Kapitel 8

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Can't help
Levi

Ich hatte dieser Nacht wirklich zugestimmt. Ich musste völlig wahnsinnig und durchgeknallt sein. Im Normalfall hätte ich das niemals getan, das lag nun nur daran, das ich sein Vertrauen brauchte, um fliehen zu können. Nichts anderes war der Auslöser für diese dumme Idee. Ich bereute sie sogleich wieder, egal wie neugierig ich auch sein mochte.

Nach unserer kleinen Unterhaltung im Wald hatte er mich zurück zu 'meinem' Zimmer begleitet. Es musste Eindruck erweckt haben, als ich mich nicht geweigert hatte ihm ohne zu zögern zu folgen. Und nun war ich hier. Wieder vollkommen alleine in einem Raum, den ich wohl mittlerweile mehr als gut genug kannte. Während meiner Abwesenheit hatte Jemand das Bettzeug gewechselt und durchgewischt. So etwas wie seine persönliche Putze hatte er also auch. Mittlerweile glaubte ich gar nicht mehr, dass sie wirklich so wild waren, wie die Menschen in der Stadt immer sagten. Ich hatte den Gedanken kaum zuende gedacht, da erblickte ich eine Gruppe Alphas. Sie bewegten sich unter meinem Fenster her in den Wald und sie waren alle verwandelt. Tatsächlich auch nicht erst seit gestern. Vielleicht hatten sie sich doch zwischendurch zurückverwandelt? Andererseits hatte ich mir jedes Gesicht gemerkt, dass sich unter meinem Fenster her bewegt hatte. Sein Rudel war doch nicht wirklich so groß, das es womöglich noch dutzende gab, die ich nicht gesehen hatte?
Wieder einmal wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich ziemlich in der Scheiße saß. Ich hatte ihn sehr wahrscheinlich um Welten unterschätzt und er wusste es. Er machte sich über mich lustig. Dieser Mann raubte mir den letzten Nerv und das nicht auf einer Ebene, die man gut ertragen konnte. Er war wie die lästige Hausfliege, die einem Nachts ins Gesicht flog, wenn man schlafen wollte und sofort wieder kam, nachdem man sie vertrieben hatte und sich sicher fühlte, nur um erneut in deinem Gesicht Platz zu nehmen. Und sobald man sich aus dem Bett gequält hatte um das Vieh endlich zu töten, war es weg. Zumindest bis man sich wieder ins Bett legte um weiter zu schlafen. So war Azriel für mich auch. Jedes Mal, wenn ich mich grade einigermaßen im Vorteil sah, machte er mir wieder bewusst, wie am Arsch ich wirklich war.
Doch ich würde an meinem Plan festhalten. Sein Vertrauen gewinnen und Verschwinden, ganz einfach. Zumindest hörte sich das so einfach an. Ich hatte dabei nämlich einen wichtigen Punkt vergessen. Azriel vertraute Niemandem.
Meine Hände glitten in mein dunkles Haar, unsanft wickelten sich die Strähnen um meine Finger, als ich leicht an jenem zog. Ein Bild tauchte vor meinem inneren Auge auf und ich hätte es am liebsten sogleich verbannt, doch es ließ mich nicht los. War das wieder ein Trick des Alphas? Was davon waren wohl noch meine eignen Gedanken?
In meiner Vorstellung war die Hand in meinem Haar nicht die meine, sondern Azriels.
Eine Geste die so unschuldig wirkte, konnte also zu so einer Fantasie werden? Zu einer Fantasie von der ich nicht wusste, ob sie wirklich die meine war. Dieser Mann machte mich unglaublich Wahnsinnig, so viel Wahnsinn ertrug doch kein einzelner Mensch, oder?
»Fuck.« Kopfschüttelnd tat ich wohl das, was ich am besten konnte, den ganzen Tag in diesem Raum auf und ab laufen. Zumindest bis Azriel kommen und mich holen würde.

Je später es wurde, desto nervöser wurde ich. Sogar eine Dusche, in dem Bad das am Zimmer grenzte und alleinig mir gehörte, hatte mich nicht beruhigen können. Ein Bad das alleinig mir gehörte? Wirklich? Jetzt dachte ich auch noch wie Jemand, der hier lebte, geschweige denn hier leben wollte. Eindeutig nicht meine Intuition. Er musste irgendwas mit meinem Verstand angestellt haben, als er letzte Nacht in jenen vorgedrungen war. Ich hatte seither nicht mehr viel Schlaf bekommen. Ich konnte einfach nicht mit dem Wissen schlafen, das er heute, bei Einbruch der Dunkelheit, kommen und mich holen würde.
Was genau jetzt gleich sein würde.
Die Sonne ging ein weiteres Mal hinter den hohen Bäumen und weiten der Welt unter, schenkte uns die Dunkelheit die wir wohl verdienten. Jemandem wie Azriel stand sie gut. Es war als wäre er die Ausgeburt jener. Licht und Farbe hatten keinen Platz in seinem Leben, ebenso wenig wie die Liebe. Deshalb verstand ich die Matesache noch weniger. Wäre mein Vater ein mächtiger Alpha gewesen und er hätte sich mehr Macht davon versprochen, mich an seine Seite zu zwingen, würde ich es irgendwo noch verstehen. Aber er hatte alles. Er war so mächtig, dass sogar Alphas sich ihm beugten, besetzte mehr Land als drei Alphas zusammen und die Tendenz war wohl steigend. Und... er war auf dem Vormarsch. Ich konnte ihn riechen, ich konnte seine sicheren Schritte hören und ebenso sein Herz, das im Gegensatz zu meinem so kontrolliert schlug, das es mir für einen Moment den Atem raubte. Was an diesem Mann war nicht kontrolliert und annähernd Perfekt?
Es war zum Verrückt werden. Und ich meinte das eindeutig nicht als Schwärmerei. Während mein Herz tat was es wollte, in diesem Fall einen Marathon bestreiten, schien er wieder die Ruhe selbst zu sein. Vielleicht war ihm meine Anwesenheit auch wirklich so egal?
Ein komisches, aber unangenehmes Gefühl breitete sich in mir aus, es verschwand aber wieder mit dem Klopfen an der dunklen Tür.
Meine Knie schienen deutlich weicher als noch vor wenigen Momenten. Ich näherte mich der Tür langsam und öffnete sie. Er hatte tatsächlich gewartet, bis ich ihn herein bitten oder die Tür selbst öffnen würde?

His  •BoyxBoy•Where stories live. Discover now