Kapitel 8

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Er sah umwerfend aus. Nicht das mir das zuvor nie aufgefallen war. Aber jetzt schien er sich selbst in den Schatten zu stellen. Er trug Schwarz, aber nicht diese Art von schwarz, die Trauer oder bedauern ausstrahlten. Es war ein sexy schwarz. In Ordnung, jetzt wurde ich wohl völlig wahnsinnig. Er hatte meinen Kopf besetzt, eindeutig und dieses leichte Grinsen auf seinen Lippen ließ ihn nicht unbedingt unschuldiger wirken.
Sein schwarzes Hemd hatte er nur bis zur Mitte seiner Brust zugeknüpft und ließ mir somit freie Aussicht auf seine glatte, aber tätowierte Haut. Kein Haar befand sich auf seiner Brust, zumindest ließ dieser Ausblick das eindeutig erahnen. Seine Ärmel hatte er ordentlich hochgekrempelt und das Hemd war in seiner schwarzen Anzughose verschwunden. Ich könnte schwören, das sie seinen Hintern passend in Scene setzte.
Er war ein verdammter Alpha und ich ein Omega, es war normal, das er diese Wirkung auf mich hatte, doch es missfiel mir. Sein schwarzes Haar lag ordentlich zurückgekämmt, aber nicht im strengen Sinne, auf seinem Haupt. Alles in einem sah er wie Jemand aus, der die Welt bewegen könnte, wenn er jetzt auch noch passend lächeln würde und das ohne diesen wissenden Ausdruck in den Augen. Fast kam ich mir erbärmlich vor, in meinem dunklen Shirt und der einfach, dunklen Hose. Von meinen weißen Turnschuhen ganz abgesehen. Doch Gott sei Dank hatte ich nicht geplant ihm zu gefallen, sondern ihn los zu werden.
Der Plan stand noch immer, zumindest im groben. »Bereit?« Dieses Mal klang er anders als ich erwartet hätte. Ich hätte schwören können, das er mich meine Niederlage spüren ließ, doch nichts der gleichen war der Fall. Er spielte mit mir, da war ich mir sicher. Wahrscheinlich sollte ich mich in Sicherheit wiegen, bevor er zu schlug. Ich war ihm wohl ähnlicher wie ich zuerst angenommen hatte. Unsere Pläne schienen ähnlich. Doch wer würde am Ende gewinnen? Würde er als Sieger aus diesem Spiel austreten, wäre ich für immer an ihn gebunden und würde ich gewinnen, würde er sich von seinem 'Mate' verabschieden können und damit auch von dem, was hinter all dem steckte. So oder so, einer von uns beide würde am Ende verlieren. Ich hatte mich auf ein gefährliches Spiel eingelassen, auf ein Spiel, dessen Regeln ich nicht kannte und Konsequenzen ich mehr als fürchtete. Doch es war zu spät.
Es war in jenem Moment zu spät, in dem ich die schwere Tür hinter mir schloss und ihm in die Dunkelheit folgte. Mögten die Spiele beginnen.

