Kapitel 24

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Lyric war es, der die bedrückende Stille als Erster durchbrach. „Alter Freund, lass uns reden."

Belial nickte und folgte seinem Freund in den Vorraum, der an den Balkon anschloss. Mit einer Wischbewegung entfachte Lyric den Kamin und setzte sich auf sein Lieblingssofa. Es war lang und schmal geschnitten. Die Beine waren aus Holz geschnitzte Maiglöckchen, ebenso die Holzverzierungen an der Seite. Es war mit einem weichen Stoff überzogen, welcher einen leichten Beigeton hatte, über den sich ein Muster aus Maiglöckchen erstreckte.

Sein Teppich dagegen hatte einen satten Grünton, der an eine saftige Wiese erinnerte. Belial setzte sich auf den Sessel, welcher eine Miniaturausgabe des Sofas war, der schräg neben ihm stand.

„Zeit zu reden. Wir haben einiges aufzuholen."

Wieder nickte Belial nur, schwieg weiter.

Lyric seufzte. Wenn alle Beziehungen so schwierig waren, konnte er gut darauf verzichten. Er stand auf und holte aus seiner Bar zwei Whiskey-Gläser. Dann nahm er eine Flasche Talisker Dark Storm, einer seiner Lieblingswhiskeys, und schenkte beiden ein.

„Auf dich mein Freund, darauf, dass du endlich dein Herz gefunden hast", sprach der silberhaarige Dämon einen Tost aus. Wieder nur ein Nicken.

Belial nahm das Glas und trank einen Schluck. Der rauchige Geschmack brannte auf seiner Zunge.

„Dich hat's wohl volle Granate erwischt. Komm, erzähl. Was hast du in den letzten Jahrzehnten getrieben? Seit wann bis du in der Menschenwelt? Wie hast du dein Schmuckstück getroffen?", fragte ihn sein Freund neugierig.

Belial seufzte. „Weißt du Ly, es ist viel geschehen, seit du die Hölle verlassen hast. Ich habe vor knapp neunzig Jahren verstärkt angefangen mein Herz zu suchen. Tag ein Tag aus reiste ich durch die Hölle und suchte es, konnte es aber nirgends finden. Also entschloss ich mich auf der Erde zu suchen. Ich kam vor zehn Jahren hierher. Bereiste alle Kontinente, bis ich schließlich vor drei Wochen in Los Angeles landete. Dort wurde ich in einen Hinterhalt gelockt. Drei Söldner lauerten mir auf und griffen mich an."

„Söldner? Warum sollten sie ausgerechnet dich angreifen?", fragte ihn sein Freund.

„Sie wollten meine Seele. Ich verstehe weder, wie sie mich gefunden hatten, noch wer sie beauftragt hatte. Immerhin kommt das einer direkten Kriegserklärung an Astaroth gleich." Er machte eine kurze Pause. „Der Anführer der Gruppe war Rukia."

„Der Feuerteufel? Hab' Gerüchte über ihn gehört. Er hat sich in den letzten zweihundert Jahren einen Namen gemacht. Aber sie haben dich nicht erwischt, wie es aussieht." Trotzdem beunruhigte es Lyric, dass ein Söldner von Rukias Kaliber auf seinen Freund angesetzt worden war.

„Nach unserem ersten Aufeinandertreffen schleppte ich mich verletzt in eine Nebengasse und wartete dort auf den Tod. Dann kam Aleks und rettete mich. Er brachte mich zu sich nach Hause, wo ich meine Verletzungen auskurieren konnte", fuhr Belial fort. „Ohne ihn hätte ich in dieser Nacht mein Ende gefunden."

„Beim ersten Aufeinandertreffen?", fragte der Dämon.

„Vor zwei Tagen trafen wir erneut aufeinander und es kam zu Kampf. Aleks schien unterbewusst gespürt zu haben, dass ich in Gefahr war, und kam mir zur Hilfe."

Lyric hatte schon gehört, dass Gefährten feinfühlig bezüglich ihrer zweiten Hälfte waren, aber dass die Verbindung zwischen beiden nach wenigen Tagen so stark war, war mehr als erstaunlich.

„Dabei wurde er verletzt und ich brachte ihn hierher."

Lyric hatte das Gefühl, dass Belial nicht alles erzählte, ging aber aus Respekt nicht näher darauf ein. „Ein Gutes hatte es, du hast dein Herz gefunden. Wie war es?", wollte er neugierig wissen.

