「 Kapitel 10 」

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Gandalf und Elrond unterhielten sich angeregt an einem kleineren runden Tisch, zugestellt mit Speisen und Getränken. Auch Eichenschild saß bei ihnen und Elrond begutachtete in diesem Moment die in der Trollhöhle gefundenen Schwerter.
Ilèyn beobachtete die drei Herren, wie sie dort an dem Tisch saßen, während der Rest der Zwerge, einschließlich des Hobbits einen eigenen Tisch für sich hatten. Sie sah genau zu, wie Elrond Gandalf und Thorin über die Schwerter aufklärte, achtete auf Eichenschilds Reaktionen und Gandalfs ernste Gesichtsausdrücke.
Um sie herum probierten die zwölf Zwerge vorsichtig das elbische Essen, umgeben von Musikern und Mundschenken. Mit der Zeit begann sich einer nach dem anderen zu beschweren, wo das Fleisch wäre, warum es nur grünes Essen gäbe und ob die Gastgeber nicht endlich einmal ein anderes Lied spielen könnten. Die Zwerge begannen, mit Essen zu werfen, wobei sie alles trafen, nur nicht ihr eigentliches Ziel. Die vielen Stimmen um sie herum, das Getobe und Geschrei lösten Stress in der Zwergin aus und ihr Kopf begann zu schmerzen.
"Bofur, ein Lied!" rief der alte Zwerg mit Höhrrohr.
Der Zwerg mit großer Mütze erklomm daraufhin sofort den Tisch und begann lauthals ein Lied zu trällern. Munter stiegen seine Mitstreiter ein, bis das ganze Tal vor Zwergengesang widerhallte.
Ilèyns Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment platzen.

Ohne Vorwarnung stand sie stürmisch auf und verließ den Essensbereich. Keiner reagierte oder fragte, wohin sie gehen würde. Das begrüßte sie. Zwerge, die ihr jetzt noch dumme Fragen stellen würden, könnte sie gerade am wenigsten ertragen. Schnell hatte sie einen der unzähligen langen Gänge erreicht, an dessen Seiten, einer Allee gleich, steinerne Säulen standen, welche gewölbeartige Dächer trugen.
Sie durchmaß den gesamten Gang, bis sie an dessen Ende einen der vielen Pavillons erreichte, welche wie Aussichtspunkte in Bruchtal verteilt waren. Von jetzt auf gleich war es still. Still bis auf das Rauschen der entfernten Wasserfälle und der Vögel, welche in den Bäumen ihre Lieder sangen. Wahrhaftig idyllisch.
Ilèyn stützte sich mit beiden Ellbogen auf eines der tiefen Geländer, seufzte und barg ihren Kopf in den Händen. Sie begann ihre Schläfen zu massieren und der Stress begann wieder von ihr abzufallen, die Kopfschmerzen waren verschwunden.
Warum nur nahm sie dieser Auftrag so sehr mit? Diese ganze Reise, zu der sie völlig kopflos und unvorbereitet aufgebrochen war, was in keinster Weise ihre Art war. All das war zu einer zu großen Herausforderung geworden und das, obwohl sie erst vor sehr kurzer Zeit wirklich zu der Gruppe dazugestoßen war. Nicht körperlich fühlte sich die Zwergin dem nicht gewachsen, sie hatte nun schon deutlich schlimmeres erlebt. Doch ihre Gedanken, ihr Geist fühlten sich... befremdlich an. Etwas, was sie nicht benennen konnte, was sie nie zuvor derartig erlebt hatte, machte ihrer Seele in irgendeiner Art und Weise zu schaffen, was anstrengender war, als so mancher Kampf.
Das Wissen, dass Ilèyn ihre Gedanken nicht einfach abstechen konnte, wie ihre Feinde, überforderte sie. Dabei waren ihre Gedanken des öfteren ihr wohl schlimmster und erbarmungslosester Feind.
Ilèyn hob ihren Kopf und ließ ihren Blick durch das Tal schweifen. So friedlich. So hell. Als wären alle Probleme in der Welt da draußen und in ihrem Herzen nicht mehr existent. Die Zwergin schloss ihre Augen. Sie versuchte, die Wärme der letzten Sonnenstrahlen der bereits fast untergegangen Sonne aufzunehmen.
Heute Nacht würde sie aufbrechen und es versuchen, so weit wie möglich von Bruchtal wegzukommen. So weit wie möglich weg von Eichenschild, von diesem Zauberer, den Zwergen und diesem Hobbit. Lieber wieder kleine Aufträge.

