「 Kapitel 16 」

Beginne am Anfang
                                    

"Warum schlaft Ihr schon wieder nicht?"
Ilèyn wirbelte herum, hatte Pfeil und Bogen sofort zur Hand und war schussbereit. Fili hob mit hochgezogenen Augenbrauen und einem kleinen Schmunzeln die Hände.
"Ihr seid schnell." gab er zu und näherte sich. Ilèyn atmete auf und steckte den Pfeil zurück in den vollen Köcher.
"Verzeiht." sagte sie.
Der Zwerg trat neben sie und folgte ihrem Blick in den sternenbesetzten Himmel. Das Licht des Mondes war so hell, man könnte meinen, es blendete die Augen.
"Fast wie ein Déjà Vu..." sagte Fili leise "Nur sehen wir dieses Mal nicht in ein Tal, sondern in den Himmel."
"Und ich habe tatsächlich nicht vor, diese Nacht zu türmen." entgegnete Ilèyn trocken. Fili drehte den Kopf zu ihr.
"Wieso seid Ihr zurückgekommen?" fragte er direkt.
Die Zwergin senkte den Blick und seufzte. Dann ging sie ein paar kleine Schritte.
"Gandalf..." hob sie an und hob den Kopf, sodass sie dem Blonden in die Augen sah "Er hat mich... am Eingang in das geheime Tal abgefangen. Ich hatte es noch nicht verlassen." Sie machte eine kurze Pause, als müsse sie ihre Gedanken sortieren.
"Dann hat er mich überredet, wieder mit ihm zu kommen, weil er fest davon ausging, dass Ihr in Schwierigkeiten stecktet."
So, wie Ilèyn das sagte, klang es, als wäre ihr der Umstand, dass sie nicht einfach gegangen war, äußerst unangenehm.
"Ihr habt Euch gesorgt?" hakte der Zwerg nach.
"Ich habe mich nicht gesorgt!" protestierte Ilèyn "Nein, ich... wusste nur sowieso nicht, wohin ich als nächstes gehen sollte."
"In der Elbenstadt klang das noch ganz anders." sagte Fili und sah Ilèyn prüfend an. Deren Blick verfinsterte sich.
"Ich hatte meine Gründe." entgegnete sie trocken. Fili kicherte leise als Antwort.
Ilèyn sah wieder nach oben, dem Mond entgegen. Sie fuhr sich seufzend mit einer Hand durch die Haare. Dabei verschwanden die blonden langen Strähnen um ihre Ohren nach hinten und zum Vorschein kam eine spitz nach oben zulaufende Ohrmuschel.
Filis Blick ruhte nun lange auf Ilèyns Profil.
"Was seid Ihr?" fragte er irgendwann leise und runzelte die Stirn.
Ilèyn lachte erschöpft ironisch auf.
"Glaubt mir." sagte sie "Das wollt Ihr nicht wissen."
Noch nie hatte sie sich so sehr verabscheut, wie in diesem Moment.
Sie atmete tief ein. Gerade eben war sie noch kurz davor gewesen, diesen einen Auftrag noch abzuschließen. So kurz davor.
Resignierend stemmte Fili die Arme in die Hüften.
"Was auch immer Euch beschäftigt, ich bin mir sicher, dafür gibt es eine Lösung." sagte er nach einer längeren Denkpause. Sie schüttelte nur den Kopf.
"Das denke ich nicht. Es ist nicht so leicht, wie Ihr Euch das vorstellt." Ilèyn zog ihren Umhang fester.
"Wieso sorgt Ihr Euch so sehr um mich?" Diese Frage zu stellen fiel der Zwergin alles andere als leicht. Doch irgendetwas war da, was sie nicht verstand. Irgendetwas strahlte dieser junge Krieger aus, was sie an ihn band. Dieses Gefühl der Abhängigkeit voneinander, auch wenn sie sich nicht kannten.
Ilèyn fühlte sich so machtlos dadurch, sie verstand es nicht. Noch nie hatte sie sich so ohnmächtig in Anwesenheit von jemandem gefühlt.
