12. Kapitel

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Die Erde der einzige der acht Planeten im Sonnensystem, der nicht nach einer Gottheit benannt wurde

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Die Erde der einzige der acht Planeten im Sonnensystem, der nicht nach einer Gottheit benannt wurde.

💫

Irgendwie bin ich in einem Auto gelandet. In einem Auto; es brachte mich weg vom Club, aber nicht weg von den Ereignissen. Wir konnten vom Ort verschwinden, doch den Geschehnissen konnten wir nicht entgehen. Gray saß am Steuer, Avery auf dem Beifahrersitz und Yazminé saß neben mir. Elias, Melody, Olivia und Adrien waren entweder noch im Amnesia oder ebenfalls auf dem Weg nach Hause, wir mussten mit zwei Autos fahren, wir passten nicht alle in ein Fahrzeug. Dass der Abend so abrupt hatte enden müssen, war wegen mir. Weil der Abend wegen meinem Kontrollverlust so schlagartig geendet war.

Wäre ich nicht gerade so am Trübsal blasen, würde ich mir auf die Schulter klopfen, weil ich das Schwanzgesicht so schön zusammengeschlagen hatte.

An mir zogen die Häuser vorbei, die Straßen Bakewells, die wie ausgestorben waren. So viel zu sehen. Wahrnehmen tat ich nichts davon. Keiner sprach ein Wort. Um dem entgegenzusetzen, waren die Stimmen in meinem Kopf umso lauter. Sie schrien mich an, brüllten und zeterten. Ein lauter Sturm. Ein Kontrollverlust. Und dann war da immer wieder Ellies entsetzter Gesichtsausdruck, als meine Fäuste wie Platzregen auf den Typen eingetrommelt hatten. Und diese Tränen, die sich den Weg über ihre rosigen Wangen bahnten. Tränen, deren Verursacher ich war. Ich kannte Ellie mittlerweile schon länger, ich wusste, dass sie oft auch aus reiner Hilflosigkeit weinte, weil sie nicht wusste, wohin mit sich. Oder aus Wut.

Aber dennoch – der Verursacher war ich. Die Situation.

Ich fühlte mich hundsmiserabel. Aber dieser Kerl ... Gott, dieser widerliche Wichser, wie er Ellie angefasst hatte, seine Übelkeit erregenden Worte. Ich wollte gar nicht wissen, wie viele Frauen er vor Ellie so angemacht hatte. Und dann, in meinem Kopf, war da noch sie, immer wieder sie, immer wieder der bestürzte Gesichtsausdruck, als hätte sie etwas erkannt, etwas gesehen, dessen Anblick ihr zusetzte.

Die Wut.

»Dann muss sie nicht so billig aussehen, wenn sie nicht angefasst werden will!«, kehrte die Erinnerung wieder zu mir zurück.

Ich wollte sie in den Arm nehmen. Wollte sie festhalten, ihren Duft aufnehmen und mein Gesicht in ihrem weichen Haar vergraben, wollte mit den pinken Spitzen spielen und sie einfach nur festhalten. Ich wollte ihr sagen, dass sie nicht billig, sondern verdammt kostbar war. Meinen Kopf hatte ich an die Fensterscheibe gelehnt, während die Welt an mir vorbeizog, sich die Erde weiterdrehte.

Wie war das möglich?

Wie konnte die Welt sich noch immer drehen, wenn Ellie mich so angesehen hatte? So enttäuscht. Als hätte ich sie endgültig verloren, hätte unsere Freundschaft verspielt. Und alles andere. Ich wollte einfach nur bei ihr sein, so sehr, dass alles in mir sich schmerzhaft verkrampfte, sich nach ihr sehnte. Die Welt drehte sich einfach weiter, die Dunkelheit ließ die Sterne leuchten. Ob sie sich manchmal genauso fehl am Platz fühlten, wie ich es tat – die Sterne? Man erkannte sie nur, wenn es dunkel war, nur wenn sich alles um sie herum in mitternachtsschwarze Finsternis gehüllt hatte, nur interessierten sich andere für sie. Denn wer unternahm auch den Versuch, nach ihnen zu suchen, wenn Tag war?

WINTER EYESWhere stories live. Discover now