"Hier seid Ihr." kam es da auf einmal hinter ihrem Rücken.
Sofort drehte Ilèyn sich um und sah unmittelbar in das fragende Gesicht eines blonden Zwerges.
Ohne ein weiteres Wort trat Fili näher und stellte sich zu Ilèyn an das Geländer. Diese lehnte nun mit dem Rücken gegen die Balustrade.
"Schickt Euch Euer Onkel, um mich zu überwachen, ja?" fragte sie mit eisiger Belustigung, ohne ihren Gesprächspartner anzusehen.
Fili lächelte leicht kopfschüttelnd in sich hinein.
"Ob Ihr es glaubt oder nicht, aber das hat er tatsächlich nicht." sagte er dann und sah weiterhin in das Tal hinunter "Ich begann nach Euch zu suchen, als ich bemerkte, dass Ihr verschwunden wart."
"Wo habt Ihr diese Nervensäge von Eurem Bruder gelassen?" fragte Ilèyn.
"Ich bin allein, macht Euch keine Sorgen."
Ilèyn antwortete nicht und so standen beide eine Weile an dem Geländer ohne ein Wort zu wechseln. Die Zwergin fühlte sich deutlich unwohl in dieser Situation und begann abwechselnd, ihr Gewicht von einem Bein auf das andere zu verlagern.
Fili richtete sich auf und stellte sich mit verschränkten Armen neben sie.
"Ihr habt doch etwas vor." sagte er skeptisch.
Ilèyn sah ernst zu dem Zwerg hinüber. Die mit weißem Fell besetzte Jacke verdeckte etwas seinen Waffengürtel, an dem er auch in diesem Tal noch seine Messer trug. Die beiden Klingen, welche er sonst auf seinem Rücken trug, hatte er vor dem Essen abgelegt.
In seinen blauen Augen war Sorge zu erkennen.
Ilèyns Blick verfinsterte sich. Sie brauchte keinen Aufpasser oder jemanden, der ständig nach ihr sah, als wäre sie ein kleines Kind.
Als Fili den Mund aufmachte, um etwas zu sagen, stieß sie sich von der Balustrade ab, an der sie noch immer gelehnt hatte.
"Spart Euch Eure Sorgen." sagte sie sofort "Ich kann gut genug auf mich selbst aufpassen und brauche niemanden, der sich andauernd um mich kümmert!"
"Sagt mir, was Ihr vorhabt." entgegnete der junge Zwerg und seine klaren Augen begegneten den ihren mit strengem Blick. Sie hob das Kinn und starrte eisern zurück.
"Das geht Euch überhaupt nichts an." sagte sie harsch und wollte den Gang wieder zurückgehen, um sich für den heimlichen Aufbruch vorzubereiten. Fili kam ihr zuvor und griff nach ihrem Arm, um sie davon abzuhalten dieser Situation zu entfliehen. Sie hatte ihm bereits den Rücken zugedreht, als er sie zurückhielt, fuhr sie aufgebracht herum.
"Lasst mich los!" entfuhr es ihr giftig und etwas lauter, als es geplant war. Fili ließ ihren Arm los und betrachtete sie kritisch, wich jedoch nicht zurück. Ilèyn hatte das Gefühl, Enttäuschung in seinen Gesichtszügen zu entdecken. Ein leichter Wind kam auf, mittlerweile war es dunkel geworden und der silberne Mond stand hoch am Himmel.
"Verzeiht." sagte die Zwergin etwas gefasster und leiser. Sie begab sich aus ihrer abwehrenden Haltung und trat wieder zurück an das Geländer.
"Ihr seid recht..." Fili runzelte die Stirn, als er sich wieder neben sie begab "Hitzköpfig, möchte man fast sagen." Er konnte sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen.
Auch Ilèyn ließ ein sehr kurzes und halbherziges Schmunzeln in Filis Richtung zu, bevor sie ihren Blick wieder zurück auf das in Mondlicht getauchte Tal bewegte.
"Ich denke, das liegt in der Natur eines Zwerges, findet Ihr nicht?" sagte sie.
Fili dachte einen Moment nach.
"Ich meine genügend Zwerge zu kennen, die hitzköpfig und starrsinnig genug sind, um es bei Euch dennoch auffällig zu finden."
Darauf wusste Ilèyn ausnahmsweise keine Antwort.
"Ihr versucht, etwas zu verbergen." fuhr Fili fort "Viele Dinge, glaube ich."
Ilèyn atmete tief die kühle Nachtluft ein und bedachte den Zwerg neben ihr keines Blickes. Und keiner Antwort.
"Aus welchem Grund habt Ihr Euch Thorin Eichenschilds Gemeinschaft angeschlossen?"
Die Wahrheit wäre ihr Todesurteil, das wusste Ilèyn. Ob durch die Hand seiner Neffen oder durch Eichenschilds Hand selber. Für diesen Abend musste sie sich noch herausreden.
"Wie ich es bereits sagte, ich handele. Meine Waren beziehe ich östlich der Nebelberge. Dorthin bin ich auf dem Weg und man reist bekanntermaßen sicherer in der Gruppe." Bei keinem Wort blickte sie zu dem Zwerg.
"Das glaube ich Euch nicht." sagte dieser auf einmal. Als Ilèyn empört ihren Kopf zu ihm drehte, sah er sie nur ungerührt an.
"Ich bin mir sicher, Ihr seid alles, nur keine Händlerin."
Ilèyn war bemüht, ihren Ärger über diese Aussagen hinunterzuschlucken. Dieser Zwerg hatte Recht. Verdammt, er hatte Recht. Sie musste sofort aufbrechen. Das alles hier, das war nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte, nicht so, wie sie es geplant hatte. Sie konnte lediglich hoffen, dass durch die doch recht kurze Bekanntschaft mit Thorin und den anderen Zwergen, niemand ausgeprägte Erinnerungen an sie haben würde. Jetzt musste sie es nur noch schaffen, sich möglichst bald aus diesem Gespräch zu befreien.
"Mein Leben tut hier nichts zur Sache, Meister Zwerg." sagte sie kühl und richtete sich auf "Ich weiß nichts über Euch, Ihr wisst nichts über mich, wir sind quitt." Sie entfernte sich von Fili, welcher ihr hinterhersah.
"Das hier ist zu groß für mich." sagte sie, abgewandt von ihm "Ich werde mich heute Nacht davonstehlen, ist es das, was Ihr wissen wollt?"
"Ihr habt keinen Grund, bei uns zu bleiben." entgegnete der Zwerg ruhig "Geht, ich habe nicht die Absicht, Euch daran zu hindern. Niemand hier hat das."
Ilèyn hatte nicht mit einer Reaktion dieser Art gerechnet. Sie hielt einen Moment inne, dann schritt sie rasch den Bogengang entlang, bis sie aus Filis Blick verschwunden war.
Dieser seufzte leise und stemmte die Arme in die Seite. Eine kurze Bekanntschaft, aber fürwahr eine seltsame, anders konnte er sich diese Zwergin, oder was auch immer sie behauptete zu sein, nicht erklären.