So schwach.
Doch Schwäche hatte keinen Platz in ihrem Leben, niemals.
Am liebsten wollte sie so viele Meilen wie nur irgend möglich zwischen sich und ihn bringen.
Doch sie konnte nicht.
"Ich sorge mich um Euch, weil Ihr eine von uns seid." antwortete der Zwerg auf ihre Frage und sah sie eindringlich an "Ihr seid eine Zwergin, genau wie Ihr es immer gesagt habt. Es ist die Pflicht unseres Volkes, gegenseitig aufeinander Acht zu geben."
Ilèyn nickte langsam. Die beiden standen eine Weile nebeneinander. Das Mondlicht spiegelte sich in der Brosche, welche Ilèyns Umhang zusammenhielt. Als etwas Wind aufkam, griff die Zwergin nach ihrer Kapuze, um mithilfe dieser wieder ihren Kopf und ihre Ohren zu verhüllen.
Sie schloss die Augen und zog an ihrer Kapuze.
"Lasst Eure Kapuze ab." sagte Fili in diesem Moment "Bitte."
Die Zwergin öffnete die Augen und sah skeptisch zu dem Blonden neben sich.
"Meine Ohren..." sagte sie nur verständnislos.
"Ihr tragt diese Kapuze eindeutig zu oft." lächelte Fili und streckte vorsichtig die Hand aus, um Ilèyn das Stück Stoff aus den Händen zu nehmen.
"Wie Ihr meint." sagte sie mit kritischem Unterton. Sie wehrte sich gegen die aufflammende Machtlosigkeit ihm gegenüber. Woher auch immer sie kommen mochte, sie wollte das nicht. Es fühlte sich anders an. Und das war ihr suspekt. Schnell trat sie einige Schritte von ihm weg.
Fili spürte, dass Ilèyn sich immer unwohler fühlte. Woran das lag, vermochte er nicht zu sagen, jedoch machte es ihn... traurig, in einer bestimmten Art und Weise. Wieder hatte er keine Antworten auf seine Fragen finden können.
"Legt Euch schlafen, Ilèyn." sagte er ruhig "Wir werden morgen deutlich länger unterwegs sein. Ihr braucht den Schlaf."
Die Zwergin nickte und wandte sich ohne ein weiteres Wort von ihm ab, um zurück zum Lager zu gehen. Fili sah ihr einen Moment hinterher, bis er seinen Blick erneut zu den Sternen wandte. Eine große Wolke war vor den Mond gezogen und brachte die wahre Finsternis der Nacht zum Vorschein. Der Zwerg folgte Ilèyn zurück zu den anderen.

Als er die Feuerstelle erreichte, saß sein Bruder gerade neben den Flammen und stocherte mit einem Zweig darin herum. Keiner der Brüder sagte ein Wort, als der Ältere sich zu dem Jüngeren setzte.
Filis Blick fiel auf Ilèyn, welche sich in einer Lücke zwischen Bofur und Bombur niedergelassen hatte und bereits eingeschlafen war.
Kili folgte seinem Blick, keiner sagte etwas. Das leise Knistern des Lagerfeuers vertrieb die Stille zwischen ihnen.
Kurze Zeit später wollte Kili sich erheben, um Dwalin für die nächste Wache zu wecken, doch Fili bedeutete ihm, dass er die Wache übernehmen würde. Einschlafen würde er heute wohl nicht mehr können. Der Jüngere klopfte ihm auf die Schulter, als er aufstand und sich bei Oin und Gloin zum Schlafen niederließ.
Fili starrte in die Flammen, bis seine Augen schmerzten.
Er legte einen großen Holzscheit nach.
Dann begab er sich auf den ersten Wachrundgang.

1812

✓ | Vergissmeinnicht ~ Fili FanFiction / Hobbit FanFiction / Fili FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt