28

671 55 8
                                    

Daniel blieb mit dem Rücken zu mir stehen, weshalb ich ebenfalls stehen blieb. Nervös kaute ich auf meiner Lippe herum und wartete auf seine Standpauke. „Du weisst, dass du gegen meine oberste Regel verstossen hast?", fragte er mich, als er sich zu mir umdrehte. Sein Blick war streng, doch in seinen Augen war etwas Undefinierbares. Beschämt blickte ich zu Boden und nickte leicht. „Es tut mir leid.", murmelte ich bedrückt. Ich suchte schon gar keine Erklärung dafür, denn das würde sowieso alles nur verschlimmern.

Als er nichts mehr dazu sagte, fällte ich mir selbst ein Urteil. „Ich geh dann mal meine Sachen packen..", gab ich ihm Bescheid und wollte schon gehen. „Du musst nicht gehen.", hielt er mich auf, was mich überrascht aufblicken liess. „Nicht?", fragte ich ungläubig. Mir war es ein Rätsel, schlussendlich hatte ich diesen Typen fast umgebracht. „Nein.", bestätigte er, setzte sich, mit dem Rücken an einen Baum gelehnt, auf den Boden und forderte mich mit einer Geste auf, mich ihm gegenüber hinzusetzen.

Zögerlich setzte ich mich hin, darauf bedacht meine verletzte Hand nicht zu belasten. „Wieso nicht?", konnte ich mir beim bestem Willen nicht erklären, was seine Beweggründe waren. „Ich hab diesen Jungen schwer verletzt." Er sah mich an und lächelte müde. „Ja, aber so viel ich weiss, hat Phil zuerst angegriffen und du hast dich verteidigt." „Das schon, aber das war mehr als bloss Verteidigung.", gab ich zu.

„Das warst nicht wirklich du, richtig?", stellte er fragend fest. Überrascht blickte ich in seine Augen und schüttelte leicht den Kopf. „Nein. Woher weisst du das?", wunderte es mich nun wirklich. Er lachte kurz auf, schaute in die Umgebung und suchte nach den richtigen Worten.
„Weil ich genau weiss, was in dir los war.", gab er schlussendlich zu. „Wie?", schluckte ich leer und sah gespannt zu ihm. Wenn er wusste, wie es in mir ausgesehen hatte, konnte ich wirklich meine Sachen packen. Denn eine solche unkontrollierbare Bedrohung konnte er nicht gebrauchen.

„Haben dir deine Eltern die Geschichte von dem schwarzen Wolf erzählt?", stellte er mir eine Frage, ohne auf meine einzugehen. Verwundert sah ich ihn an, doch etwas an seinem Blick sagte mir, dass er sich keinen Spass erlaubte und so versuchte ich mich daran zu erinnern. Und tatsächlich erinnerte ich mich an den Anfang einer Geschichte, die meine Eltern mir erzählt hatten.

Eine Geschichte besagt, das es einen schwarzen Wolf gibt, von dem man sich erzählt, dass er den Teufel in sich trägt. Schon als kleines Kind konnte er sich verwandeln und tötete alles um sich herum, wenn er einen Wutanfall hatte. Es war jedes Mal ein richtiges Gemetzel. Dieser Wolf lebt heute noch unter uns und alle, die davon wissen, fürchten ihn und haben Angst, dass sie die nächsten Opfer werden.

„Ja, sie haben mir davon erzählt. Aber warum soll ich mich an diese Geschichte erinnern?", wurde ich nicht schlau aus ihm. „Naja, dieser schwarze Wolf.. das bin ich.", offenbarte er mir nach einem leichten Zögern. Mit grossen Augen sah ich ihn an und konnte es kaum glauben. „Du?", fiel es mir sofort aus dem Mund. „Deshalb haben einige Leute Angst vor dir und du hältst dich im Hintergrund.", fiel mir ein Blatt von den Augen. Jetzt ergab es für mich Sinn und dabei hatte ich angenommen, dass er bloss die Menschenmenge nicht mochte.

Innerlich schlug ich mir mit der Hand gegen die Stirn. „Ja und ich mag wirklich keine Menschenmengen.", schmunzelte der Alpha, was mich eine Hand auf meinen Mund pressen liess. Offenbar hatte ich laut gedacht. „Tut mir leid.", entschuldigte ich mich dafür. „Kein Problem.", winkte er die Sache ab und liess seinen Blick durch die Umgebung schweifen.

„Wieso willst du, dass ich weiss, dass du der schwarze Wolf bist?", fragte ich nach, als mich ein Gefühl nicht los liess. „Weil es mir genau so erging, wie dir gerade. In mir wuchs plötzlich eine Wut heran, die ich nicht kannte und zu kontrollieren wusste. Und in diesen Momenten geschahen schreckliche Dinge.", erzählte er mir. Still hörte ich ihm zu und traute mich nicht, ihn zu unterbrechen.

„Als Nathan mich als kleiner Junge alleine und verlassen fand, nahm er mich ohne zu zögern mit sich und zog mich gross. Er hatte nie irgendwelche Vorurteile mir gegenüber. Obwohl er wusste, wer ich war und was ich getan hatte. Er lehrte mich, wie ich diese Wut, ich nenne es Monster, in mir beherrschen und unterdrücken konnte."

Erwartungsvoll blickte er zu mir und sah mich eine Weile an. Ich traute mich nicht, etwas zu sagen, weil ich Angst hatte, was falsches zu sagen. „Bis jetzt hab ich niemanden getroffen, der das selbe Monster in sich trägt, wie ich. Auch du kannst lernen, damit umzugehen." „Aber wie?", flüsterte ich die Frage, da ich nicht wusste, wie standhaft meine Stimme war. „Nathan und ich werden dir helfen.", bot er mir an. In seiner Stimme hörte ich, dass dies kein Angebot war, sondern eine Aufforderung.

„Danke.", bedankte ich mich trotzdem, denn ich war wirklich froh, dass es einen Ausweg von dieser Wut gab. Nie mehr wollte ich dieses Gefühl in mir haben. „Darf ich dich was fragen?", fragte ich ihn und er nickte. „Stimmt das, was in der Geschichte erzählt wird?", nahm ich all meinen Mut zusammen. „Was denn genau?", hakte er nach, als ich nicht spezifisch nach etwas fragte.

„Das mit dem Gemetzel.. dass du alle um dich herum getötet hast." Er schloss die Augen und liess all seine Luft aus der Lunge, bevor er die Augen wieder öffnete. Er sah mich an und antwortete mir direkt und ehrlich. „Ja, das stimmt." „Was war geschehen?", hakte ich nach. Überraschender Weise sah ich plötzlich Trauer und Reue in seinen Augen. „Entschuldigung, ich wollte nicht zu nahe treten.", entschuldigte ich mich sofort. „Schon gut. Ich bin nur schon lange nicht mehr damit konfrontiert worden.", lächelte er schwach und starrte in den Himmel. Oder besser gesagt hoch in die Bäume, da der Himmel von den dicht beieinander gewachsenen Bäumen meistens verdeckt wurde.

Als ich schon dachte, dass er nichts mehr sagen würde, begann er zu erzählen. „Wie du von der Geschichte entnehmen kannst, kann ich mich schon seit klein auf verwandeln. Dies jagte allen Angst ein, da sie dies nicht kannten. Eine Gruppe von Gestaltwandler, die Hybride jagen, mit ihnen Experimente durchführen und töten, hat davon Wind bekommen und meine Eltern während dem sie schliefen umgebracht. Danach begannen einige Jahre der Experimente, die mich jeden Tag vor Schmerzen explodieren liessen, bis ich meine Fluchtchance sah und vor Wut alles um mich herum tötete. Ich wollte das nicht, aber durch meinen Instinkt wurde dieses Monster in mir wach. Danach fand Nathan mich und zog mich gross."

„Ach du scheisse.. das tut mir schrecklich Leid.", fiel es mir aus dem Mund. Daniel sagte nichts, sondern lächelte nur kurz, bevor er sich erhob und mich wieder mit normalem Blick anschaute. „Ab morgen werden wir dich trainieren. Und du solltest deine Hand Caroline zeigen.", zeigte er auf meine Verletzung, bevor er sich verwandelte, sobald ich genickt hatte.
Gedankenversunken sah ich ihm nach, wie er zwischen den Bäumen verschwand. Erst nach einigen Minuten wurde mir wieder bewusst, was vorher noch geschehen war. Und dann rannte ich so schnell, wie ich es noch nie tat.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon