▸ Heimliche Blicke

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▸ Sam POV ◂

Geschockt starrte ich Amelia an. "Was zum Teufel...!"
"Das nun auch wieder nicht", entgegnete sie mit einem selbstgefälligen Grinsen.
Ich kniff die Augen zusammen. Falls es einen Teufel gab, war er definitiv weiblich.
Ich war es gewohnt, dass mir einige meiner männlichen Kollegen das Leben zur Hölle machten.
Doch von einer Frau hätte ich es nicht erwartet. Schon gar nicht von einer so verdammt gut aussehenden.
"Was macht sie hier?", fragte ich Elly aufgebracht. Ich hatte sie heute schon den ganzen Tag im Kapitol ertragen müssen. An meinem Feierabend hielt ich das einfach nicht mehr aus!
"Ich.. ähm dachte...", Elly räusperte sich nervös, "Ryan hat mir erzählt, ihr beide kennt euch ganz gut?"
Die Arme wirkte vollkommen verwirrt. Und ich konnte es ihr auch nicht verübeln. Vor einer Woche hatte ich schließlich noch in ganz anderen Tönen von Amelia gesprochen.
"Schon gut", brummte ich.
"Ich freue mich auch, dich zu sehen", erwiderte Amelia sarkastisch.
Ich warf ihr einen vernichtenden Blick zu und wandte mich dann wieder an Elly, während ich Amelia konsequent ignorierte. Die letzte Woche war ziemlich beschissen für mich gewesen. Auch wegen Mr. Brown, der von Tag zu Tag unausstehlicher wurde. Am schlimmsten war jedoch nicht nur, dass dieser sich immer offensichtlicher an Amelia ranmachte, sondern, dass ich sie jeden Tag sehen musste. Es war einfach unglaublich demütigend, ihr nach unserem gefakten Date in die Augen zu sehen.
Vielleicht übertrieb ich ein wenig, aber es war nicht gelogen, wenn ich sagte, dass mich diese arrogante Britin verdammt nochmal verletzt hatte. Und ich war auch noch so ein Trottel gewesen, ihr zu glauben! Dabei kannte ich sie doch kaum und wusste so gut wie nichts über sie.
Das war auch Katies Argument gewesen, als ich mich bei ihr ausgeheult hatte. Außerdem hatte sie mich mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass ich noch vor kurzem ausschließlich genervt von der Falschparkerin gewesen war. Darauf hatte ich dann auch nichts mehr zu erwidern gewusst. Ich hatte ja selbst keine Ahnung, was mit mir los war!
Vielleicht sollte ich mir wirklich nicht den Kopf über sie zerbrechen. Schließlich tat sie das bei mir sicher auch nicht.
Als Elly mir etwas von ihrer letzten Reise nach Europa erzählte, hörte ich ihr nur mit halben Ohr zu. Ich konnte mich kaum konzentrieren, weil mein Blick ständig zu Amelia glitt, die sich anscheinend dazu entschlossen hatte, so konsequent neben mir stehen zu bleiben, wie ich sie ignorierte. Mir entging allerdings nicht, dass sie jedes Mal, wenn ich in ihre Richtung sah, ihren Blick schnell von mir abwandte, als hätte ich sie dabei erwischt, wie sie mich anstarrte.
Ich schluckte benommen. Denn plötzlich kam mir der Gedanke, dass die Geschichte von ihrem Vater einfach nicht gelogen sein konnte. Und dass es ihr schwer fiel darüber zu sprechen, war mehr als offensichtlich gewesen. Aber warum sollte sie etwas so Intimes von sich preis geben, wenn das alles nur ein Zeitvertreib für sie gewesen war?
Ich stutzte. Irgendetwas war doch faul an ihrer Geschichte.
Und so langsam beschlich mich das Gefühl, dass sie mich davon abhalten wollte, weiter nachzuforschen.
Ich schmunzelte in mich hinein. Einer guten Herausforderung konnte ich einfach nicht widerstehen. Außerdem hatte ich ja eigentlich seit Anfang an herausbekommen wollen, was Amelia im Schilde führte. Denn entweder war sie eine unglaublich gute Schauspielerin und ich die mieseste Polizistin ganz Amerikas... oder es gab etwas, das sie dringend verheimlichen wollte.
Nachdenklich runzelte ich die Stirn, als Ellys Stimme mich plötzlich aus meinen Gedanken holte.
"Sam? Alles okay?" Sie lachte. "Du hast mir nicht zugehört, oder?"
Ich lächelte ein wenig peinlich berührt. "Äh, nein. Entschuldige"
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Amelia mich beobachtete.
"Ich war gerade noch in Gedanken bei der Arbeit", erklärte ich schnell und stellte dabei fest, dass meine Worte nicht einmal so ganz gelogen waren.
Etwas später am Abend als ich mich gerade in die Küche zurückziehen wollte, da mir der ganze Trubel nach meinem anstrengenden Arbeitstag einfach zu viel war, stellte ich überrascht fest, dass ich wohl nicht die Einzige mit dieser Idee gewesen war. Amelia lehnte am Küchentresen und nippte nachdenklich an ihrem Champagner, während sie aus dem Fenster starrte. Sie zuckte bei meinem Eintritt kaum merklich zusammen und räusperte sich etwas verlegen, bevor ihr Gesicht wieder den unentwegt gefassten Ausdruck annahm, mit dem sie jegliche Gefühlsregungen versteckte.
Ich holte einmal tief Luft.
Dann stellte ich mich mit verschränkten Armen vor sie und konfrontierte Amelia mit meiner Vermutung.
"Du hast mich angelogen"
Verwirrt zog sie die Augenbrauen zusammen. "Ist das etwas Neues?", fragte sie mit einem gelangweilten Unterton.
Ich verdrehte nur die Augen.
"Nicht bei unserem Date", erklärte ich. "Sondern als du mir gesagt hast, du hättest nichts davon ernst gemeint"
Für einen kurzen Moment bröckelte ihre Fassade, dann riss sie sich jedoch wieder zusammen und öffnete den Mund, um eine sarkastischen Antwort zu geben. Doch dieser kurze Moment der Unsicherheit hatte bereits als Beweis für mich gereicht.

The Devil is FemaleWhere stories live. Discover now