»Also? Was ist mit dir, Levi?« Was sollte mit mir sein? Der fragende Ausdruck auf meinem Gesicht schien ihn zu amüsieren, aber er verstand, dass diese Frage wohl recht schwammig war.
»Du bist der Omega, der alleine in die große und gefährliche Welt fliehen wollte, das haben wir alle verstanden, aber das ist doch nicht alles. Was steckt hinter diesem... Nennen wir es Titel?« Kurz war ich überrascht. Er zeigte mir grade einen Teil der Umgebung, hatte bis jetzt schweigend seinen Weg neben mir fortgeführt, bis jetzt zumindest. Jetzt zeigte er plötzlich so etwas wie Interesse an mir und meinem Leben? Was war sein Plan? Was würde für diesen verdammten Alpha herausspringen, wenn ich mich ihm unterwarf?
»Ich bin einfach nur Levi.« Ich hatte nicht einmal bemerkt, wie meine Schultern sich zu einem Zucken gehoben hatten.
»Ich bitte dich, Niemand ist nicht einfach nur er. Irgendwas muss es geben, das dich ausmacht. Deine Interessen, deine Weltansicht... Irgendwas.« Meine Weltansicht? Die Welt war durch und durch scheiße und unfair. Soviel zur Weltansicht.
»Also hast du grade zugegeben, dass es hinter deiner eisernen Alphafassade mehr gibt?« Oh ja, ich war schon immer ein Fan von dünnem Eis.
»Ich habe niemals etwas anderes behauptet, Leviathan.« Er kannte meinen vollen Namen? Hatte mein Vater ihm jenen verraten? Seit Jahren sprach mich Niemand mehr so an und ich wollte auch nicht, das sich das änderte.
Mit einem räuspern stieg ich über eine hohe Wurzel und schob meine Hände zurück in meine Hosentasche.
»Levi, mein Name ist Levi.« Er schmunzelte wieder. Ob es Verständnis oder Schalk war, das in seinen Augen glitzerte, konnte ich nicht erkennen.
»In Ordnung, Levi.« Er akzeptierte meinen Wunsch? Obwohl ich ihm grade eine Möglichkeit gegeben hatte, mich mit diesem Namen immer während an meine dumme Kindheit zu erinnern? Vielleicht, ja aber nur vielleicht steckte irgendwo in ihm doch so etwas wie ein Mensch.
»Ich bin hier geboren. Meine Mutter war Wild. Irgendwo war ich also schon immer so wie jetzt. In einer Stadt könnte ich niemals Zuhause sein. Die Enge, die Gerüche, die Menschen... Das ist nicht meine Welt. Je weiter meine Schritte mich von den Menschen entfernen, desto freier fühle ich mich.« Wahrscheinlich hätte ich niemals damit gerechnet, das er mir überhaupt irgendwas über sich erzählen würde. Doch seine Worte ergaben Sinn, wenn man bedachte wie er lebte und wo er lebte.
»Ich mag die Menschen auch nicht sonderlich oder die Stadt. Mich wundert es nur, dass Jemand wie du, der Gesellschaft so offensichtlich ablehnt, ein so großes Rudel anführt.« Seine Ehrlichkeit lockte für einen Moment lang eine Seite in mir hervor, die ihm von meinem Leben und meinem empfinden erzählen wollte. Er war wirklich gut und dieser erste Punkt des Abends gehörte wohl ihm. Doch ich mochte die erste Schlacht vielleicht verloren haben, den Krieg allerdings noch nicht.
»Wölfe sind anders, weißt du? Ein Mensch würde den Drang nach Freiheit wahrscheinlich auf dieser Ebene niemals verstehen. Wir sind, wie Menschen auch, eigentlich sehr soziale Wesen. Wir brauchen den Rudelverband, doch im Gegensatz zu den Menschen, könnte Jemand wie ich auch alleine überleben. Einem Menschen würde es irgendwann so stark nach sozialen Kontakten dursten, das er Selbstgespräche beginnen würde, um das irgendwo aufzufangen. Dann würden vielleicht Halluzinationen folgen. Verstehst du? Natürlich gibt es Ausnahmen, aber die sind nicht die Regel.« Jemand wie er? Den Wink hatte ich verstand. Jemand wie er, ein Alpha. Jemand wie ich war nicht inbegriffen.
»Das erklärt, warum Menschen sich zu tausend auf ein großes Fleckchen Land stürzen, aber nicht, warum du ein so großes Rudel führst.« Er schmunzelte tatsächlich bei meinen Worten.
»Ich weiß, das ich jeder Zeit gehen und alles hinter mir lassen könnte. Mein Rudel weiß, das ich zu Loyal bin, um sie im Stich zu lassen. Aber das ist das was ich empfinde, die. Wahrheit. Außerdem kann ich mir meine Gesellschaft aussuchen. Ich bin dennoch die meiste Zeit des Tages allein. Es ist als wäre ich frei, auch wenn ich an ein Rudel gebunden bin. Verstehst du?« Ja, tatsächlich verstand ich es irgendwo.
»Ein so großes Rudel gibt dir außerdem Sicherheit, oder? Wenn man alleine wäre, wäre man ja immer auf der Hut, aber das übernehmen andere für dich.« Er schüttelte den Kopf und kurz entwich etwas seiner Kehle, das einem leisen Lachen ähnelte.
»Nicht ganz, Levi... Ich bin ihre Sicherheit, nicht sie meine.« Für den Moment hatte ich wohl vergessen, was für ein selbstgefälliges Arschloch er war.
»Wir sind da.«
Ein großes Feuer tauchte zwischen den Bäumen auf und jetzt wo er es sagte, witterte ich den Geruch von Feuer und Rauch auch ganz deutlich. Mir wurde für einen Moment übel, denn dieses Feuer ähnelte jenem des vorigen Abends ziemlich gut. Doch wir waren weitab seiner Höhle, weiter in die Berge hinauf gegangen.

