「 Kapitel 50 」

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Die Zeremonie war beendet.
Es dauerte seine Zeit, bis alle Zwerge die große Halle verlassen hatten.
Dain bereitete das Fest vor, zu Ehren Thorin Eichenschilds.
Die ehemalige Gemeinschaft war ebenfalls die Stufen hinaufgestiegen, um die Feierlichkeiten beginnen zu können, mit ihnen war Gandalf gegangen, Beorn und Radagast hatten den Erebor mittlerweile verlassen.
Bevor er mit den anderen nach oben gegangen war, hatte Bilbo sich vorsichtig Ilèyn genähert, welche mit starrem Blick und ohne sich zu bewegen, immer noch dort gestanden hatte, wo sie zum Ende der Zeremonie hin stand.
"Ich werde aufbrechen." hatte er zu ihr gesagt "Vor dem Fest, jetzt sofort. Gandalf wird mit mir kommen."
Ilèyn hatte zu ihm aufgesehen und langsam genickt.
"Ich bin nicht sonderlich geschickt in Abschieden." hatte sie dann zugegeben.
Daraufhin war Bilbo näher getreten und hatte sie in eine kurze Umarmung geschlossen. Er hatte vorsichtig darauf geachtet, ihr nicht noch weitere Schmerzen an ihrer Schulter zu bereiten.
"Auch du wirst irgendwann heimkehren." hatte er gesagt.
"Lebe wohl, Bilbo." hatte Ilèyn leise geantwortet, als beide sich aus der Umarmung gelöst hatten.
"Möge das Glück dich von nun an auf jedem deiner Schritte begleiten." hatte Bilbo gesagt, sich daraufhin schnell umgedreht und eilig die Halle verlassen.
Nun stand Ilèyn alleine neben den drei Sockeln. Niemand anderes war mehr da, die Halle war in eine seltsame Stille getaucht, welche jedoch keinesfalls unangenehm war. Ilèyn schloss die Augen und konzentrierte sich.
Wahrlich. Kein Geräusch war wahrzunehmen und das, obwohl gerade die Vorbereitungen für ein gewaltiges Fest im Gange waren.
Lange blieb sie starr im Halbdunkel stehen, allein, die Kapuze aufgesetzt und in Schweigen gehüllt. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.
Sie trat langsam an den Sockel heran, auf welchem Fili lag, legte ihre Arme auf dem Rand ab und betrachtete lange das Gesicht des Zwerges. Die Kerzen waren noch erleuchtet, doch brannten sie langsam aus.
"Weißt du..." hob Ilèyn leise an und spürte den Kloß in ihrem Hals "Ich bin ehrlich gesagt nie davon ausgegangen, dass mir etwas jemals so wichtig im Leben werden könnte." Ilèyns Stimme brach und sie versuchte, die Trauer herunterzuschlucken.
"Doch du bist es geworden und ich habe nur eine einzige Bitte an dich..." Sie versuchte nicht, die Tränen daran zu hindern, ihre Augen zu verlassen und hatte den Blick nicht von Fili gewandt.
"Bitte..." sagte sie "Sei... nicht tot."
Die letzten Worte waren mehr ein Hauchen, als dass Ilèyn sie wirklich ausgesprochen hatte. Ilèyn atmete tief ein, bevor ihr Körper von heftigem Schluchzen erfasst werden konnte.
"Ich... kann nicht hier bleiben." sagte sie leise, nachdem sie sich einigermaßen gesammelt hatte "Ich werde gehen müssen, ich hoffe du verstehst das..." Sie hielt einen Moment inne und hörte auf die Stille um sich herum.
"Da ich nicht die Absicht habe, jemals zurückzukehren..." Ilèyn unterbrach sich selbst und runzelte die Stirn, als sie etwas entdeckte, was Fili wohl an den Mantel gesteckt worden war, als man ihn für die Zeremonie vorbereitet hatte. Sie hatte das kleine Vergissmeinnicht vor lauter Tränen in ihren Augen vorher gar nicht wahrgenommen, doch die kleine Blüte steckte zwischen dem Stoff des schweren Mantels des Zwerges.
Ilèyns Blick ruhte eine Weile auf der Blume, dann griff sie vorsichtig danach, nahm das Vergissmeinnicht an sich und betrachtete es. Die Blüte war vertrocknet, doch noch immer hatte sie den charakteristischen blauen Farbton und war schön anzusehen.

