkopf leicht gegen die Rückenlehne, ich musste etwas Abstand gewinnen, ohne aufzustehen, denn das würde er mir nicht erlauben.
Meine Augen lagen allerdings auch weiterhin auf seinem Gesicht, unsere Blicke trafen sich und ich wich dem intensiven Blau nicht aus.
Die Situation war äußerst angespannt und ich sollte wirklich Angst haben, doch stattdessen reagierte mein Körper ganz anders. Ich wurde feucht. Warum? Vorallem, warum jetzt? Das war der unpassenste Moment allerzeiten.
Und obwohl er normalerweise sofort darauf angesprungen wäre, wenn auch nur mit einer Bemerkung, passierte nichts in seinem Blick. Er reagierte nicht darauf, wobei ich mir sicher war, dass er es roch. Ich spürte wie meine Wangen wärmer wurden. Jetzt grade wirkte ich keineswegs wie ein mutiger Omega, der es da draußen alleine schaffen würde und es mit jedem aufnehmen könnte.
»Bitte... Azriel.« Meine Stimme brach und das erste Mal wirkte ich keineswegs mehr unerschrocken. Meine Fingernägel gruben sich leicht in das teure Leder, während meine Knöchel schon weiß wurden. Ich krallte mich wortwörtlich an mein Leben.
»Ja, Levi?« Er hatte seine freie Hand vor der meinem auf der Lehne abgestützt, während er mich musterte.
»Tu mir nichts... Bitte.« Kurz meinte ich Verwunderung in seinen Augen aufblitzen zu sehen, doch dieser Schatten war genauso schnell wieder weg, wie er gekommen war.
»Ich habe nicht vor dir weh zu tun. Ich erteile dir nur eine Lektion.« Das allerdings könnte genauso gut bedeuten, dass er mir weh tun würde. Allerdings tat er dann etwas, mit dem ich nicht rechnete. Er begann das Ende des Waffenlaufs an meinem Schritt zu reiben und mein verräterischer Körper schien gefallen daran zu haben. Allerdings wusste ich mittlerweile, das es nur daran lag, dass er derjenige war, der es tat. Aber auch jetzt, als ich erneut unter ihm hart und feucht wurde, tat sich nichts in seinen Augen. Er würde mich nicht berühren. Soviel wusste ich. Ich wusste auch genau warum. Es war seine Art und Weise mich zu bestrafen, zumindest jetzt in diesem Moment. Er wollte mich mit der Erkenntnis bestrafen, dass ich ihn ebenso sehr wollte, wie er mich. Und bei der Göttin, es funktionierte.
»Hör auf....bitte.« Doch das tat er nicht und ich drohte wahnsinnig zu werden. Er berührte mich nicht und alles was ich wollte, war das er es tat. Dieser Mann hatte mich in seiner Gewalt und ich wusste wie gefährlich es war, ihm zu verfallen. Die Situation alleine zeigte es mir schon. Immerhin drohte ich unter dem Lauf eines Revolvers einen heftigen Orgasmus zu erleben. Mittlerweile hatten sich auch Schweißperlen auf meiner Stirn gebildet, denn ich wollte ihm nicht auch noch die Genugtuung geben und Stöhnen. Doch er ließ von mir ab, von einem auf dem anderen Moment verschwand die Waffe wieder in der Schublade. Und obwohl ich erleichtert sein sollte, war ich es nicht.
»Wo warst du?« Ich konnte nicht einmal so schnell denken, da war diese Frage schon über meine Lippen gekommen.
»Weg.« Und ja, ich hatte mit so einer Antwort gerechnet, dennoch störte sie mich.
»Du hast nichts gesagt...« Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich mit dem Hintern an die Kante seines Schreibtisches. Am meiner Haltung hatte sich nichts verändert, außer vielleicht, dass nun eine Beule meine graue Hose zierte. Aber auch die ignorierte er einfach.
Was war nur los mit ihm? Genügte ich ihm plötzlich nicht mehr? Lag er etwa bei anderen?
Ich musste diese Gedanken schnell wieder abschütteln, sonst würden sie zu viel Schaden anrichten.
»Ich schulde dir keine Rechenschaft, Levi. « Und damit hatte er verdammt recht. Ich dachte nur, für den Bruchteil einer Sekunde, das wir sowas wie vertrauen zueinander aufgebaut hatten. Und irgendwas schien ihn verdammt zu beschäftigen. Wie sollte eine Beziehung als Mates funktionieren, wenn er mir nicht traute? Gut nur, das es nicht mein Problem sein würde, denn mein Plan stand noch immer und ich hatte in den Tagen seiner Abwesenheit bereits ein paar Hebel in Bewegung gesetzt. Heute Nacht würde ich fliehen und diesen Gott verdammten Alpha hinter mir lassen, auch wenn ich in jenem Moment nichts lieber hätte, als das er hinter mir sein und mich nehmen würde, bis ich nicht mehr stehen konnte.
»Schon verstanden.« Ich schaffte es dieses Mal wirklich aufzustehen, mich an ihm vorbei in Richtung Tür zu schieben und ohne einen letzten Blick auf ihn zu riskieren, den Raum zu verlassen. Es fühlte sich an als würde ich damit auch aus seinem Leben treten und er? Er hielt mich nicht auf.

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Sorry, das ihr solange warten musstet. 😵 Die Arbeit haut im Moment ziemlich rein und ich habe teilweise nicht einmal ein ganzes Wochenende frei... Ich hoffe, das es bald besser wird und ich wieder 2 Mal die Woche updaten kann. Vorallem jetzt, wo Levi sich wirklich dazu entschlossen hat, zu gehen obwohl diese Dinge zwischen ihnen passiert sind. Was denkt ihr? Wird er heute Nacht wirklich gehen und Azriel zurücklassen? Und wenn ja, wie weit wird er wohl ohne ihn kommen?

His  •BoyxBoy•Donde viven las historias. Descúbrelo ahora