Nachdenklich antwortete Belial: „Sie sagen doch immer, du weißt es einfach. Leider war das bei uns nicht der Fall."

Verwirrt zog Lyric eine Augenbraue nach oben und nahm einen weiteren kleinen Schluck aus seinem Glas.

„Ich denke, dass das Siegel dafür verantwortlich war. Es hat ihn in irgendeiner Form abgeschirmt. Ich erkannte ihn nicht als meinen Gefährten und er mich auch nicht. Über die Wochen, in denen er sich um mich kümmerte, entwickelten wir Gefühle füreinander."

Nachdenklich schwenkte Lyric sein Glas leicht im Kreis. „Aber das bedeutet, dass das zwischen euch mehr als nur vom Schicksal auferlegter Hokuspokus ist. Ihr habt euch füreinander entschieden, ohne von irgendeiner höheren Macht dazu gezwungen worden zu sein."

Sein Freund lachte leise. Ein für Lyric neues Geräusch, dass er von Belial nicht kannte.

„Ja, da hast du Recht. Er hat mich gerettet. Zum ersten Mal seit meiner Reife habe ich das Gefühl zu leben. Die Welt zum ersten Mal richtig zu sehen. Alles ist so lebendig und farbenfroh."

Der Runendämon freute sich aufrichtig für seinen Freund, konnte jedoch das Gefühl von Neid nicht unterdrücken. Wieder dieser Blick... „Und wie geht's jetzt weiter? Werdet ihr das Siegel brechen?", fragte er Belial.

Nachdenklich schaute Belial in seinen Drink. „Das weiß ich nicht. Ich muss mit Aleks reden, was er möchte. Ich denke zunächst sollten wir mehr über das Siegel herausfinden. Vielleicht finden wir dann auch die Person, die es geschaffen hat und den Grund dafür."

Da kam Lyric eine Idee. „Belial – was, wenn ihr das Siegel nicht brecht, sondern einfach nur lockert?"

Belial schaute überrascht auf.

„Das ist doch eine vernünftige Idee. So könnt ihr mehr über Aleks Kräfte und Veranlagung herausfinden und auch was für eine Art Dämon er ist, ohne dass er in allzu große Gefahr gerät."

Nachdenklich nickte er. „Du könntest Recht haben, aber das kann ich nicht entscheiden. Das muss Aleks tun, immerhin geht es um seinen Körper und sein Leben."

Plötzlich stieg Belial der Geruch von Rosen in die Nase und verwirrt drehte es sich in die Richtung, aus der Geruch gekommen war. War Aleks etwa in der Nähe? So schnell wie der Geruch kam, war er auch schon wieder verschwunden.

Lyric sah, wie sich sein Freund in Richtung Tür umdrehte, also folgte er dessen Bewegung. Was hat er gesehen? „Alles in Ordnung?", fragte er seinen Freund.

Diese drehte sich wieder zu ihm. „Ja. Es ist nichts."

Lyric ließ dies einfach so stehen.

Mit einem Zug trank Belial sein Glas aus und erhob sich. „Ich denke es wird Zeit, dass ich mit ihm rede. Ich danke dir für deine Hilfe und Gastfreundschaft Ly", sagte Belial und wandte sich zum Gehen.

Lyric packte seinen Freund am Arm. „Belial, du weißt, dass ich dir immer den Rücken freihalte. Ich werde immer auf deiner Seite stehen. Du kannst dich auf mich verlassen."

Belial lächelte und zog Lyric in seine Arme.„Ich danke dir Ly. Ich bin froh dich auf meiner Seite zu wissen."

Lyric erwiderte seine Umarmung und entspannte sich. Dann löste Belial sich von ihm und kehrte zu seinem Gefährten zurück und ließ Lyric allein zurück. Dieser ging zu seinem Platz und schenkte sich ein weiteres Glas ein.

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Nach einem tiefgreifenden Gespräch geht Belial nun zurück in ihr Zimmer. Wird Aleks dort auf ihn warten? Wie wird er reagieren? Was werden sie nun tun?

Ideen, ab in die Kommentare. ;D

Liebe Grüße,

eure Mausegöttin

Belial - eine schicksalhafte Nacht (BAND 1) ✅Where stories live. Discover now