Ilèyn lächelte matt und nahm die Blume an sich.
Sie beschloss, die Halle zu verlassen. Sie wandte sich zu den Stufen und ging ein paar Schritte. Als sie sich ein allerletztes Mal umdrehte und zu Fili, Kili und Thorin zu sehen, waren die letzten Kerzen erloschen.
Ilèyn stieg die unzähligen Stufen hinauf, bis sie den Ausgang der Halle erreichte. Sie sah sich nach allen Seiten um, keine Zwerge waren zu sehen, alle hatten sich in den Festsaal begeben. Hier, weiter oben, konnte Ilèyn ganz leise die Geräusche der Vorbereitungen wahrnehmen. Sie entfernte sich davon und begab sich den Gang hinab, welchen sie mit Bilbo und Balin gekommen war. Mit angestrengtem Gesicht, da die Schmerzen im Oberschenkel begannen, ihr zu schaffen zu machen, hielt sie Ausschau nach der Tür zum Lazarett. Die Schützin brauchte etwas, bis sie die richtige Tür fand. Sie stieß diese auf, um den Raum zu betreten und sah sich drin nach ihren Waffen um. Diese lagen ordentlich nebeneinander, ihr Bogen, ihr Köcher mit Pfeilen, ihre Dolche, ihr Messer und der Gürtel mit den Beuteln, welche daran befestigt waren. Ilèyn durchmaß den Raum, bis sie vor einem der Medizinschränke stand. Sie öffnete den Schrank und sah durch die vielen verschiedenen Ampullen und Fläschchen, welche sauber aufgereiht darin standen. Sie las einige der Etiketten darauf durch und nahm sich das, was sie brauchte und als praktisch erachtete.
Sie lief zu ihrem Gürtel, verstaute die Fläschchen in einer ihrer ledernen Taschen und sah nach den anderen kleinen Beuteln. In jedem war noch das enthalten, was vorher ebenfalls darin gewesen war. Beruhigt darüber legte Ilèyn sich den Gürtel um, nachdem sie ihren Wams übergestreift hatte und die Schnallen fest verschlossen hatte. Dabei hatte sie die Schmerzen in ihrer Schulter ignoriert.
Als sie ihren Mantel für einen Moment abnahm, hielt sie ihn vor sich und betrachtete ihn. Der Umhang war nach dem Schwerthieb nicht mehr zu gebrauchen.
Ilèyn seufzte leise und legte ihn zusammengefaltet auf den Boden. Sie nahm ihr Messer auf, verstaute es und nahm ihre Dolche in den Halterungen, um sich diese vorsichtig auf dem Rücken zu befestigen.
Nachdem sie ihre Stiefel fester zugeschnürt hatte und sich versichert hatte, dass sie nichts im Lazarett vergessen hatte, öffnete sie langsam die Tür und spähte auf den Gang.
Weiterhin war niemand zu sehen, sie hörte nur die leisen Klagen der anderen Verletzten, welche in den Lazarett-Räumen neben ihr lagen.
Ilèyn betrat den Gang und zog die Tür hinter sich zu, achtete dabei darauf, dass das schwere Holz möglichst leise ins Schloss fiel.
Leicht humpelnd brachte sie den langen Gang hinter sich und erreichte wenig später die vordere Eingangshalle, wo sie vor wenigen Stunden noch mit allen anderen gestanden hatte. Das Sonnenlicht, welches von draußen hineinfiel, wurde durch den Staub, welcher in der Luft schwebte getrübt, doch der Tag war ungewohnt warm für einen Tag im Norden. Bevor sie sie Ausgang des Berges erreichte, fielen Ilèyn mehrere Holztruhen auf, die nebeneinander an die Wand gestellt waren.
Bilbos Worte hallten in ihren Gedanken wider.
"Auch du wirst irgendwann heimkehren."
Zögernd öffnete sie eine der schweren Holztruhen. Der Deckel knarzte laut, als er nach hinten klappte.
Ein staubiger Umhang. Münzen. Briefe. Rostige Nägel.
Zumindest ein paar brauchbare Dinge.
Sie warf sich den Umhang über die Schultern, steckte sich das Geld in die Taschen und verschwand nach draußen.
War es das wert?
Was war überhaupt noch etwas wert...?
Ihre Hand glitt in ihren ledernen Wams. Sie erfühlte etwas... Weiches, nur ganz klein in ihrer Hand.
Langsam zog sie es hervor und beäugte es. Die kleine zerdrückte blaue Blüte.
Vergissmeinnicht.
"Ich vergesse dich nicht." murmelte Ilèyn und steckte die Blume wieder zurück.

Ilèyn war erleichtert darüber, dass niemand gesehen hatte, wie sie den Berg verlassen hatte. Sie setzte einen Schritt auf die Ebenen und sah, dass vieles von der Schlacht bereits beseitigt werden konnte. Trotz allem fiel Ilèyns Blick direkt auf die Leichen von Orks und Zwergen, welche immer noch verstreut vor dem Berg lagen. Durch die Wärme lag ein sehr unangenehmer Geruch in der Luft und Ilèyn wollte diesen Ort so schnell es nur ging hinter sich lassen.
Den Blick starr geradeaus gerichtet, in der Absicht, möglichst wenig nach unten sehen zu müssen, lief Ilèyn über die Ebenen, durchzogen von den Narben einer Schlacht, von Tod und Stille.
Als Ilèyn Thal neben sich anfragen sah, spielte sie mit dem Gedanken, die Stadt zu betreten, um nachzusehen, wie die Menschen zurechtkamen, wie es Sigrid und Tilda, Bain und Bard ging. Sie stoppte kurz und ihr Blick ruhte auf den, durch das Sonnenlicht gelb leuchtenden Türmen mit runden Dächern. Jetzt, wo sie ein zweites Mal darüber nachdachte, verwarf Ilèyn den Gedanken wieder. Sie sollte und musste sich jetzt auf ihre eigene Zukunft konzentrieren.
Sie wusste noch nicht, wohin sie gehen sollte.
Sie wusste noch nicht, wie sie am besten neu beginnen sollte.
Sie wusste noch nicht, ob sie dabei Hilfe bekommen und annehmen würde.
Während sie den letzten Teil der Ebenen zurücklegte, dachte sie über Thranduils Angebot nach.
Er hatte ihr zu verstehen gegeben, dass sie immer noch eine Heimat hatte. Immer eine Heimat gehabt hatte. Doch Ilèyn wusste, dass sie sich wohl nie dort zuhause fühlen könnte. Sie wusste auch, dass Thranduil wohl mit genau dieser Entscheidung bereits gerechnet hatte, doch hatte er es trotzdem für wichtig erachtet, ihr mitzuteilen, dass sie von nun an stets willkommen war.
Darüber, ob dies nun ein endgültiges Friedensangebot war, war sich Ilèyn noch unsicher.
Sie wollte nicht wirklich einen weiteren Gedanken daran verschwenden und dachte nach, in welche Himmelsrichtung es sie ziehen würde.
Eigentlich war sie sich dessen schon von Beginn an sicher gewesen.
Norden.
Es ging nach Norden.

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