Andere Alphas, jedoch bei weitem nicht so viele wie am Vorabend, tummelten sich am Feuer. Sie hatten Spaß, tranken und aßen etwas, das von hier wie Stockbrot aussah. Das es kein Fleisch war, verwunderte mich dann aber dennoch ein wenig. Tatsächlich hätte ich bei wilden Wölfen wohl etwas anderes als Bier und Stockbrot erwartet.
»Du bist wohl Levi?« Eine junge Frau, nein ein Mädchen näherte sich mir. Sie hatte kurzes, blondes Haar, volle Lippen und eine kleine Nase. Alles in einem war sie wirklich Hübsch. Sie musste um die sechzehn oder siebzehn Jahre alt sein, also ein paar Jahre jünger als ich es war. Doch irgendwas an ihrer Haltung schenkte ihr unglaubliche Reife. Das lag nicht daran, das sie wohl die einzige war, die kein Dekolleté zeigte oder ihre Beine in einer weiten Jeans verbarg. Es war die Art wie sie mich ansah. Ihre Augen hatten viel gesehen, auch wenn sie so jung war.
»Ja und du...?«
»Seraphine. Aber du kannst mich Fine nennen, so wie alle hier.« Dann senkte sich ihr Blick kurz ehrfürchtig, als sie Azriel neben mir entdeckte.
Ich mochte sie und sollte ich in diesem Urwald einen Freund finden, wäre es wohl dieses Mädchen, das sich unschuldig an die Hand ihres Freundes klammerte und mir sanft zu lächelte. Etwas bedauern schwang in ihren Augen mit und damit war sie wohl die einzige, die so etwas wie Mitleid für mich empfand.
»Levi? Das hier sind die Außenposten. Sie bewegen sich an der nördlichen Seite des Reviers entlang und sorgen für Sicherheit und dafür... Das Jemand wie du nicht unentdeckt bleibt.« Den Spruch konnte er sich wohl nicht verkneifen. Ohne es zu wissen öffnete er mir grade eine weitere Tür. Vielleicht täuschte ich mich aber auch und er war sich meines Planes sehr wohl bewusst. Immerhin war er vor wenigen Stunden noch in meinem Kopf gewesen.
Fine war mein Weg hier raus. Sie schien zu wissen, wie ich mich fühlte und vielleicht würde ich ihr vertrauen gewinnen und sie dazu bringen können, mir bei meiner Flucht zu helfen.

Ich erschauderte als ich eine warme Hand an meinen kühlen Rücken spürte, die mich dem Feuer etwas näher brachte. Es war Azriel, der sich unauffällig leise mit einem anderen Alpha unterhielt. Diese Geste sollte wohl von Beiläufigkeit nicht zu übertrumpfen sein, doch für mich war sie alles andere als beiläufig und damit spielte mein Körper dem Alpha wohl ein weiteres Mal in die Karten. Doch zu meiner Verwirrung ließ er auch sogleich wieder von mir ab und hinterließ diese stechende Leere, eine Leere, von der ich wollte, dass er sie wieder füllte.

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ℋ𝒶𝓁𝓁ℴ 𝒫ℯℯ𝓅𝓈!

Ich wollte mich für euren Support bedanken. Ihr macht mich so unbeschreiblich Glücklich, mit jedem Like und jedem Read! Für mich ist das nicht selbstverständlich und mit jedem Mal, an dem ich sehe, dass einer von euch wieder gevotet oder die Story zu einer Liste hinzugefügt hat, macht mein Autorenherz wieder einen Satz. IHR seid unglaublich und für mich eine Motivation jeden Tag weiterzumachen. Jedes Wort ist für euch und wenn ich könnte, würde ich jedem einzelnen diese verdammte Story widmen! Nein... Wisst ihr was? Ich widme jedem von euch diese Story. Ihr seid ein Teil davon und schenkt dem ganzen einen Herzschlag... Dafür danke ich euch.

DasEulchen
@Silvana_84
killergamerin
ProfessorBlackFire

Euch wollte ich besonders danken! Ich hoffe es war okay, das ich euch namentlich nenne. Ihr seid von Anfang an mit dabei gewesen und zu sehen, das ihr es noch immer seid, freut mich unheimlich. ❤️Danke dafür. Ich weiß natürlich, dass der Schinken hier noch nicht alt ist... Aber ich weiß auch, das es leicht ist, das Interesse zu verlieren so... Danke danke danke... An jeden einzelnen.

Ps: Habt ihr Bock auf eine Playlist? Dann würde ich eine erstellen.

His  •BoyxBoy•Where stories live. Discover now