04. Kapitel

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Sonnenuntergänge auf dem Mars erscheinen in einem Blauton

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Sonnenuntergänge auf dem Mars erscheinen in einem Blauton.

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Erinnerungsfetzen des gestrigen Abends verfolgten mich noch immer, obwohl ich die Stunden am liebsten aus meinem Kopf verbannt hatte. Was würde ich nicht alles dafür geben, dass man Erinnerungen wie Bilder in einer Galerie auf einem Smartphone löschen konnte. Ein Spiralbohrer drehte sich in meinen Kopf ein, die Nachwirkungen des Alkohols von gestern. Ich hatte enorme Kopfschmerzen.

Als ich heute Morgen aufgewacht war und in den Spiegel geblickt hatte, wäre ich am liebsten im Erdboden versunken. Nachdem wir gestern Nacht gegen zwei Uhr aus dem Club wieder von Elias nach Hause, beziehungsweise in meinem Fall ins Wohnheim, gefahren wurden, lag ich meiner Müdigkeit zu Trotz im Bett und hatte an die Decke gestarrt. Diese Müdigkeit hatte sich seit gestern nicht mehr verflüchtigt, sondern hatte dunkle Schatten unter meine Augen gemalt. Mein Gesicht war ganz blass gewesen und der silbrig schimmernde Lidschatten war verwischt.

Noah musste mich mittlerweile für eine totale Idiotin halten, nachdem ich mit diesem Kerl, der wie er aussah, getanzt hatte.

Mein verräterischer Körper wollte natürlich wissen, was er davon hielt und bekam eine Antwort, die mir noch immer die Kehle zuschnürte. Es interessierte ihn nicht. Gut, dass hätte ich mir auch denken können.

Im letzten Jahr war die gestrige Szene mehr oder weniger der erste Hinweis für meine Gefühle gewesen. So verhielt ich mich nie. Und weniger offensichtlich hätte ich es doch gar nicht machen können, immerhin hatte ich demonstrativ mit jemanden getanzt, der wie er aussah. Und es hatte ihn nicht einmal ansatzweise gekümmert.

Niemand, der mehr als freundschaftliche Gefühle für dich hegte, wäre dabei so reglos geblieben. Ich wollte zwar nicht, dass er irgendeine Show abzog und eine Riesen-Szene veranstaltete, aber zu irgendeiner Emotion wollte ich ihn trotzdem bringen.

Irgendetwas.

Irgendein Zeichen dafür, dass ich ihn doch nicht so kalt ließ, wie es immer den Anschein machte. Doch es kam nichts. Diese Demütigung wetzte das Messer der Scham und rammte es mir gnadenlos ins Herz.

Nicht einmal eine eiskalte Dusche konnte mich aus meiner Trance befreien, in der ich mich seit dem bitteren Niederschlag der Erkenntnis befand. Ich verabredete mich wie auf Autopiloten mit Melody, Avery und Olivia in einem Café, zog mich an und unternahm sogar vergeblich den Versuch, die Schatten unter meinen geröteten Augen zu vertreiben.

Bevor ich mich auf den Weg zum Café gemacht hatte, hatte ich mir sogar einen Kaffee aus der Mensa des Colleges geholt. Schwarz. Heiß. Ich hasste alles an ihm und doch spülte ich das ekelhafte Gesöff in wenigen Zügen hinunter. Ich kannte, abgesehen von meinem Dad, nur eine Person, die so ihren Kaffee trank und das war Avery.

Bisher hatte ich nie verstanden, wie man etwas so Bitteres so gut fand, doch an diesem Morgen erschien es mir ausgesprochen passend, da weiter zu machen, wo ich gestern Nacht aufgehört hatte. Ich trank den bitteren Kaffee wie all die bitteren Enttäuschungen, die Noah mir mit jedem unerwiderten Herzschlag einflößte.

WINTER EYESWhere stories live. Discover now