"Fili!" rief jemand, der sich gerade aus der gleichen Richtung näherte, in welche Ilèyn verschwunden war. Auch im fahlen Mondschein erkannte Fili seinen jüngeren Bruder Kili, welcher zu ihm geeilt kam.
"Was machst du denn hier, wieso verschwindest du einfach?" fragte der Jüngere haltlos "Du warst eine gefühlte Ewigkeit weg, Thorin und Balin sind mit dem Zauberer und dem Hobbit diesem Elben gefolgt. Was auch immer die mit der Karte vorhaben..."
"Ich... brauchte etwas Zeit." sagte Fili knapp.
"Diese Schützin, Ilèyn, sie ist mir gerade entgegengekommen, völlig in Eile." erzählte sein Bruder. Er musterte den Älteren kurz.
"Was habt ihr hier gemacht?" fragte er und ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht des Braunhaarigen.
"Ich habe sie gefragt, wer oder was sie wirklich ist." sagte Fili ernst und sah den Jüngeren strafend an. Er entfernte sich von dem Geländer und betrat den Bogengang "Und warum sie überhaupt hier ist, warum sie mit uns kam." Kilis Lächeln verschwand augenblicklich.
"Was hat sie dir gesagt? Hast du herausgefunden, warum sie mich nicht leiden kann?" Er lief seinem Bruder hinterher, bis dieser stehen blieb.
"Nichts habe ich herausgefunden, hörst du?" Fili wurde etwas ungehalten.
Kili zögerte kurz und blickte seinen Bruder fragend an.
"Was ist hier passiert?" fragte er unsicher.
"Sie sagte, sie wolle sich heute Nacht davonmachen. Ich versicherte ihr, niemand würde sie aufhalten, aber irgendwas... sagt mir, dass das ein Fehler war."
Die Brüder sahen sich unentschlossen an.
"Was tun wir jetzt?" fragte Kili.
Der Ältere schwieg einen Moment. Seine Gedanken drehten sich um das Gespräch von gerade eben, um all die Antworten, die er gesucht und nicht gefunden hatte.
"Am besten vergessen wir die ganze Sache." sagte er dann mit einem resignierenden Unterton "Ist vielleicht besser so. In unserer Gemeinschaft hatte sie nichts verloren und von der Unternehmung weiß sie auch nichts." Fili machte ein paar Schritte "Soll sie gehen."
"Bist du dir sicher?" Kili schien besorgt, er hatte sich nicht vom Fleck gerührt.
"Bin ich." antwortete Fili und sah über seine Schulter "Komm, Bruder. Thorin hat angekündigt, dass wir morgen besonders früh aufbrechen. Wir sollten noch etwas schlafen."
Still begaben sich die Brüder zurück zum Rest der Gemeinschaft.

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✓ | Vergissmeinnicht ~ Fili FanFiction / Hobbit FanFiction / Fili FFWhere stories live. Discover now